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Interview: CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich kündigt Härte bei Asylpolitik an

Interview

CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich kündigt Härte bei Asylpolitik an

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    Hans-Peter Friedrich: „Neuwahlen wären ein Versagen der gesamten politischen Klasse.“ 
    Hans-Peter Friedrich: „Neuwahlen wären ein Versagen der gesamten politischen Klasse.“  Foto: Ulrich Wagner

    Herr Friedrich. Mal ehrlich: Glauben Sie noch an eine Große Koalition?

    Hans-Peter Friedrich: Wenn man an die Vernunft und an das Verantwortungsgefühl der Parteien glaubt, muss man auch an eine Große Koalition glauben. Nur sie bürgt in der gegenwärtigen Situation für sichere Verhältnisse. Ich bin optimistisch, dass es gelingt. Aber sicher bin ich mir nicht.

    Mit Ihrem Plädoyer, die Sozialleistungen für Flüchtlinge zu kürzen, hat die CSU den Preis für die SPD weiter in die Höhe getrieben. Dazu noch Ihre Absage an die Bürgerversicherung: Warum sollten die Sozialdemokraten da noch einschlagen?

    Friedrich: Wir formulieren unsere Positionen nicht mit der Schere im Kopf – nach dem Motto: Was könnte den Sozis gefallen und was nicht. Wir sagen, was wir als CSU für richtig halten, und gehen damit dann in Koalitionsverhandlungen.

    Wenn Sie Sozialleistungen kürzen: Schaffen Sie damit nicht einen Anreiz, schwarzzuarbeiten oder gar kriminell zu werden? Arbeitsmarktforscher behaupten das zumindest.

    Friedrich: Diesen Vorwurf akzeptiere ich nicht. Wir bieten Menschen, die aus ihrem Land geflohen sind, Schutz, wir geben ihnen Essen, Kleidung und ein Dach über dem Kopf. Für einen Sozialstaat wie unseren ist das angemessen, keine Frage. Darüber hinaus aber muss man nicht gehen. Warum wollen die Zuwanderer am liebsten nach Deutschland kommen? Weil die Sozialleistungen im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch sind. Wenn wir daran etwas ändern wollen, dann können wir nicht verlangen, dass unsere europäischen Nachbarn ihre Leistungen auf unser Niveau erhöhen, sondern wir müssen unsere Leistungen senken.

    Auch gegen Ihre Forderung, verpflichtende Alterstests für Flüchtlinge einzuführen, regt sich heftiger Widerstand. Was sagt der Jurist Friedrich zum Vorwurf, der Staat greife damit in die Persönlichkeitsrechte ein? Niemand müsse sich ohne Not röntgen lassen.

    Friedrich: Das kommt darauf an, wie man die Sache gesetzlich regelt. Ich finde den Vorschlag des grünen Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer sehr interessant: Wer nicht nachweisen kann oder durch eine Untersuchung nicht belegen will, dass er unter 18 Jahre alt ist, wird als Erwachsener behandelt. Dann kann jeder selbst entscheiden, wie er den Beweis erbringen will.

    Sie waren selbst Innenminister. Entgleitet dem Staat die Kontrolle, wenn an Silvester Schutzzonen für Frauen eingerichtet werden, Salafisten immer größeren Zulauf haben und junge Migranten zu Mördern werden?

    Friedrich: Ich habe schon 2015 gesagt, dass wir die Kontrolle verloren haben. Seitdem versuchen wir, diese Kontrolle Stück für Stück zurückzugewinnen. Wie schwierig das ist, sieht man am Beispiel der Schutzzonen, die in Berlin oder Köln nötig waren. Umso sinnvoller wäre es, dass wir schon an unseren Grenzen kontrollieren. Dort brauchen wir Aufnahmezentren. Dort müssen wir entscheiden, wer kommen darf und wer nicht. Und von dort aus muss dann auch abgeschoben werden.

    Eines der umstrittensten Themen zwischen Union und SPD ist der Familiennachzug. Können Sie ihn überhaupt noch bremsen? Auch in der CDU ist schon von einer großzügigeren Härtefallregelung anstelle des gegenwärtigen Verbots die Rede.

    Friedrich: Man muss immer so flexibel sein, dass man Härtefälle auch lösen kann. Grundsätzlich aber gilt: Wer nur subsidiären Schutz hat, wer also nur vorübergehend hierbleiben darf und so schnell wie möglich wieder gehen soll, der kann seine Familie nicht nachkommen lassen. An diesem Prinzip müssen wir auf jeden Fall festhalten, wenn wir uns mit der Integration der Zuwanderer nicht übernehmen wollen.

    Und wenn Union und SPD doch nicht zusammenkommen – lieber eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen?

    Friedrich: Neuwahlen wären ein Versagen der gesamten politischen Klasse, ein Armutszeugnis für uns alle. Das geht überhaupt nicht. Auf der anderen Seite würde eine Minderheitsregierung viele Probleme mit sich bringen und unsere Position vor allem in internationalen Verhandlungen schwächen.

    Hat Angela Merkel noch die Kraft und die Autorität, eine Große Koalition zustande zu bringen?

    Friedrich: Man kann ihre schwindenden Umfragewerte nicht ignorieren, aber wenn es eine Große Koalition gibt, wird sie deren Kanzlerin sein.

    Österreich hat deutlich schneller eine neue Regierung bekommen und mit ihr auch eine deutlich restriktivere Flüchtlingspolitik. Setzt der neue Regierungschef Sebastian Kurz dort durch, worüber die CSU in Deutschland nur redet?

    Friedrich: Ohne verbissen zu sein, ohne ausfällig zu werden, ohne jede Schärfe im Ton macht er eine Politik, die dem gesunden Menschenverstand folgt. Das ist sein Erfolgsgeheimnis und das wünsche ich mir auch für Deutschland: weniger Ideologie und mehr pragmatische Vernunft.

    Zur Person: Hans-Peter Friedrich ist seit Oktober Vizepräsident des Bundestages. Der CSU-Mann aus Oberfranken, der in Augsburg Jura studiert und promoviert hat, gehört dem Parlament seit 1998 an. Er war Vorsitzender der CSU-Landesgruppe, Innenminister und vor seinem Rücktritt im Sog der Edathy-Affäre kurze Zeit Agrarminister. Der 60-Jährige ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

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