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Bröckelnde Koalition: Wie Steinmeier in Guttenbergs Revier wildert

Bröckelnde Koalition

Wie Steinmeier in Guttenbergs Revier wildert

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    Werden vor der Bundestagswahl im Herbst wohl keine Freunde mehr: Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (links) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
    Werden vor der Bundestagswahl im Herbst wohl keine Freunde mehr: Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (links) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

    Berlin - Ein Termin wie aus dem Bilderbuch, maßgeschneidert für den Außenminister. Fernab den Niederungen der Tagespolitik waren schöne Bilder garantiert. Erst in Prag und dann in Budapest durfte Frank-Walter Steinmeier in diesen Tagen an den Fall des Eisernen Vorhangs vor 20 Jahren erinnern, den Geist von 1989 beschwören und den Tschechen wie den Ungarn für ihren Freiheitswillen danken, der dafür gesorgt hat, dass die Berliner Mauer in sich zusammenfiel.

    Doch Frank-Walter Steinmeier ist nicht nur Außenminister und Vizekanzler, sondern auch SPD-Kanzlerkandidat und Wahlkämpfer. Und so ließ es sich der erste Diplomat des Landes nicht nehmen, sich auch von Prag und Budapest aus in die Tagespolitik in der Heimat einzumischen.

    Noch einmal verteidigte er die Rettung des angeschlagenen Autoherstellers Opel und rühmte seine eigene Rolle, "für einen ernsthaften Bieterwettbewerb bei Opel gesorgt" zu haben, kritisierte seinen Amtskollegen, den Wirtschaftsminister Karl-Theodor von und zu Guttenberg, weil dieser eine Insolvenz vorgezogen hätte, und forderte staatliche Hilfen für weitere angeschlagene Unternehmen, um Arbeitsplätze zu retten.

    Ein Auftritt ganz nach dem Geschmack Steinmeiers. Konsequent hat er das Auswärtige Amt zu einer Art Dependance des Willy-Brandt-Hauses ausgebaut. Ein eigener Staatssekretär koordiniert für den Vizekanzler die Arbeit der SPD-geführten Ressorts, mit dem früheren McKinsey-Mitarbeiter Markus Klimmer hat er sich im Herbst vergangenen Jahres einen ausgewiesenen Ökonomen als wirtschaftspolitischen Berater ins Haus geholt.

    In seinem Ministerium am Werderschen Markt trifft er sich nicht nur mit seinen Amtskollegen aus aller Welt, sondern auch mit den Betriebsräten von Opel, den Vorsitzenden der IG Metall und Verdi oder Opel-Chef Marchionne und Arcandor-Boss Eick. Die Botschaft ist klar: Es geht nichts mehr ohne ihn, erst recht nicht gegen ihn.

    Das gilt vor allem für die Wirtschaftspolitik. Das Amt des Außenministers, so scheint es, ist für Frank-Walter Steinmeier längst zu klein, der oberste Diplomat agiert, als wäre er gleichzeitig auch Wirtschaftsminister. In seinem Haus entstehen wichtige Konzepte, beinahe täglich äußert sich der Vizekanzler zu ökonomischen Fragen.

    Der Außenminister als Arbeitsplatzretter. Die schwere Wirtschaftskrise nutzt er, um die Union vor sich herzutreiben und sich als Anwalt der Arbeitnehmer zu profilieren, erst bei Opel, nun bei Karstadt. Natürlich sei es nicht Aufgabe des Staates, "für Managerversagen aufzukommen", sagt er, um sogleich einzuschränken, dass es nicht zu akzeptieren sei, dass dies "jetzt die Verkäuferinnen an der Kasse ausbaden" sollten. Deswegen müsse der Staat dafür sorgen, "dass die Rechte der vielen tausend Arbeitnehmer nicht auf der Strecke bleiben".

    Gezielt nehmen die Sozialdemokraten dabei den Jung-Star der Union, den neuen Wirtschaftsminister zu Guttenberg von der CSU, ins Visier. Während sich Steinmeier in der Öffentlichkeit als mitfühlender und warmherziger Arbeiterführer gibt, der schon mal darauf verweist, dass die Frauen-Jobs bei Karstadt nicht anders behandelt werden dürfen als die Männer-Jobs bei Opel, wird Guttenberg, von Ex-Kanzler Gerhard Schröder verächtlich als "Baron aus Bayern" verhöhnt, in die Ecke eines hartherzigen, kalten und erbarmungslosen Ordnungspolitikers gestellt, der kein Mitgefühl habe und ohne Not die Arbeitsplätze von Zehntausenden Beschäftigten in Frage stelle.

    Es ist Wahlkampf. Und die Union schlägt zurück. Ausgerechnet auf seinem ureigensten Gebiet, der Außenpolitik, muss Steinmeier eine besonders bittere Niederlage hinnehmen. Wenn US-Präsident Barack Obama am Freitag Deutschland besucht, findet das Ereignis ohne den Außenminister statt.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel führt im Grünen Gewölbe des Dresdener Schlosses ein vertrauliches Vier-Augen-Gespräch mit Obama und tritt danach gemeinsam mit dem Präsidenten vor die Presse. Ohne Steinmeier.

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