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Brüssel: Merkels letzter EU-Gipfel: Was tun gegen Lukaschenko?

Brüssel

Merkels letzter EU-Gipfel: Was tun gegen Lukaschenko?

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    Merkel bespricht sich mit Kommissionspräsidentin von der Leyen, Frankreichs Präsident Macron (rechts) und Polens Premier Morawiecki.
    Merkel bespricht sich mit Kommissionspräsidentin von der Leyen, Frankreichs Präsident Macron (rechts) und Polens Premier Morawiecki. Foto: John Thys, dpa

    Immerhin gab es zum Abschied von Angela Merkel keinen Eklat. Vielleicht darf das als der größte Erfolg dieses EU-Gipfels in Brüssel gewertet werden. Denn ansonsten herrschte beim vermutlich letzten Treffen der Kanzlerin im Kreis der europäischen Staats- und Regierungschefs vor allem Uneinigkeit. Auch am Freitag gab es reichlich Konfliktpotenzial. Stundenlang rangen die Politiker um eine geschlossene Antwort auf die Frage, wie man mit der illegalen Migration über Belarus umgehen soll.

    Die EU und auch die Regierung in Warschau beschuldigen das Regime unter Alexander Lukaschenko, Geflüchtete aus Krisenregionen gezielt und in organisierter Form zur Grenze der EU zu schleusen, um die Staatengemeinschaft zu destabilisieren. „Der Europäische Rat wird keinen Versuch von Drittländern akzeptieren, Migranten für politische Zwecke zu instrumentalisieren“, hieß es dazu in der Gipfelerklärung. Man verurteile die „jüngsten hybriden Angriffe auf die EU-Außengrenzen“ und werde entsprechend reagieren. Doch wie?

    Abermals neue Zäune lehnt die EU ab

    So einig man sich in der Bewertung der Aktionen von Lukaschenko ist, so gespalten präsentierten sich die Staatenlenker bei der Lösung des Problems. Sollen Zäune und andere Grenzschutzanlagen gebaut werden und würde die EU zumindest einen Teil davon bezahlen, wie etwa Österreich und Litauen forderten? Die Kommission lehnt solche Schritte ab.

    Doch welche Mittel würden gegen unerwünschte Migration helfen? Merkel warf Lukaschenko staatlichen Menschenhandel vor. Die Zahl der Geflüchteten, die über Belarus und Polen nach Deutschland einreisen, steigt seit Wochen wieder an. Die direkten Nachbarländer von Belarus fordern schärfere Maßnahmen gegen das Regime von Lukaschenko, der vom Kreml protegiert wird. Neue Sanktionen werden von der EU bereits vorbereitet. Lukaschenko lässt, wie der Vorwurf aus Brüssel lautet, Ausreisewillige, vor allem aus dem Nahen und Mittleren Osten und Nordafrika, ins Land einfliegen, um sie dann zu den EU-Außengrenzen zu führen. Dort spielen sich seit Monaten dramatische Szenen ab. Und mit Polen und Litauen sind nun EU-Länder betroffen, die mit dem Thema Flüchtlinge bislang kaum direkt zu tun hatten, sich seit der Migrationskrise 2015 vielmehr sträuben, Menschen aufzunehmen. Polen und Litauen versuchen, mit Härte, Zäunen und – laut Menschenrechtsorganisationen – auch Gewalt, die Menschen in der Grenzregion zurückzudrängen.

    Steigende Energiepreise stehen weiter drohend im Raum

    Uneinigkeit bei diesem 107. Gipfel von Angela Merkel herrschte auch bei anderen Themen. So fanden die Staats- und Regierungschefs in der Nacht zu Freitag weder eine Lösung im Streit um die Unabhängigkeit der polnischen Justiz noch konnten sie sich auf gemeinsame Maßnahmen zur Dämpfung der explodierenden Energiepreise einigen. Die Diskussionen zogen sich so lange in den Abend, dass Merkels wohl letztes Gipfel-Dinner, Seebarschfilet mit Zitrusfrüchten, erst gegen 22.30 Uhr serviert wurde.

    Abschied von Merkel: "Wie Paris ohne den Eiffelturm"

    Die Würdigung der seit 16 Jahren amtierenden Kanzlerin folgte denn auch erst am Freitag, Ovationen und ultimative Lobhudeleien der Kollegen inklusive. Ratspräsident Charles Michel sagte einem EU-Diplomaten zufolge bei seiner emotionalen Ansprache, ein Gipfel ohne Merkel sei „wie Rom ohne den Vatikan oder Paris ohne den Eiffelturm“. Die EU werde ihre „Weisheit, Nüchternheit und Vermittlungsgeschick noch vermissen, besonders in schwierigen Zeiten“. Zudem lobte der Ratschef sie als „einen Kompass und eine Lichtgestalt unseres europäischen Projekts“. Der luxemburgische Premier Xavier Bettel bezeichnete Merkel als „Kompromissmaschine“: „Wenn es einfach nicht weiterging, dann hat die Angela – tack, tack, tack – was vorgeschlagen.“

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