Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Angela Merkel muss Corona zur Chefsache machen

Kommentar

Angela Merkel muss Corona zur Chefsache machen

Margit Hufnagel
    • |
    Kanzlerin Merkel und Gesundheitsminister Spahn äußern sich in der Bundespressekonferenz zur Corona-Krise.
    Kanzlerin Merkel und Gesundheitsminister Spahn äußern sich in der Bundespressekonferenz zur Corona-Krise. Foto: Wolfgang Kumm, dpa

    Es ist eine Ausnahmesituation, wie sie Europa nicht häufig erlebt. Eine Krise, die die Gesundheit der Menschen bedroht und damit tief in das persönliche Leben eingreift, die Ängste weckt und Unsicherheit schürt. Das Coronavirus mit all seinen Rätseln hat das Leben von Millionen Menschen innerhalb kürzester Zeit massiv verändert. Gerade weil selbst Wissenschaftler den neuartigen Erreger nur eingeschränkt einschätzen können, ist die Politik zu einer klaren Führung aufgerufen.

    Und doch zeigt gerade die gesellschaftliche Ausnahmesituation, wo die Schwachstellen des Systems liegen. Denn so sehr sich Gesundheitsminister Jens Spahn auch müht, der umtriebige Krisenmanager gerät dort an seine Grenzen, wo der deutsche Föderalismus die Länderbürokraten am längeren Hebel lässt. Statt zu einem zumindest bundesweiten Durchgreifen zu gelangen, hadert jedes Bundesland mit sich selbst, ob Großveranstaltungen abgesagt und Schulen geschlossen werden.

    Es fehlt am Willen, die Komfortzone zu verlassen

    Das treibt inzwischen seltsame Blüten und zeigt, dass nicht in jeder Amtsstube der Ernst der Lage erkannt wurde. Erst nachdem die öffentliche Empörung lauter wurde, konnten sich ein Vereinspräsident und eine Bezirksregierung durchringen, ein Fußballspiel zwischen Union Berlin und Bayern München zum Geisterspiel werden zu lassen. In Frankfurt zog man dann schließlich mit der Entscheidung nach. Auch das Europa-League-Spiel wird vor leeren Tribünen stattfinden. In Dessau soll ein Festakt auf 999 Besucher beschränkt werden - man will sich ja den Spaß nicht verderben lassen. Man muss nicht ins allgemeine Panikorchester einstimmen, um ein solches Verhalten als zynisch zu bezeichnen. Es fehlt am klaren politischen Willen, sich aus der eigenen Komfortzone zu verabschieden – und sei es nur für wenige Wochen.

    Die weitere Ausbreitung des Virus muss verlangsamt werden

    Natürlich kann man stöhnen über Hamsterkäufe und Quarantänemaßnahmen für ganze Ortschaften. Doch so lange die Medizin weder einen Impfstoff noch ein Medikament gefunden hat, ist es die Aufgabe der politisch Verantwortlichen, dafür zu sorgen, dass sich das Virus nicht komplett unkontrolliert ausbreitet. Das Mantra „Corona ist auch nicht schlimmer als Grippe“ ist hochgradig ignorant: Alleine in dieser Saison sind mehr als 200 Menschen an Grippe gestorben - so lange wir eine Möglichkeit haben, ein ähnlich gefährliches Virus zumindest in Grenzen zu halten, sollten wir sie nutzen. Und dem steht die deutsche Kleinstaaterei im Weg.

    Unser Nachbar Österreich macht es längst vor: Dort gibt Kanzler Kurz den Takt vor und der ist deutlich weniger träge als in den 16 Bundesländern und hunderten Kommunen, wo die Sicherheitsarchitektur zu viele Baumeister hat. Hier können die Berliner Ministerien zwar Geld in die Hand nehmen, um Wirtschaft und Wissenschaft zu stützen. Doch dort, wo es um Alltägliches geht, bleibt ihnen nicht mehr als zu mahnen und zu warnen. Und das ist gefährlich.

    Gesundheit ist wichtiger als ein Fußballspiel

    Es ist an der Zeit, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Länderfürsten ins Gewissen redet. Merkel hat ohnehin viel zu lange geschwiegen zur Ausbreitung des Coronavirus - die Krise muss zur Chefsache werden. Wenn es schon kein abgestimmtes europäisches Vorgehen gibt, dann muss zumindest deutschlandweit der Kurs klar sein. Wer meint, dass ein Fußballspiel wichtiger sei als die Eindämmung des Virus, sollte nach Italien blicken. Das Land ist mit Abstand am stärksten von der Krankheit betroffen. Schon jetzt gerät das Gesundheitssystem an seine Grenzen. Den Tag, an dem die Ärzte entscheiden müssen, ob sie lieber das Leben eines Corona-Patienten oder eines chronisch Kranken retten, mag man sich nicht vorstellen.

    Lesen Sie dazu auch: Merkel gegen Grenzschließungen in Deutschland

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden