Das Bundesfinanzministerium ist ein markanter Bau. Hier managte Finanzminister Peer Steinbrück an der Seite von Kanzlerin Angela Merkel die Finanz- und Eurokrise. Später war es der heutige Kanzler Olaf Scholz, der das Land als Finanzminister durch schwierige Zeiten lenken musste. Er hatte viele fähige Staatssekretäre an seiner Seite, zu den profiliertesten gehörte Werner Gatzer. Der war schon unter Wolfgang Schäuble im Ministerium und blieb auch, als Christian Lindner das Ruder übernahm. Jetzt hat ihn der FDP-Politiker überraschend gefeuert.
Im offiziellen Statement hört sich das etwas anders an. Von einer Versetzung in den einstweiligen Ruhestand ist die Rede, eine Begründung liefert Lindner nicht. Doch beim Blick auf Gatzers Wirken wird klar, worum es in Wahrheit geht: Zusammen mit seinem damaligen Kollegen (und jetzigen Scholz-Berater) Jörk Kukies war er während der Corona-Pandemie für die Einrichtung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) verantwortlich. Später sorgte er mit dafür, dass nicht abgerufenes Geld aus dem WSF auf den Klima- und Transformationsfonds umgebucht wurde. Eine Praxis, die das Bundesverfassungsgericht vergangene Woche monierte und der Ampel damit eine Haushalts- und Regierungskrise bescherte.
Hat sich Christian Lindner einen Gefallen getan?
Ob Lindner sich mit dem Rauswurf einen Gefallen getan hat? Wohl eher nicht. Womöglich wollte er mit seiner Entscheidung ein Signal der Konfrontation an den Kanzler und auch ins Haus hinein senden, in dem Gatzer großes Ansehen genießt.
Gatzer war, mit kurzen Unterbrechungen, schon seit Urzeiten im Ministerium. Der bekennende Fan des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln ist SPD-Mitglied, arbeitete als Roter aber auch unter Schwarzen – eine bisher bewährte Tradition im Finanzministerium, die viele andere Häuser so nicht pflegen. Bei ihnen werden mit wechselnden Regierungen oft auch die Staatssekretäre ausgetauscht.
In 2005 wurde Gatzer Haushaltsstaatssekretär als Nachfolger des "ewigen" Manfred Overhaus von der CDU, der ihn 1990 in die Haushaltsabteilung des Ministeriums geholt hatte. Der heute 65-Jährige arbeitete unter Theo Waigel (CSU), Hans Eichel (SPD), Steinbrück (SPD), Schäuble (CDU) und Scholz. Der gebürtige Bergisch-Gladbacher brachte es dabei als Erfinder der "Schwarzen Null" zu Kultstatus.
Nun reiht sich Gatzer in die Reihe derjenigen ein, die Geschichte im Finanzministerium geschrieben haben. Nachfolger soll Wolf Reuter werden, er ist derzeit Leiter der Grundsatzabteilung.