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Pandemie: Ethikrat-Mitglied fordert Impfpflicht für alle, die Verantwortung für andere tragen

Pandemie

Ethikrat-Mitglied fordert Impfpflicht für alle, die Verantwortung für andere tragen

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    Wäre eine Corona-Impfpflicht denkbar? Wolfram Henn vom Ethikrat spricht sich dafür aus.
    Wäre eine Corona-Impfpflicht denkbar? Wolfram Henn vom Ethikrat spricht sich dafür aus. Foto: Friso Gentsch, dpa

    Die Debatte über eine Impfpflicht in Deutschland wird mit immer größerem Nachdruck geführt. Wolfram Henn, Humangenetiker und Mitglied des Ethikrates, fordert die Einführung einer verpflichtenden Impfung gegen das Coronavirus für Berufsgruppen, die eine besondere berufliche Verantwortung tragen. Dazu zählt Henn nicht nur Lehrkräfte und Pflegepersonal, sondern auch Beschäftigte im Bereich Personenbeförderung. „Eine Krebspatientin sollte sich darauf verlassen können, dass der Taxifahrer, der sie zur Chemotherapie bringt, sie nicht unnötig gefährdet“, sagt Henn in einem Gastbeitrag für unsere Redaktion. „Gemäß dem Personenbeförderungsgesetz darf er ja auch nur zugelassen werden, wenn die Sicherheit des Betriebes gewährleistet ist.“ Juristische Hürden sieht der Ethiker nicht. „Ohnehin ließe sich eine berufsbezogene Impfpflicht zum großen Teil über die sinnvolle Anwendung bereits bestehender Vorgaben des Arbeits- und auch des Beamtenrechts realisieren“, sagt er.

    Wolfram Henn ist Mitglied des Ethikrates.
    Wolfram Henn ist Mitglied des Ethikrates. Foto: Deutscher Ethikrat/R. Zensen

    Eltern sollen Lehrerinnen und Lehrer nach ihrer Impfung fragen

    Eltern rät Henn zudem, nach den Sommerferien gezielt auf Lehrerinnen und Lehrer zuzugehen. „Alle Eltern dürfen und sollten die Lehrerinnen und Erzieher ihrer Kinder fragen, ob sie geimpft sind“, sagt Henn. „Die allermeisten werden antworten ,Ja, selbstverständlich‘, mit dem Erfolg eines beiderseits gestärkten Vertrauens. Jede andere Antwort, auch ein Verweis auf den Datenschutz, dürfte nach der Lebenserfahrung einem ,Nein‘ gleichkommen.“ Und damit der zumindest moralischen Pflicht, sich rechtfertigen zu müssen. Henn betont: „Alle haben ihr Teil dazu beizutragen, dass ein Kind nach der Schule guten Mutes die kranke Uroma besuchen kann.“ In einem besonders sensiblen Bereich des Berufslebens müsse aus seiner Sicht Transparenz notfalls sogar rechtlich eingefordert werden: Es dürfe nicht sein, dass eine hochgefährdete Patientin nicht erfährt, ob die zu ihr ins Haus kommende Pflegeperson ihre Impf-Verantwortung wahrgenommen habe oder als ambulanter Superspreader unterwegs sei. „Patientenschutz muss hier vor Datenschutz gehen, mit Stigmatisierung hat das nichts zu tun“, fordert Henn.

    "Es ist vernünftig, sich impfen zu lassen"

    Ohnehin erinnere ihn die Debatte um die Impfpflicht an die Diskussionen rund um die Einführung einer Anschnallpflicht vor 40 Jahren. „Natürlich ist es nicht völlig unmöglich, dass jemand im Auto bewusstlos wird, in einen Fluss stürzt und dann wegen eines klemmenden Gurtes schlechter gerettet werden kann. Allerdings ist ein konventioneller Frontalaufprall vieltausendfach wahrscheinlicher. Genauso ist es mit Corona: Es ist vieltausendfach wahrscheinlicher, durch die Krankheit Schaden zu nehmen als durch die Impfung. Also ist es vernünftig, sich impfen zu lassen, und unvernünftig, sich nicht impfen zu lassen“, sagt der Ethiker.

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