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Brexit: Panne überschattet Besuch von May bei Merkel

Brexit

Panne überschattet Besuch von May bei Merkel

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    Alle Blicke sind auf Theresa May gerichtet, die alleine in Richtung Kanzlerin marschiert. Ihr Ziel: ein Aufschub für den Brexit.
    Alle Blicke sind auf Theresa May gerichtet, die alleine in Richtung Kanzlerin marschiert. Ihr Ziel: ein Aufschub für den Brexit. Foto: Omer Messinger, Getty

    Schon wieder kommt es beim Empfang von Theresa May vor dem Bundeskanzleramt in Berlin zu einer peinlichen Panne. Anders als beim letzten Mal im Dezember klemmt zwar nicht die Autotür, die britische Premierministerin kann mühelos aus der schwarzen Mercedes-Limousine aussteigen. Doch am roten Teppich, dort wo eigentlich Angela Merkel warten sollte, um sie zu begrüßen, steht: niemand.

    May, im dunklen, knielangen Kostüm und mit einem dicken Wollschal um den Hals, blickt kurz etwas irritiert. Will die deutsche Kanzlerin sie im Nervenkrieg um den Brexit mit derart demonstrativer Missachtung strafen? Die feine englische Art wäre das sicher nicht. May bemüht sich um Haltung, schreitet mit der sprichwörtlich steifen Oberlippe durch das Blitzlichtgewitter und die Tür zum Kanzleramt.

    May bittet bei Brexit-Aufschub um Rückendeckung

    Die britische Premierministerin ist gekommen, um die Bundeskanzlerin vor dem EU-Sondergipfel, der am Mittwochabend stattfindet, um Rückendeckung zu bitten. In Brüssel entscheiden die Regierungschefs der Europäischen Union darüber, wie es im Drama um den Austritt Großbritanniens weitergeht. Im für May schlimmsten Fall könnte es bereits am Freitag zu einem Ausscheiden der Briten zu den härtest möglichen Bedingungen kommen: dem „No-Deal-Brexit“ ohne Vertrag.

    Für die Zustimmung zu dem Vertrag über einen geordneten Austritt kämpft May im Unterhaus des Parlaments in London seit Monaten vergeblich. So war bereits der ursprüngliche Brexit-Termin Ende März verstrichen, May hat die EU nun um einen weiteren Aufschub bis zum 30. Juni gebeten. Dafür will sie zunächst bei Merkel werben, um gleich danach zu Emmanuel Macron nach Paris weiterzureisen. Der französische Präsident vertritt gegenüber Großbritannien eine deutlich härtere Linie als Merkel. Vergangene Woche sagte er, die Europäische Union könne nicht dauerhaft Geisel der Krise in Großbritannien sein.

    Brexit-Verschiebung: Merkel ist kompromissbereit

    Merkel dagegen hatte sich durchaus kompromissbereit gezeigt, an einem ungeregelten Brexit ist ihr nicht gelegen. Dass die Bundesregierung bereit ist, einen weiteren Brexit-Aufschub unter bestimmten Bedingungen zu akzeptieren, bekräftigte vor dem May-Besuch in Berlin Europastaatsminister Michael Roth (SPD). Eine dieser Bedingungen sei, dass Großbritannien an den Europawahlen Ende Mai teilnimmt, was sowohl in der EU als auch auf der Insel höchst umstritten ist. Zudem wollen Mitgliedstaaten erreichen, dass sich London verpflichtet, nicht aktiv in EU-Entscheidungen einzugreifen. Einige Medien – darunter der britische Guardian – spekulierten, dass die EU-Staaten eine Deadline bis Ende dieses Jahres anbieten könnten.

    May kommt als Bittstellerin zur Kanzlerin, in einer Position der Schwäche. Es ist ein schwerer Gang für die 62-Jährige, auch ohne die vermeintliche Demütigung gleich zu Beginn. Die sich, immerhin, schnell als Missverständnis herausstellt. Die Autokolonne von May war nämlich zwei, drei Minuten zu früh vorgefahren. Und Merkel, die ihre Termine nach Sekunden taktet, deshalb schlichtweg noch nicht empfangsbereit. Durch die Glaspforte ist dann zu sehen, wie sie Theresa May entgegeneilt, sie herzlich umarmt, mit Küsschen rechts und links begrüßt. Die beiden Regierungschefinnen gehen sogar noch einmal nach draußen und holen für die Fotografen eine demonstrativ freundliche Begrüßung nach. Mit einer Handbewegung deutet Angela Merkel auf die strahlende Frühlingssonne, als wolle sie damit sagen, dass es durchaus noch einen Schimmer der Hoffnung gibt.

    Bilder des Malheurs werden überdauern

    Eineinhalb Stunden bleibt May bei der Kanzlerin, über den Inhalt ihres Gesprächs wird nichts bekannt. Der Abschied gerät dann herzlich und verläuft ohne weitere Pannen. Merkel und May als Staatslenkerinnen vor den Flaggen von Deutschland, Großbritannien und der Europäischen Union – ein Motiv, das es so wohl nicht mehr allzu häufig geben wird. Ohnehin spricht vieles dafür, dass von Mays Besuch in Berlin eher die Bilder des Malheurs zu Beginn haften bleiben: May steht alleine da im Brexit-Chaos, dieser Geschichte voller Missverständnisse.

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