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Kommentar: AKK hat jedes Recht, zu Youtuber-Aktion Stellung zu nehmen

Kommentar

AKK hat jedes Recht, zu Youtuber-Aktion Stellung zu nehmen

Stefan Lange
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    Annegret Kramp-Karrenbauer muss seit ihrer Youtube-Äußerung zu möglichen Einschränkungen massiv Kritik einstecken.
    Annegret Kramp-Karrenbauer muss seit ihrer Youtube-Äußerung zu möglichen Einschränkungen massiv Kritik einstecken. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hatte die Entwicklung schon vorhergesagt. Die Diskussion über Regeln im digitalen Bereich werde medienpolitisch und auch demokratietheoretisch in der nächsten Zeit eine Rolle spielen, erklärte AKK am Montag bei einer Pressekonferenz in Berlin. Dass diese Diskussion so schnell und vor allem mit einer solchen Wucht über sie hereinbrechen würde, hatte die Saarländerin allerdings wohl nicht geahnt.

    Dabei hatte sich Kramp-Karrenbauer während der Pressekonferenz lediglich auf Nachfragen von Journalisten zum Rezo-Video und zum Wahlboykott-Aufruf der insgesamt 70 Youtuber geäußert. Das ist legitim, schließlich wurde in dem Beitrag dazu aufgerufen, die CDU und andere Parteien nicht zu wählen. Als Vorsitzende der Christdemokraten hat AKK jedes Recht, dazu Stellung zu nehmen.

    AKK-Debatte: Wahlempfehlungen sind in der deutschen Medienlandschaft nicht üblich

    Sie tat das in einer eher nachdenklichen Weise und stellte die Frage, was eigentlich in Deutschland losgewesen wäre, „wenn eine Reihe von, sagen wir, 70 Zeitungsredaktionen zwei Tage vor der Wahl erklärt hätten, wir machen einen gemeinsamen Aufruf: Wählt bitte nicht CDU und SPD. Das wäre klare Meinungsmache vor der Wahl gewesen.“ Auch das war ein legitimer Gedanke, wenn auch ein etwas verkürzter. Denn während deutsche Zeitungen traditionell keine Wahlempfehlungen angeben, ist das in Ländern wie Großbritannien oder den USA durchaus üblich.

    Ja, und dann stellte Kramp-Karrenbauer ihre Überlegungen an, ob Deutschland Regeln für den digitalen Bereich braucht. Mehr als Überlegungen waren es nicht. AKK sprach von einer „fundamentalen Frage“, aber sie gab nicht schon die Antworten vor. Wer es nicht glauben will, sollte sich die Passagen anschauen. Die Pressekonferenz ist unter anderem bei Youtube zu finden. Bis Dienstagvormittag verzeichnete dieser Beitrag übrigens nur etwa 1500 Aufrufe, besonders groß war das Interesse am Original bis dahin offenbar nicht.

    Im Netz hingegen brach ein Sturm der Entrüstung los, der sich vor allem in einem heftigen Twitter-Gewitter äußerte. Obwohl AKK nur Überlegungen über Regeln angestellt, und nicht etwa ein Gesetz gefordert hatte, wurden Zensurvorwürfe laut. Die derzeitige Aufregung ruft Erinnerungen an die „Zensursula“-Debatte vor neun Jahren wach. Damals fürchteten viele Menschen um die Freiheit im Netz, anders als heute hatte diese Angst aber einen konkreten Hintergrund: Ursula von der Leyen wollte ein Zugangserschwerungsgesetz gegen Kinderpornografie im Internet schaffen, viele fürchteten eine grundsätzliche Sperrkultur.

    Äußerungen von Annegret Kramp-Karrenbauer sollten fair abgewogen werden

    Kramp-Karrenbauers einziger Fehler in dieser Angelegenheit ist, dass sie sich einen Tag nach der Europawahl in die ohnehin schon seit Tagen aufgeheizte Atmosphäre hinein zu diesem Thema äußerte. In ruhigeren Zeiten hätten ihre Sätze vielleicht halb so viel Aufregung hervorgerufen oder wären gar nicht aufgefallen. Sie wären wohl so unbemerkt geblieben wie frühere Stimmen aus der SPD, die sich für eine Begrenzung der Marktmacht von Internetgiganten wie Google (und damit auch Youtube) oder Facebook aussprachen. Was, wenn man es richtig zu Ende denkt, in Wahrheit tatsächlich eine Art Zensur wäre.

    Man muss die Äußerungen von Kramp-Karrenbauer nicht gut finden. Ihre Worten sollten aber fair abgewogen und als das genommen werden, was sie sind: Als ein Diskussionsbeitrag.

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