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Berlin: Berliner Architekturszene will Baumeister Pronold aus Bayern nicht haben

Berlin

Berliner Architekturszene will Baumeister Pronold aus Bayern nicht haben

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    Politiker und Jurist: Florian Pronold soll Direktor der Berliner Bauakademie werden. Das gefällt vielen nicht.
    Politiker und Jurist: Florian Pronold soll Direktor der Berliner Bauakademie werden. Das gefällt vielen nicht. Foto: Christian Spicker, imago-images.de

    Rund um die zum Wiederaufbau anstehende Bauakademie des preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel in Berlin hängt gerade alles ein wenig in Fetzen. Das gilt nicht nur im wörtlichen Sinne, weil der Wind die Planen am bereits eingerüsteten Areal zerstört hat, sondern auch im übertragenen, weil seit Wochen Kulturschaffende und Architekten die Personalie Florian Pronold auseinanderpflücken.

    Der niederbayerische SPD-Politiker soll Direktor der Akademie werden. Aber er ist, sagen seine Kritiker, für den Job nicht qualifiziert. Über die Angelegenheit wird heftig gestritten, sie beschäftigt die Gerichte, ein offener Brief gegen Pronolds Berufung hat gerade die Schwelle von 600 Unterzeichnern aus allen Teilen der Gesellschaft überschritten.

    Schinkels Bauakademie gilt als das wichtigste Vermächtnis des 1841 in Berlin gestorbenen Architekten. 62 Millionen Euro hat der Bundestag für den Wiederaufbau nahe der Museumsinsel bereits bewilligt. Pronold – derzeit SPD-Abgeordneter und Staatssekretär im Bundesumweltministerium – soll die Akademie leiten und sie zu einer Plattform machen, „welche die gesellschaftliche, technische und kulturelle Innovationskraft des Bauens stärken soll“, wie es heißt.

    Früher leitete Florian Pronold die bayerische SPD

    Der ehemalige Chef der Bayern-SPD bekommt es nun aber erstens mit der Architekturszene in Berlin zu tun. Die Hauptstadt hat schon seit Jahren das Problem, dass sie zahlreiche Architektinnen und Architekten anzieht und viele von ihnen keine auskömmliche Arbeit finden. Das drückt aufs Selbstbewusstsein des Standes, und das wird nicht stärker, wenn sie durch ihre Stadt fahren: Die Neubauten gleichen einander wie ein Ei dem anderen, die Architektur der Stadt ist im Vergleich zu Paris, Madrid oder London stinklangweilig. Der mit Spannung erwartete Wiederaufbau des Stadtschlosses ändert daran erkennbar nichts.

    Die Hoffnungen sind deshalb groß, dass die Bauakademie am Schinkelplatz der Stadt und ihren Architekten zu Glanz verhilft. Die Architekten hatten sich dafür allerdings „eine Persönlichkeit mit kuratorischer, gern auch internationaler Erfahrung im Bereich der Architekturvermittlung“ gewünscht, wie die Präsidentin des Bundes Deutscher Architekten, Susanne Wartzeck, erklärt. Nun bekommen sie einen Politiker, der zu allem Übel auch noch Jurist und kein Architekt ist.

    Pronold erfülle nicht das Stellenprofil, brandmarken die Architekten. Diesen Vorwurf erheben auch die derzeit 615 Pronold-Gegner, die einen unter anderem an die Bundesregierung gerichteten offenen Brief unterzeichnet haben. Darin schwingt der Vorwurf mit, er sei durch Kungelei an den Posten gekommen.

    Streit um Bauakademie: Jetzt entscheiden die Gerichte

    Der Bayer würde in der laufenden Legislaturperiode auf den Direktorenstuhl wechseln. Solche Wechsel ohne Karenzzeit haben immer einen faden Beigeschmack, weil der Eindruck entsteht, hier nutze jemand seine politischen Kontakte aus, um an anderer Stelle weiterzukommen. Andererseits: „Wechsel müssen möglich sein. Sonst sind wir als Politiker in einem Käfig, aus dem wir nicht mehr herauskommen“, sagt ein langgedienter Unionspolitiker.

    Pronold wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe den Posten selbst geschaffen. Auch von einer Bereicherung könne keine Rede sein. Sein neuer Job würde auf zunächst fünf Jahre befristet nach B3 bezahlt, erklärt er. Staatssekretäre werden in der Regel nach der Besoldungsgruppe B11 bezahlt und kommen damit auf rund 14.600 Euro Grundgehalt. Eine B3-Besoldung steht mit knapp 8600 Euro in den Tariftabellen. Arm würde Pronold also nicht.

    Womöglich beenden die Gerichte das Gerangel. Zwei unterlegene Mitbewerber klagen. Das Arbeitsgericht Berlin entschied im ersten Fall bereits, Pronold dürfe bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht Direktor werden. Die zweite Klage soll am 23. Januar verhandelt werden.

    Genug Zeit, damit sich die Gemüter noch beruhigen können. So ganz unbeleckt ist Pronold von der Materie nämlich gar nicht. Ausweislich des Terminkalenders der Regierung nahm er im Oktober 2017 an einer Podiumsdiskussion teil. Thema: „Schinkels Bauakademie: Form folgt Funktion?“

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