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Angriffe: Mit Propaganda gegen Kampfjets

Angriffe

Mit Propaganda gegen Kampfjets

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    Ein Pilot in einem Mirage 2000 Kampfjet vor dem Einsatz in Libyen auf einem französischen Luftwaffenstützpunkt in Solenzara. dpa
    Ein Pilot in einem Mirage 2000 Kampfjet vor dem Einsatz in Libyen auf einem französischen Luftwaffenstützpunkt in Solenzara. dpa

    Madrid Die Propaganda-Maschine des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi ist immer noch gut geölt. Bevor das nordafrikanische Land gestern Abend erneut einen Waffenstillstand in Aussicht stellte, hatte ein Sprecher im Staatsfernsehen noch verkündet: „Die Angriffe werden dem libyschen Volk keine Angst einjagen.“ Ein Moderator springt gar mit Schnellfeuergewehr vor die Kamera und schwört, „bis zum letzten Tropfen Blut“ gegen die „feindlichen Kreuzritter“ zu kämpfen.

    Kurz zuvor, in der Nacht zum Dienstag, hatte die internationale Koalition wieder mit Marschflugkörpern und Kampfjets angegriffen. Heftiges Luftabwehrfeuer erleuchtet den nächtlichen Himmel über der Hauptstadt Tripolis. Offenbar sind doch noch nicht alle libyschen Flugabwehrkanonen ausgeschaltet. Was aber auch nicht einfach ist, da Gaddafi auch auf Wohnhäusern Flakstellungen postierte.

    Raketen galten einer Marinebasis nahe Tripolis

    Dieses Mal galten die Raketen und Bomben unter anderem einer Marinebasis nahe von Tripolis. Gaddafis Kriegsschiffe hatten in den letzten Tagen von der See aus auf die Zivilbevölkerung und auch auf Flugzeuge der Koalition gefeuert. Der Sprecher des libyschen Regimes, Mussa Ibrahim, sagte hingegen, die westlichen Raketen hätten „einen kleinen Fischerhafen“ bei Tripolis zerstört.

    Auch libysche Luftwaffenstützpunkte sind angegriffen worden, etwa in Sirte, rund 450 Kilometer östlich von Tripolis. Regimesprecher Ibrahim behauptete, bei einer Attacke auf den „zivilen Flughafen“ Sirtes habe es „zahlreiche“ Tote und Verletzte unter der Bevölkerung gegeben. Eine unabhängige Bestätigung dafür gab es nicht. Das libysche Regime streut seit Beginn der Koalitions-Luftangriffe nicht überprüfbare Berichte über „viele zivile Opfer“.

    Militäranlagen in der Wüstenstadt und Gaddafi-Hochburg Sabha, rund 800 Kilometer südlich der Hauptstadt, sollen ebenfalls Raketen-Ziel gewesen sein. In Sabha lebt Gaddafis Stamm, die Stadt hat große Militärinstallationen. In der Nähe Sabhas soll Gaddafi in den 90er Jahren an einem geheimen Atomwaffenprogramm gebastelt haben, das aber angeblich später gestoppt wurde: Gaddafi hatte im Jahr 2003 versprochen, nicht weiter an Massenvernichtungswaffen zu arbeiten.

    Ein US-Jet stürzte beim Kampfeinsatz im Osten Libyens ab. Die F-15 sei aber nicht abgeschossen worden, versicherte ein Sprecher der US-Streitkräfte, sondern wegen „technischen Versagens“ niedergegangen. Die beiden Piloten seien „abgesprungen und in Sicherheit“. Der Luftkrieg der westlich-arabischen Koalition konnte jedoch nicht die Kämpfe am Boden stoppen. Etwa an der „Straße des Todes“, wie die Route zwischen den beiden weit im Osten gelegenen Städten Ajdabiya und Bengasi seit dem ersten Luftschlag am Samstag genannt wird: Damals zerbombten französische Jets dort eine Truppenkolonne Gaddafis, die auf Bengasi vorrückte.

    Die Stadt Misurata wird weiterhin belagert

    In Misurata, nach der Oppositionshochburg Bengasi drittgrößte Stadt, gingen gleichfalls die Kämpfe weiter. Die Großstadt wird weiterhin von Gaddafis Panzern und von Artillerie beschossen. Wenigstens 40 Menschen, darunter auch Kinder, seien innerhalb von 24 Stunden umgekommen, berichtete der arabische TV-Sender Al-Dschasira. Die Belagerer hätten Strom, Wasser und Telefon gekappt, sagte ein Arzt dem britischen Rundfunk BBC. „Unsere Klinik ist voll mit Verletzten, wir haben keine Betten mehr. Die internationale Gemeinschaft muss etwas tun. Wir können das nicht länger aushalten.“ Gaddafis Sprachrohr Mussa Ibrahim kommentierte dieses Drama mit den Worten: Misurata sei „befreit“ worden, das Militär jage nun „terroristische Elemente“. Einwohner berichten von Scharfschützen, die Menschen wie Kaninchen mit gezielten Schüssen töteten.

    Ibrahim Dabbashi, Libyens früherer Vize-UN-Botschafter, der zur Opposition überlief, glaubt nicht, dass Diktator Gaddafi dem Druck der internationalen Koalition noch lange standhalten kann. „Er wird vielleicht noch einige Tage überleben. Aber ich denke nicht, dass er sich noch Monate halten kann.“

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