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Sozialpolitik: Gerechter Mindestlohn – wie geht das?

Sozialpolitik

Gerechter Mindestlohn – wie geht das?

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    Der Mindestlohn bleibt ein kontroverses Thema in Europa.
    Der Mindestlohn bleibt ein kontroverses Thema in Europa. Foto: dpa

    In Luxemburg gibt es 12,73 Euro pro Stunde, in Portugal werden 4,01 Euro für die geleistete Arbeit bezahlt und in Bulgarien nur zwei Euro. Beim Thema Mindestlohn scheint der Blick in die Statistik ein Problem der EU aufzuzeigen, denn die Unterschiede im Kreis der 27 Mitgliedstaaten sind immens. Deutschland, das wirtschaftsstärkste Land, lag 2020 mit 9,50 Euro auf Rang sechs. Doch obwohl in den vergangenen Jahren immer wieder die Diskussion über die Einführung eines einheitlichen europäischen Mindestlohns aufgebrodelt ist, wollen weder die Brüsseler Behörde noch das EU-Parlament oder der Ministerrat so weit gehen.

    EU-Ziel: Möglichst viel Jobs, die nach Tarifverträgen bezahlt werden

    Stattdessen soll es Standards geben, anhand derer gerechte Mindestlöhne ermittelt werden. Zudem sind Kriterien geplant, mit denen die EU fördern will, dass möglichst viele Jobs von Tarifverträgen abgedeckt sind. Am Montag einigten sich die Sozialminister auf eine Verhandlungsposition für die Richtlinie. Demnach sollen künftig gesetzliche Mindestlöhne anhand „stabiler und klarer“ Kriterien festgelegt werden. Dazu zählen die Entwicklung der Produktivität, die Kaufkraft der gesetzlichen Mindestlöhne, das allgemeine Lohnniveau und das Lohnwachstum. Eine einheitliche Untergrenze für die nationalen Mindestlöhne ist nicht vorgesehen. Nun müssen Parlament, EU-Länder und Kommission einen Kompromiss für die endgültige Regelung finden.

    Arbeitsgeber-Vertreter Oliver Zander kritisiert, dass die EU ihre Kompetenzen überschreitet.
    Arbeitsgeber-Vertreter Oliver Zander kritisiert, dass die EU ihre Kompetenzen überschreitet. Foto: Gesamtmetall, dpa

    EU-Arbeitskommissar Nicolas Schmit gab sich aber zuversichtlich – und sprach gestern von „einem wichtigen Schritt für Europa“. Man habe gezeigt, dass dies „nicht der Ort ist, wo man von seiner Hände Arbeit nicht leben kann“. Gegen die aktuell verabschiedete Einigung der EU-Länder positionierten sich Ungarn und Dänemark. Österreich habe sich enthalten wie auch Deutschland, da die Bundesregierung nur geschäftsführend im Amt sei. Laut Koalitionsvertrag plant die Ampelkoalition, das Vorhaben zu unterstützen. Bald-Kanzler Olaf Scholz (SPD) versprach im Wahlkampf, den Mindestlohn auf zwölf Euro heraufzusetzen.

    Bereits im Oktober 2020 hatte die Kommission einen Gesetzentwurf vorgelegt. Das Parlament gab vor zwei Wochen grünes Licht für die Verhandlungen. Die Europaabgeordneten verschärften den Gesetzentwurf der Kommission, was zahlreiche Unternehmer verärgert hat.

    Derzeit gibt es in 21 Mitgliedstaaten einen gesetzlichen Mindestlohn. Umstritten ist das Vorhaben vor allem deshalb, weil einige EU-Länder befürchten, dass sich Brüssel zu stark in ihre nationalen Systeme einmischen könnte. Widerstand droht zudem von Seiten der Arbeitgeberverbände. Die EU-Richtlinie, mit der man die Bestimmung des Mindestlohns europaweit vereinheitlichen wolle, stehe „im deutlichen Widerspruch zu den europäischen Verträgen und zum Grundgesetz“, kritisierte Oliver Zander, Chef von Deutschlands größtem Arbeitgeberverband Gesamtmetall, gegenüber unserer Redaktion. Auch beim Thema Tarifautonomie überschreite die Richtlinie die Kompetenzen der EU. Es geht um das Recht von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, ohne staatliche Einmischung Verträge auszuhandeln. Würde Brüssel vorgeben, wie hoch die Tarifbindung sein muss, wäre das „ein klarer Eingriff in die Tarifautonomie“, die hierzulande verfassungsrechtlich geschützt sei. „In Brüssel denken manche, mit solchen scheinbaren sozialen Wohltaten die Unterstützung für die EU erhöhen zu können.“ Dabei handele es sich um „eine Werbekampagne für alle Kritiker der EU“.

    Gewerkschaften : Wettbewerb durch niedrige Löhne muss ein Ende haben

    Die meisten Gewerkschaften begrüßten den Vorstoß. „Die Kommission setzt damit ein Signal, dass Wettbewerb durch niedrigere Löhne endlich ein Ende haben muss“, sagte Wolfgang Lemb vom IG-Metall-Vorstand unserer Redaktion. Die Richtlinie enthalte wichtige Impulse für eine Stärkung der Tarifbindung, die europaweit rückläufig sei, auch in Deutschland. Die Kritik der Arbeitgeberseite kann Lemb nicht nachvollziehen. „Der Vorschlag betont die Bedeutung der nationalen Tarifautonomie und stärkt die Rolle der Tarifparteien bei der Festlegung von fairen Löhnen.“ Für die Ausgestaltung des Mindestlohns bleibe in Deutschland weiterhin die Mindestlohnkommission zuständig.

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