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Brexit-Chaos: Britische Labour-Partei besteht auf Neuwahl

Brexit-Chaos

Britische Labour-Partei besteht auf Neuwahl

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    Sie wollen Neuwahlen: Labour-Parteichef Jeremy Corbyn (r.) und Keir Starmer, Labour-Schattenminister für den Austritt aus der EU.
    Sie wollen Neuwahlen: Labour-Parteichef Jeremy Corbyn (r.) und Keir Starmer, Labour-Schattenminister für den Austritt aus der EU. Foto: PA Wire, dpa

    Noch bevor die britische Premierministerin Theresa May ihren "Plan B" für den Brexit vorgelegt hat, hat die oppositionelle Labour-Partei ihre Forderung nach Neuwahlen erneuert. May war im Unterhaus mit ihren Vorstellungen vom britischen EU-Austritt gescheitert, hatte anschließen aber einen Misstrauensantrag von Labour überstanden.

    Grenzbeamte am Londoner Flughafen Heathrow unter einem Grenzschild.
    Grenzbeamte am Londoner Flughafen Heathrow unter einem Grenzschild. Foto: Andrew Cowie, dpa

    "Die Misstrauensabstimmung am Mittwoch war erst der Anfang der Labour-Bemühungen um eine Neuwahl - nicht das Ende", sagte der Brexit-Schattenminister von Labour, Keir Starmer, am Samstag in London. Eine Neuwahl sei der einzige Weg, "den radikalen Wandel einzuleiten, den diese Land braucht". May lehnt die Option einer Neuwahl bisher ab und betont, sie suche den Konsens aller Parteien.

    Ganz abwegig erscheint die Möglichkeit eines Gangs an die Wahlurnen aber nicht. Drei Mitglieder von Mays Kabinett hatten der Financial Times (Freitag) gesagt, dass eine Neuwahl im Rahmen des Möglichen sei. Regierungsmitarbeitern zufolge seien in der vergangenen Woche Notfallpläne für eine Wahl diskutiert worden.

    Ob eine Neuwahl der Labour-Partei nützen würde, ist allerdings unklar. Laut einer unveröffentlichten Umfrage einer EU-freundlichen Lobby-Gruppe, die dem "Guardian" zugespielt wurde, würde Labour etwa mit einer klaren Parteinahme für einen Verbleib Großbritanniens in der EU keine Wähler hinzugewinnen.

    Brexit-Debatte: Labour-Partei fordert Neuwahl

    Rund ein Drittel aller Befragten gaben demnach sogar an, sie wären weniger geneigt, Labour ihre Stimme zu geben, sollte die Partei den Brexit stoppen wollen. Für ein weiteres Drittel aller Befragten spielt die Parteilinie zum Brexit bei ihrer Wahlentscheidung keine Rolle. Nur 25 Prozent der Befragten würden demnach eher für Labour stimmen, sollte die Partei sich klar gegen einen Brexit aussprechen.

    Für die Erhebung des Meinungsforschers Populus wurden 2000 Wahlberechtigte gefragt, ob eine Ablehnung des Brexit es mehr oder weniger wahrscheinlich mache, dass sie Labour wählten. Die Umfrage war laut der Zeitung noch vor der Brexit-Abstimmung im britischen Unterhaus am Dienstag in Auftrag gegeben worden.

    Bei der Abstimmung am Dienstag hatten die Abgeordneten den von der EU und Großbritannien ausgehandelte Austrittsvertrag klar abgelehnt. Einer Misstrauensabstimmung im Unterhaus hielt die Premierministerin am Mittwoch aber stand. In London wird nun ein Weg gesucht, um ein ungeregeltes Ausscheiden Großbritanniens aus der EU Ende März abzuwenden. May will am Montag dazu ihren "Plan B" darlegen.

    Ex-Premierminister John Major fordert freie Abstimmung über alle Alternativen im Parlament

    Fünf Gründe, warum Theresa May Neuwahlen wollte

    Rückenwind für die Brexit-Verhandlungen: Die Gespräche mit der EU werden zäh. Es gilt als sicher, dass sie Großbritannien erst mal einiges kosten werden. Premierministerin Theresa May will sich beim Volk ein Mandat dafür holen und die Stimmen der Kritiker im Parlament dämpfen.

    Komfortable Mehrheit: Die Konservativen regieren alleine, haben aber nur eine Mehrheit von 17 Stimmen. Wie schon Vorgänger David Cameron hat May mit Rebellen in den eigenen Reihen zu kämpfen. Eine größere Mehrheit würde Gruppen innerhalb der Tories-Fraktion schwächen.

    Gegner am Boden: Labour, die große Oppositionspartei, schien in desolatem Zustand, als May die Neuwahlen im April ankündigte. Doch mittlerweile hat sie in Umfragen aufgeholt.

    Eigenes Mandat: Nicht May hat die letzte Wahl gewonnen, sondern Cameron. Nach dem Brexit-Referendum ging sie aus einem unschönen Machtkampf als Nachfolgerin hervor. Nun will sie ein eigenes Mandat.

    Besser jetzt: Wer weiß, was 2020 ist? Das wäre der spätestmögliche Wahltermin gewesen. Dann nach dem Brexit könnte die Wirtschaft straucheln und die Stimmung kippen. (dpa)

    Der konservative ehemalige britische Premierminister John Major forderte von May eine freie Abstimmung über alle Alternativen im Parlament. Das Patt im Unterhaus könne nur überwunden werden, wenn May einen mehrheitsfähigen Vorschlag mache, sagte Major dem Sender BBC am Samstag. Dazu müsse sie die Positionen der Abgeordneten kennen. Jeglicher Fraktionszwang müsse aufgehoben werden, damit die Volksvertreter nach ihrem Gewissen abstimmen könnten.

    Die Etappen bis zum Brexit im März 2019

    Mit der offiziellen Brexit-Erklärung setzt Großbritannien die komplexen Verhandlungen über seinen EU-Austritt in Gang. Der Fahrplan bis zum März 2019:

    31. März 2017: EU-Ratspräsident Donald Tusk will den anderen 27 EU-Staaten einen Vorschlag für »Leitlinien» für die Verhandlungen machen.

    5. April 2017: Das Europaparlament will eine Resolution mit seinen Vorstellungen zu den Prioritäten in den Brexit-Verhandlungen verabschieden.

    29. April 2017: Ein Sondergipfel der 27 EU-Staats und Regierungschefs beschließt die Verhandlungsleitlinien. Binnen 48 Stunden will die EU-Kommission ihre Empfehlung zur Eröffnung der Verhandlungen verabschieden.

    Mai 2017: Die EU-Europaminister verabschieden detailliertere Richtlinien für die Inhalte der Gespräche und erteilen dem Brexit-Beauftragten der EU-Kommission, Michel Barnier, ein offizielles Verhandlungsmandat.

    Mai/Juni 2017: Die eigentlichen Austrittsverhandlungen beginnen.

    Bis Ende 2017: Barnier will bis Jahresende möglichst drei Fragen klären: den Umgang mit EU-Bürgern in Großbritannien und Briten in der EU, den Status der Grenze zu Nordirland sowie die Höhe der Zahlungen, die London noch an die EU leisten muss.

    Oktober 2018: Die Verhandlungen über den gesamten Austrittsvertrag sollen abgeschlossen sein, um eine rechtzeitige Ratifizierung durch das Europaparlament und das britische Parlament zu ermöglichen.

    29. März 2019: Die britische EU-Mitgliedschaft endet offiziell. Die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen und insbesondere ein Handelsabkommen dürften sich aber noch mehrere Jahre hinziehen. Übergangsregelungen sind deshalb wahrscheinlich. (Text: afp)

    Im "nationalen Interesse" müsse May auch bereit sein, ihre "roten Linien" aufzugeben und substanzielle Änderungen an der mit Brüssel vereinbarten Regelung zu machen, sagte Major. Schönheitsreparaturen seien nach der klaren Ablehnung ihres Vorschlags im Parlament nicht genug. Einen ungeordneten Austritt Großbritanniens aus der EU hält Major nach eigener Aussage für "das schlechteste aller Ergebnisse". (dpa)

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