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Analyse: Putins Spiel mit dem Westen

Analyse

Putins Spiel mit dem Westen

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    Im Ukraine-Konflikt spielt Putin mit den Demokratien des Westens, die auf die Ängste ihrer Bevölkerung Rücksicht nehmen und – was ja richtig ist – auf Diplomatie setzen.
    Im Ukraine-Konflikt spielt Putin mit den Demokratien des Westens, die auf die Ängste ihrer Bevölkerung Rücksicht nehmen und – was ja richtig ist – auf Diplomatie setzen. Foto: Maxim Shipenkov, dpa

    Im Osten Europas, nur drei Flugstunden von uns entfernt, herrscht Krieg. Die ukrainische Armee versucht, den Aufstand prorussischer Kräfte mit großer Härte niederzuschlagen. Die von Moskau mit Waffen und Söldnern versorgten Separatisten setzen alles daran, ihre „Volksrepublik Donezk“ von der Ukraine abzuspalten und heimzuführen ins russische Reich.

    Ein Ende des Blutvergießens oder gar eine friedliche Lösung des Konflikts sind nicht in Sicht. Für den Augenblick bleibt nur die Hoffnung, dass eine Eskalation der Krise verhindert werden kann und die verfeindeten Parteien miteinander ins Gespräch kommen.

    Ganz unbegründet ist diese Hoffnung nicht. Die Funkstille zwischen dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko und dem russischen Präsidenten Putin, dem Schutzherrn der Rebellen, ist beendet. Der Friedensplan Poroschenkos, der den östlichen Provinzen ein hohes Maß an Selbstständigkeit verspricht, zeigt einen möglichen Weg aus der Krise auf. Von einem „mutigen, entscheidenden Schritt“ spricht der deutsche Außenminister Steinmeier. Nur: Zum Verhandeln gehören zwei. Die entscheidende Frage ist also jetzt, ob Putin diesen ersten Schritt mitgeht und Schluss macht mit der systematisch betriebenen Destabilisierung der Ukraine.

    Der russische Machthaber hat die zur Ukraine gehörende Halbinsel Krim im Handstreich annektiert und anschließend die Sezessionsbewegung in den Regionen Donezk und Lugansk befördert – alles zu dem Zweck, die nach Westen strebende Ukraine in der Einflusszone seines Imperiums zu behalten und den Traum von alter russischer Größe wieder aufleben zu lassen.

    Es ist wahr: Der Westen hat Fehler gemacht, die russischen Einkreisungsängste unterschätzt und es mit den Spielregeln des Völkerrechts selbst nicht immer genau genommen. Aber dies rechtfertigt nicht Putins kalte, von „Großmachtfantasien“ (Joschka Fischer) getriebene Gewaltpolitik. Ließe ihm die Europäische Union freie Hand, so käme dies einer Einladung zu weiteren Abenteuern gleich. Die europäische Nachkriegsordnung beruht auf der territorialen Integrität der Staaten, Grenzveränderungen mit dem Mittel militärischer Gewalt müssen tabu sein.

    Die EU hat auf diese Herausforderung besonnen reagiert. Der Vorwurf der „Kriegstreiberei“, der von sogenannten Putin-Verstehern gegen die EU und Politiker wie Steinmeier erhoben wird, ist an Absurdität nicht zu überbieten. Seit Monaten fleht die EU Putin buchstäblich an, an einer Verhandlungslösung mitzuwirken. Man hat den völkerrechtswidrigen Anschluss der Krim an Russland geschluckt, jedes Säbelrasseln vermieden und es bei milden Sanktionen belassen. Putin hingegen rührte keinen Finger, um die Lage zu entspannen. Die anti-westliche Propagandamaschine des Kreml läuft weiter auf Hochtouren.

    Das Gas wird als politische Waffe gegen die Ukraine benutzt, die Interventionsdrohung aufrechterhalten. Putin spielt mit den Demokratien des Westens, die auf die Ängste ihrer Bevölkerung Rücksicht nehmen und – was ja richtig ist – ganz auf Diplomatie setzen.

    Jetzt haben die Außenminister der EU wieder an Putins „Bereitschaft zur Kooperation“ appelliert – aufs Neue verbunden mit der Androhung harter Wirtschaftssanktionen. Ob sich Putin, der den liberalen Westen für „dekadent“ hält und allenfalls auf (ökonomischen) Gegendruck reagiert, diesmal davon beeindrucken lässt? Wenn ja, dann wächst die Hoffnung auf eine friedliche Lösung. Wenn nicht, dann wird die EU um ihrer Glaubwürdigkeit willen demnächst Ernst machen und den Sanktionsdrohungen Taten folgen lassen müssen.

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