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Bundestagswahl 2017: Wahl-Blog: Wie wir versuchten, zur AfD-Wahlparty zu kommen

Bundestagswahl 2017

Wahl-Blog: Wie wir versuchten, zur AfD-Wahlparty zu kommen

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    Vergeblich waren unsere Versuche, zur AfD-Wahlparty zu kommen.
    Vergeblich waren unsere Versuche, zur AfD-Wahlparty zu kommen. Foto: Ralf Hirschberger (dpa)

    Jetzt haben wir also die Wahl. Merkel oder Schulz? Nochmal GroKo oder lieber eine neue Regierung? In unserem Blog bietet Ihnen die Redaktion einen eher humorvollen Einblick in den Wahlkampf mit all seinen Kuriositäten.

    Bundestagswahl 2017: Der Wahlblog aus der Redaktion

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    Foto: Christian Imminger

     21. September: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Worten und Taten  liegen manchmal nicht nur Welten, sondern ganze Galaxien. Nehmen wir nur mal die AfD, die sich sehr bequem in ihrer selbstausgesuchten Opferrolle eingerichtet hat. Mit Tränen in den Augen und belegter Stimme beklagt sie sich gegenüber ihren Anhängern und Sympathisanten wortreich darüber, wie sehr sie von den Medien – in ihrer Sprache wahlweise „Systemmedien“ oder „Lügenpresse“, dabei war ihr Spitzenkandidat Alexander Gauland  selber mehr als ein Jahrzehnt Herausgeber einer Regionalzeitung, aber das nur am Rande – also wie sie von uns permanent, rund um die Uhr, Tag und Nacht, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr systematisch benachteiligt wird.

    Doch alle Versuche unsererseits, die AfD wie eine „normale“ Partei zu behandeln und mit ihr genauso umzugehen wie mit den anderen Parteien, scheitern – an der AfD, die eben nicht wie eine „normale“ Partei behandelt werden will. So waren denn auch unsere Versuche, unseren Volontär Philipp Kinne, der den Wahlsonntag im Berliner Büro sozusagen im Auge des Hurrikans miterleben darf, zur AfD-Wahlparty zu schicken, zum Scheitern verurteilt.

    Unsere freundliche Mail, mit der wir um Akkreditierung für die Wahlparty am Abend des Wahltags baten, blieb erst Tage unbeantwortet, dann erhielten wir eine schnöde Abfuhr.  „Sehr geehrte Damen und Herren, aufgrund des hohen Andrangs und der begrenzten räumlichen Kapazitäten, müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass wir Ihrem Akkreditierungswunsch für die Wahlparty der AfD nicht nachkommen können. Wir bitten vielmals um Ihr Verständnis. Mit freundlichen Grüßen, Ihre AfD-Pressestelle“, wurde uns kurz und bündig mitgeteilt.

    Wie wir inzwischen herausbekommen haben, hat die AfD am 13. September ausschließlich ausgewählte Kolleginnen und Kollegen zu ihrer Wahlparty eingeladen. Wir gehörten nicht dazu. Waren wir nicht brav genug? Haben wir nicht schön genug über die AfD geschrieben? Macht die AfD Unterschiede zwischen guter Lügenpresse und schlechter Lügenpresse? Wir wissen es nicht. Wir werden es aber wieder probieren, die AfD wie eine „normale“ Partei zu behandeln. Aber will sie das überhaupt? Der Mythos vom „Opfer“ ist einfach zu schön, um ihn aufzugeben...

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    Foto: Christian Imminger

    17. September: Nie wird so viel über Politik geredet wie vor einer Bundestagswahl. Noch spannender als mit den Kandidaten selbst zu sprechen, ist es aber manchmal, über sie zu reden. Und wenn der Gesprächspartner dann auch noch Humor hat, kann Politik richtig unterhaltsam werden. Django Asül hat definitiv Humor. Dementsprechend viel Spaß macht das Interview zum Wahlkampf mit dem niederbayerischen Kabarettisten. Darin verrät er übrigens weltexklusiv, warum die CSU den Maut- und Verkehrsminister Alexander Dobrindt wirklich in die Regierung von Angela Merkel nach Berlin entsandt hat.

    Als Fastenprediger auf dem Nockherberg hat Asül übrigens einmal über den (damals!) ebenso ehrgeizigen wie stromlinienförmigen Jungpolitiker Markus Söder gesagt, er sei der Beweis dafür, dass im Wort Generalsekretär eben auch das Wort „Sekret“ enthalten ist. An Edmund Stoiber gewandt lästerte der Humorist seinerzeit: „Wie nah Sekret und Sekretär einander sind, zeigt die Schleimspur, die Söder in Ihrem Fall hinterlässt.“ Da blieb selbst den größten Söder-Gegnern das Lachen im Halse stecken.

    Heute verstehen sich die beiden Herren übrigens trotzdem ziemlich gut. Jedes Jahr treffen sie sich beim Maibock-Anstich im Münchner Hofbräuhaus: Asül derbleckt die Prominenz und auch der Finanzminister, der das Fest veranstaltet, kann als Redner durchaus witzig sein. Der Satiriker betont jedenfalls, dass der Politiker sich extrem weiterentwickelt habe – jedenfalls humormäßig.

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    Foto: Christian Imminger

     14. September: Für uns Journalisten ist Christian Lindner ein dankbarer Gesprächspartner. Er kommt schnell auf den Punkt, wenn man ihn trifft oder anruft, spricht offen und nahezu druckreif. Eines seiner wichtigsten Themen in diesem Wahlkampf ist die Digitalisierung - und da erlebt der FDP-Chef im Gespräch mit unserer Redaktion (zum Interview) in dieser Woche eindrucksvoll, wo es noch klemmt in der Digitalwüste Deutschland.

    Er sitzt im Auto, unterwegs zum nächsten Termin, und hat die erste Frage gerade beantwortet, als es plötzlich knackst in der Leitung. Auflegen, neuer Versuch, zweite Frage. Wieder knarzt und knirscht es, aber mit etwas Mühe schaffen wir fünf, sechs Minuten, ehe die Verbindung wieder weg ist. Auflegen, neuer Versuch, nächste Frage. „Heute müssen Sie Geduld mit mir haben“, sagt Lindner, und dass er sicherheitshalber noch einmal wiederhole, was er gerade eben gesagt habe, ehe er Sekunden später schon wieder weg und die Leitung tot ist.  

    Auflegen, neuer Versuch, die letzte Frage sicherheitshalber noch einmal wiederholen. „Die Digitalisierung kann unser Leben einfacher, besser und sicherer machen“, hat Lindner vor kurzem in einem Gastbeitrag für eine Wirtschaftszeitung geschrieben. Ob er dabei auch an die vielen Aussetzer in unseren Mobilfunknetzen gedacht hat? Mal hört er uns, mal wir ihn,  bis das Gespräch nach einer knappen halben Stunde endlich auf Band ist. Oder soll man sagen: die Fragmente mehrerer, immer wieder neu begonnener Gespräche?

    Lindner selbst bleibt all dem geduldig und gelassen, und da es in den Umfragen nicht schlecht aussieht für die FDP, kann er sich in den vielen Funklöchern in diesem Wahlkampf auch viele Gedanken machen über den Zuschnitt eines neuen Ministeriums für Digitalisierung, das die FDP gerne einrichten möchte. Dass dort im Ministerbüro für alle Fälle noch ein Telefon mit Wählscheibe stehen wird, ist allerdings nur ein Gerücht. 

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    Foto: Christian Imminger

    13. September: Wenn man Spitzenpolitiker zum Interview trifft, weiß man nie so ganz genau, wie viel Zeit einem bleibt. Kann gut sein, dass die Presseleute schon nach einer halben Stunde zum ersten Mal demonstrativ auf die Uhr schauen. Dann muss man schnell die wichtigsten Fragen loswerden, bevor es zu spät ist.

    Bei Horst Seehofer ist das meistens ein bisschen anders. Wenn im Kalender des CSU-Chefs kein Anschlusstermin steht, kommt es auch mal vor, dass man sich total mit ihm verquatscht. So ging es uns am Dienstag. Wir trafen den bayerischen Ministerpräsidenten quasi in seinem zweiten Wohnzimmer: in der Münchner Staatskanzlei.

    Kritiker halten das Gebäude am Franz-Josef-Strauß-Ring (wo auch sonst?) ja für protzig. Gemessen am bajuwarischen Selbstbewusstsein kann man es aber natürlich auch als standesgemäß bezeichnen. Wie auch immer: Wir sind offenbar Seehofers letzter Termin an diesem Tag. Unter Zeitdruck steht der Hausherr jedenfalls nicht. Er wirkt geradezu tiefenentspannt – trotz mehrerer Tassen Kaffee. Je länger wir uns unterhalten, desto mehr schaltet er in den Wahlkampf-Modus, mal ganz leise, fast konspirativ, mal richtig energisch. Seehofer ist schon so lange im Geschäft. Und manchmal sieht man ihm die Strapazen auch an, die so ein Wahlkampf mit sich bringt.

    Von Amtsmüdigkeit allerdings ist bei ihm rein gar nichts nichts zu spüren. Der Mann hat noch Pläne, mögen seine potenziellen Nachfolger auch noch so sehr mit den „Hufen“ scharren. So vergehen mehr als zwei Stunden und am Ende schauen nicht Seehofers Sprecher auf die Uhr, sondern wir. Die Zeit wird jetzt knapp für unsere eigenen Anschlusstermine.

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    Foto: Christian Imminger

    13. September: Für Rainer Brüderle kommt das alles zu spät. Der frühere FDP-Spitzenkandidat verletzte sich bei einem Sturz am Rande eines Restaurantbesuchs im Juni 2013 schwer – also ausgerechnet im gerade heraufziehenden Bundestagswahlkampf: „Ich bin Opfer meiner eigenen Dynamik geworden“, klagte er nach Knochenbrüchen an Arm und Bein. Nico Semsrott hätte dem chronisch hyperaktiven Liberalen dieses Schicksal ersparen können. Schließlich gilt der Kabarettist und Berliner Spitzenkandidat der Liste Die Partei als genialer „Demotivationstrainer“. Doch auch nach dem Ende der politischen Karriere Brüderles gehen Semsrott die Klienten nicht aus. Ganz im Gegenteil: Denn der Stratege hat eine wachsende Gruppe unter den potenziellen Wählern fest im Blick. Genau genommen diejenigen, denen es schlicht gleichgültig ist, wer ins Parlament einzieht. „Wenn es euch egal ist, wer im Bundestag sitzt, wäre es dann nicht schön, von jemandem vertreten zu werden, dem es egal ist, dass er im Bundestag sitzt?“ Nicht zuletzt wegen dieses griffigen Credos genießt der Wahlspott von Die Partei Kultstatus.

    Weit weniger kultverdächtig sind die meisten Wahlplakate, die derzeit die Laternenmasten an den Ausfallstraßen unserer Städte umklammern. Doch unter den wenigen Plakaten, die nicht von der offensichtlich traumhaft reichen Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) stammen, gibt es immer wieder Hingucker. Sofort ins Auge fällt der seltsame Kontrast, den die Wahlwerbung für die Augsburger SPD-Kandidatin Ulrike Bahrentfaltet. „Die Rente muss reichen“ – ein Satz, der nur schwer mit dem freundlichen Lächeln der Politikerin in Einklang zu bringen ist.

    Schließlich kennt fast jeder aus seiner Kindheit den strengen Blick des Vaters, der aufreizend langsam, aber mit unmissverständlicher Betonung knurrte: „Das Taschengeld MUSS reichen.“ Der Papa wollte damit mitnichten zum Ausdruck bringen, dass die paar elterlichen Kröten ein schlechter Witz sind, angesichts der rapide steigenden Preise für Schoko-Zigaretten oder Klebe-Tattoos. Die Ansage war vielmehr: Es gibt nicht mehr, du bekommst schon jetzt viel zu viel.

    Rente, Steuern, Armut, Terrorismus, Rüstung, Pkw-Maut für Ausländer – alles Randthemen. Und zwar derart randständig, dass sie in den zu erwartenden Koalitionsverhandlungen nach dem 24. September vielleicht gar keine Rolle spielen werden. Jedenfalls dann nicht, wenn die „Partei für Gesundheitsforschung“ ihren eigenen Ansprüchen gerecht wird und nach der Wahl im Bundestag ein Wörtchen mitzureden hat.

    Für dann anstehende Verhandlungen lässt die Gruppierung in ihrem Programm schon mal ausrichten: „Wir überlassen die anderen politischen Themen [sprich, alles was nichts mit Gesundheitsforschung zu tun hat; Anm. der Redaktion] bei einer Regierungsbildung den Koalitionspartnern.“ Der Reflex der Volksparteien, sich angesichts eines solchen Blankoschecks bequem zurückzulehnen, könnte geradewegs ins Verderben führen. Denn wenn es um mehr Geld für die Bekämpfung der Geißeln des Alters wie Demenz, Krebs oder Herz-Kreislauf-Probleme geht, dürften die ansonsten völlig desinteressierten Newcomer zu knallharten Verhandlungspartnern mutieren. Ist dieser Ansatz nicht etwas zu monothematisch? „Nein“, sagt die bayerische Spitzenkandidatin der Partei, Christine Keller. Denn: „Was nützt die zuverlässigste Rente, wenn man nicht gesund ist?“

    Eine Frage, auf die eine schlagfertige Antwort schwerfällt. Außer vielleicht: Was nützt Gesundheit, wenn es keine Rente, hohe Steuern, allgegenwärtige Armut, Terror an jeder Ecke und dann auch noch die überbordenden Verwaltungskosten für die Ausländer-Pkw-Maut gibt?

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    Foto: Christian Imminger

    7. September: Als Journalist ist es schwer, zu Wahlkampfzeiten nicht regelmäßig auf Politiker zu treffen. Die Gespräche sind oft interessant, gelegentlich ermüdend und bieten einen guten Blick auf den Menschen hinter dem Politiker. Ein paar kurze Beobachtungen aus den vergangenen Tagen:

    Die grüne Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt kam begleitet von zwei Referenten in die Redaktion. Sie ist nicht so langweilig, wie ihr oft vorgeworfen wird. Nein, sie hat Witz, Professionalität und erklärt ihre grüne Politik so, dass eine schwarz-grüne Bundesregierung denkbar scheint.

    Der CSU-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Joachim Herrmann, beeindruckt durch ein unglaublich lautes Sprachorgan. Beim Interview im Bierzelt braucht er eigentlich kein Mikrofon, so sehr dröhnt seine Stimme. Gleich vier Sicherheitsexperten geben auf ihn Acht. Herrmann gilt als gefährdet. Neben seiner kräftigen Stimme fällt sein guter Appetit auf. Im Festzelt von Binswanger & Kempter auf dem Augsburger Plärrer vertilgt er Brezn mit Obatzda, Ente mit Blaukraut und ein Apfelküchle. Man wünscht ihm, dass er nach der Wahl in Bayern bleiben darf. Das Bierzelt ist seine Arena.

    Der Augsburger CSU-Bundestagsabgeordnete Volker Ullrichwar gemeinsam mit Herrmann in dem Bierzelt. Sicherheitsleute braucht er nicht. Er isst wenig, trinkt Kaffee. Was auffällt: Ihn verfolgt ein Fotograf wie ein Schatten. Wo Ullrich steht, macht es klick.

    Bundesentwicklungshilfeminister Gerd Müller steht plötzlich zum Termin in der Redaktionstür. Alleine. Keine Referenten, kein Gefolge, wie man es von Ministern kennt. Der CSU-Mann wirkt bescheiden. Er beeindruckt durch seine Leidenschaft für Afrika und viel Sachkenntnis. Senegal, Tunesien, Nigeria - Müller kennt die Probleme im Detail. Man hat das Gefühl: Ein paar mehr Müllers in der europäischen Entwicklungshilfepolitik und es würden zumindest einige Ursachen beseitigt, die Flüchtlinge nach Europa treiben.

    Nochmal Volker Ullrich. Der Augsburger besucht am Morgen nach der Bierzeltveranstaltung eine Tagung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft in Augsburg. Als Teilnehmer der Podiumsdiskussion ist er bestens informiert. In seinem Schlepptau bewegt sich wieder der Fotograf. Er lichtet Ullrich mit wechselnden Gesprächspartnern ab. Auf Nachfrage stellt sich heraus: Ullrich hat ihn im Wahlkampf engagiert. Der Bundestagsabgeordnete leistet sich einen eigenen Fotografen zur optimierten Selbstdarstellung.

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    Foto: Christian Imminger

    5. September: Die Beliebtheit von Straßenwahlkämpfern hängt ja in erster Linie davon ab, was sie dem Wähler zu bieten haben. Nein, nicht programmatisch. Eher so Fanartikel-mäßig. Im FDP-Shop zum Beispiel gibt es zwar entgegen aller bösen Gerüchte nicht das neue Parfum C&L von Christian Lindner, dafür aber total hippe Warnwesten. Vor wem da gewarnt wird, konnten wir bislang nicht herausfinden. Die Grünen verteilen Luftballons am „Öko-Faden“ (kein Witz). Die CSU bringt grüne (!) Äpfel unters Volk. Und die Alternative für Deutschland peilt offenbar den Sprung über die Fünf-Promille-Hürde an und wirbt auf der Rückseite eines Bierdeckels um neue Mitglieder.

    Mein persönliches Lieblings-Ding dieses Wahlkampfes gibt es übrigens bislang in keinem Partei-Shop: Mit dem „Populisten-Quartett“ kann man 32 Volksversteher aus aller Welt gegeneinander ausspielen. Die Partie ist beendet, wenn ein Spieler gleichzeitig Erdogan, Trump und Putin („Dreister Drilling“) oder vier AfD-Politiker („Völkischer Vierer“) auf der Hand hat und laut „Putsch“ ruft. Dieses Spiel hilft garantiert gegen jede Form der Wahlmüdigkeit. Manchmal ist Humor eben das einzige, was noch hilft.

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    Foto: Christian Imminger

    3. September: Das mit diesen Fernseh-Duellen und dem modernen Fünfkampf um den dritten Platz ist ja ganz nett, aber mal ehrlich: Die Wahrheit liegt doch auf dem Platz, also auf der Straße. Dort, wo sich wackere Wahlkämpfer in diesen Tagen in bunten Outdoor-Jacken von Haustüre zu Haustüre kämpfen, um die Sache mit den Zweitstimmen zu erklären. Und damit da auch ja nichts schief geht, gibt die SPD ihren Leuten sicherheitshalber einen Wahlkampf-Knigge mit.

    Erstes Gebot: „Wir klingeln nicht bei Dunkelheit!“ Schließlich will man nicht mit einem Dämmerungs-Einbrecher verwechselt werden. Auch wichtig: „Bummel nicht rum!“ Spätestens nach drei Minuten sollte das Gespräch vorbei sein. Je nachdem, an wen man gerät, kann die Tür natürlich auch schon nach drei Sekunden zuknallen. Deshalb sollen die Schulzianer unbedingt vorher das „Revier checken“. Also Hochhaussiedlung statt Bonzenviertel. Dort würde man sich eh nur mit den „Mitbewerbern“ in die Quere kommen.

    Die CDU trainiert ihre Stimmenfänger übrigens am Computer auf den Nahkampf mit dem Wähler. Sie können an drei verschiedenen virtuellen Haustüren klopfen und üben: Wer Pech hat, landet direkt beim „Wutbürger“. Besser wäre da schon der „Unentschlossene“ – da ist immerhin noch nicht alles verloren. Und wenn es richtig gut läuft, macht sogar ein „CDU-Affiner“ im Angie-Pulli auf.

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    Foto: Christian Imminger

    1. September: Eine kuriose Geschichte hat sich dieser Tage im Saarland zugetragen. Dort hat ein Politiker der rechtsextremen NPD gezeigt, wohin die Angst vor der Islamisierung des Abendlandes führen kann. Der Mann greift nach der Macht in der alten Bergbaustadt Völklingen – und reagierte recht humorlos auf die Scherz-Frage, was er davon halte, dass immer mehr Deutsche ihre Häuser mit arabischen Ziffern kennzeichnen. „Da warten Sie ab, bis ich Oberbürgermeister bin. Da werde ich das ändern, da werden noch mal normale Zahlen drankommen!“ Nun ja. Was ist schon normal?

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    Foto: Christian Imminger

    31. August: Macht Angela Merkel tatsächlich Wahlwerbung mit einem alten DDR-Slogan? Seit Tagen geistert jedenfalls ein angebliches Beweisfoto durch das Internet. In den 80ern soll das Regime in Ost-Berlin mit dem Slogan "Für ein Land, in dem wir gut und gerne leben" zum SED-Parteitag eingeladen haben - also fast exakt mit dem Spruch der CDU im aktuellen Wahlkampf.

    Na also, da haben wir es doch wieder, schnappatmet die Merkel-muss-weg-Fraktion. Die Frau aus dem Osten kann ihre Vergangenheit eben nicht verleugnen. Heißt es. Die Sache hat nur einen Haken: Das SED-Plakat ist eine Fälschung.

    Nicht gefälscht und doch irgendwie falsch sind die Aufsteller, die in Heidelberg auftauchten. Da verspricht die SPD-Politikerin Anke Rehlinger aus unerfindlichen Gründen Stabilität. Für das Saarland! Haben die fleißigen Jusos beim Aufstellen etwa alte Motive erwischt? Nein, die Sache ist sogar noch kurioser: Die Leih-Plakatwände hat ausgerechnet die CDU heranschaffen lassen. Dummerweise schaute die engagierte Firma nicht so genau hin, wer vorne drauf ist.

    So etwas würde Christian Lindner sicher nie passieren. Seine Plakate sind so stylish, so perfekt, dass der FDP-Chef ein ganz anderes Problem hat. Immer wieder werden sie zu Werbung für Parfüm, Mode oder sogar für eine Partnerbörse umdekoriert. Der spöttische Slogan: "Alle 11 Minuten verliebt sich ein Liberaler in sich selbst."

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