Ginge es nach Bauer Blümel, könnte der thailändische Kronprinz Maha Vajiralongkorn gern noch eine Weile in Bayern festsitzen. Vor einigen Tagen war der Thronfolger von König Bhumibol mit seiner Entourage nach Sandharlanden im Landkreis Kelheim gekommen, um Erdbeeren zu pflücken. 60 Kilo Erdbeeren. Ein schönes Geschäft für Bauer Blümel.
Doch wie es aussieht, wird er auf seinen prominenten Kunden verzichten müssen. Denn Vajiralongkorn, 58, darf mit seinem in München gepfändeten Flugzeug bald wieder abheben. Er muss dafür aber tief in die eigene Tasche greifen. Das Landgericht Landshut hat die Boeing 737 gegen eine Sicherheitsleistung von 20 Millionen Euro freigegeben. Wenn das Geld da ist, wahrscheinlich in Form einer Bankbürgschaft, darf der begeisterte Pilot die Maschine nach Hause steuern.
Die diplomatischen Verwerfungen zwischen dem Königreich Thailand und der Bundesrepublik wären damit fürs Erste vom Tisch. Am Freitag war eigens der thailändische Außenminister Kasit Piromya angereist, um die Freigabe des Jets zu erreichen. Nicht nur für die Justiz bleibt aber die entscheidende Frage offen: Wem gehört nun das Flugzeug mit der Kennung HS-CMV?
Vor einer Woche hatte der Neu-Ulmer Wirtschaftsprüfer Werner Schneider als Insolvenzverwalter der 2005 pleitegegangenen Walter Bau AG am Münchner Flughafen einen Kuckuck auf das Flugzeug kleben lassen. Er wollte damit offene Rechnungen über 30 Millionen Euro vom thailändischen Staat eintreiben. Die einst zum Augsburger Walter-Baukonzern gehörende Dywidag hatte sich an Finanzierung, Bau und Betrieb einer Mautautobahn zwischen Bangkok und einem Flughafen beteiligt. Thailand hat nach Schneiders Angaben bis heute nicht bezahlt, obwohl ein internationales Schiedsgericht Mitte 2009 die Forderung bestätigt und die Höhe festgelegt hatte.
Daher griff der Insolvenzverwalter zur „Ultima Ratio“ (Schneider) und ließ die Boeing pfänden, die nach seinen Recherchen dem Staat Thailand gehört. Das Oberlandesgericht München hatte sich in der Sache für „nicht zuständig“ erklärt. Das Kammergericht Berlin erlaubte die Pfändung. Außenminister Piromya bezeichnete das schon vor einigen Tagen als „großen Fehler“. Die Königsfamilie gilt in Thailand als unantastbar. Eine Aktion wie die des deutschen Gerichtsvollziehers sprengt dort die Vorstellungskraft.
Nun hat Thailand beim Landgericht Landshut Dokumente vorgelegt, die „die Vermutung nahelegen, dass Prinz Maha Vajiralongkorn Eigentümer des Flugzeugs ist und nicht der thailändische Staat“, wie der Vizepräsident des Gerichts, Christoph Fellner, sagt. Es sei ein Zertifikat und die eidesstattliche Versicherung des Direktors der Behörde für zivile Luftfahrt in Thailand präsentiert worden, so Fellner. Wie die Eigentumsverhältnisse wirklich sind, wird in einem Rechtsgutachten untersucht werden müssen. Eine endgültige Entscheidung fällt in einem Hauptverfahren.
In verschiedenen Luftfahrt-Registern im Internet ist als Eigentümer der Boeing 737 die „Royal Thai Air Force“ eingetragen. Der Kronprinz ist Marschall der thailändischen Luftwaffe. Somit stehen dem leidenschaftlichen Flieger praktisch alle Flugzeuge zur Verfügung. Aber ist die gepfändete Maschine tatsächlich sein Privatbesitz?
Ungeachtet der Freigabe des Flugzeugs bezeichnete Insolvenzverwalter Schneider die Pfändungsaktion als Erfolg. Letztlich sei es nie darum gegangen, die Maschine zu verwerten, sondern die Zahlung berechtigter Forderungen zu erzwingen. Durch Zinsen und Gebühren hätten sich diese mittlerweile auf fast 40 Millionen Euro erhöht.
Maha Vajiralongkorn wurde durch die Nacht-und-Nebel-Aktion des Insolvenzverwalters jedenfalls kräftig aufgeschreckt. Der Prinz verbringt viele Monate des Jahres in Deutschland, vor allem in Bayern. Die Königsfamilie ist an einem Luxushotel am Münchner Flughafen beteiligt. Der Prinz verbrachte hier schon viele unbeschwerte, unbehelligte Stunden. Die Beziehungen zwischen Thailand und Bayern sind seit Franz Josef Strauß außergewöhnlich gut.
Doch nun hat der Thronfolger offenbar sein Mercedes-Cabrio auf dem privaten Parkplatz eines Münchner Luxushotels versteckt. Leibwächter bewachen das Auto, wird in München berichtet. Statt eines thailändischen Kennzeichens soll der Wagen jetzt ein Diplomatenkennzeichen tragen. Aus Angst vor weiteren Pfändungen?