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Der Wulff-Prozess: Christian Wulff: Zehn Fakten, die Sie zum Prozess wissen müssen

Der Wulff-Prozess

Christian Wulff: Zehn Fakten, die Sie zum Prozess wissen müssen

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    Christian Wulff muss vor Gericht. Es geht um den Verdacht der Vorteilsnahme. Der frühere Bundespräsident hat sich nach Ansicht der Staatsanwälte in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident korrupt verhalten.
    Christian Wulff muss vor Gericht. Es geht um den Verdacht der Vorteilsnahme. Der frühere Bundespräsident hat sich nach Ansicht der Staatsanwälte in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident korrupt verhalten. Foto: Frank May (dpa)

    Warum steht Christian Wulff vor Gericht?

    Es geht um den Verdacht der Vorteilsnahme. Der 54-Jährige hat sich nach Ansicht der Staatsanwälte in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident korrupt verhalten. 700 Euro soll der Filmproduzent David Groenewold für ihn bezahlt haben, als Wulff 2008 mit seiner Frau das Oktoberfest in München besuchte. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Groenewold Wulff damit motivieren wollte, für eines seiner Filmprojekte bei Siemens um Geld zu werben. Das tat Wulff etwa zweieinhalb Monate später.

    Was wirft man David Groenewold vor?

    Groenewold sitzt wegen Vorteilsgewährung mit auf der Anklagebank.

    Welche Strafe droht Wulff?

    Der Straftatbestand der Vorteilsannahme ist in Paragraf 331 des Strafgesetzbuches geregelt. Dort heißt es: "Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

    Was sagt Wulff zu der Anklage?

    Wulff wusste nach eigenen Angaben nichts davon, dass sein Freund unter anderem teilweise das Hotel für ihn bezahlte. Nach Abschluss der Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft ihm angeboten, das Verfahren gegen 20 000 Euro Geldauflage einzustellen. Groenewold hätte 30 000 Euro zahlen sollen. Beide lehnten das ab. Wulffs Medienanwalt Gernot Lehr sagte vor Prozessbeginn, der ehemalige Präsident vertraue auf das rechtsstaatliche Verfahren.

    Wer verteidigt Christian Wulff?

    Chronologie der Affäre Wulff

    25. Oktober 2008: Christian Wulff, damals Ministerpräsident von Niedersachsen, bekommt von der Unternehmergattin Edith Geerkens einen Privatkredit über 500.000 Euro zum Kauf eines Hauses.

    18. Februar 2010: Wulff antwortet auf eine mündliche Anfrage im niedersächsischen Landtag, dass es zwischen ihm und dem Unternehmer Egon Geerkens in den vergangenen zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben habe.

    12. Dezember 2011: Wulff versucht, Bild-Chefredakteur Kai Diekmann zu erreichen, um einen Bericht zur Finanzierung seines Privathauses zu verhindern oder zu verschieben. Auf der Mailbox droht er "Krieg" mit Springer an, falls die Geschichte erscheint.

    13. Dezember: Die "Bild"-Zeitung berichtet erstmals über Wulffs Hauskauf-Finanzierung.

    14. Dezember 2011: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht Wulff ihr Vertrauen aus.

    15. Dezember 2011: Der Bundespräsident bricht sein Schweigen: "Ich erkenne an, dass hier ein falscher Eindruck entstehen konnte. Ich bedauere das", heißt es in einer Mitteilung. In der Sache habe er nichts zu verbergen.

    19. Dezember 2011: Wulffs Anwalt legt Unterlagen zum Kredit und eine Liste mit Urlauben vor, die sein Mandant als Regierungschef bei befreundeten Unternehmern verbracht hat. Zudem wird bekannt, dass der Unternehmer Carsten Maschmeyer 2007 im niedersächsischen Landtagswahlkampf eine Anzeigenkampagne für ein Interview-Buch mit Wulff bezahlt hat.

    20. Dezember 2011: Wulffs Anwalt betont, sein Mandant habe von den Zahlungen nichts gewusst.

    22. Dezember: Der Bundespräsident entschuldigt sich öffentlich für die entstandenen Irritationen. Zugleich entlässt er seinen Sprecher Olaf Glaeseker.

    2. Januar 2012: Bei der Staatsanwaltschaft in Hannover gehen elf weitere Strafanzeigen gegen Wulff ein. Die Zahl der Strafanzeigen gegen Wulff liegt nun bei insgesamt 20.

    4. Januar 2012: Wulff gibt ARD und ZDF ein Interview, in dem er den Anruf bei Diekmann als «schweren Fehler» bezeichnet und volle Transparenz bei allen Fragen ankündigt. Am Folgetag veröffentlicht sein Anwalt aber nur eine zusammenfassende Stellungnahme.

    19. Januar 2012: Wegen Korruptionsverdachts lässt die Staatsanwaltschaft Haus und Büros von Wulffs entlassenem Sprecher Olaf Glaeseker durchsuchen. Die Fahnder verschaffen sich auch Zugang zu Räumlichkeiten des Eventmanagers Manfred Schmidt, der zu Wulffs Zeit in Niedersachsen enge Kontakte zur Staatskanzlei in Hannover gehabt haben soll.

    16. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Immunität des Bundespräsidenten aufzuheben, um gegen ihn ermitteln zu können.

    17. Februar 2012: Christian Wulff tritt zurück.

    18. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft nimmt die Ermittlungen gegen Wulff wegen des Verdachts der Vorteilsnahme, bzw. Vorteilsgewährung auf.

    29. Februar 2012: Das Bundespräsidialamt teilt mit, dass Christian Wulff den Ehrensold bekomme - jährlich rund 200.000 Euro bis an sein Lebensende.

    9. März 2012: Wulff wird mit dem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr in Berlin verabschiedet. Die Feier wird von Protest begleitet.

    9. Oktober 2012: Die Flitterwochen des damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff und dessen Frau Bettina im italienischen Haus eines Versicherungsmanagers rechtfertigen keine Ermittlungen wegen Vorteilsnahme im Amt. Das teilt die Staatsanwaltschaft Hannover mit.

    9. April 2013: Wulff lehnt ein Angebot der Staatsanwaltschaft ab, die Korruptionsermittlungen gegen Zahlung von 20 000 Euro einzustellen.

    12. April 2013: Die Staatsanwaltschaft Hannover erhebt gegen Wulff Anklage. Auch der Filmmanager David Groenewold wird angeklagt.

    14. November 2013: Der Prozess gegen Wulff wegen Vorteilsnahme beginnt. Es geht um rund 700 Euro, die Groenewold für Wulff gezahlt haben soll - angeblich, damit dieser sich im Gegenzug für ein Filmprojekt Groenewolds engagiert.

    9. Dezember: Der Prozess gegen Wulffs ehemaligen Pressesprecher, Olaf Glaeseker, beginnt ebenfalls in Hannover. Glaeseker geht auf Distanz zu seinem ehemaligen Chef.

    19. Dezember: Der Richter Frank Rosenow regt an, den Wulff-Prozess im Januar einzustellen. Der Grund: Mangelnde strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe. Wulff selbst ist aber gegen die Einstellung des Verfahrens.

    27. Februar 2014: Christian Wulff wird in seinem Korruptionsprozess freigesprochen und damit vom Vorwurf der Vorteilsannahme entlastet. (dpa)

    Bernd Müssig und Michael Nagel. Der 52 Jahre alte Müssig lehrt neben seiner Tätigkeit als Anwalt als Professor an der Uni Bonn. Müssig hat nicht nur Christian Wulff als prominenten Mandanten: Für Max Strauß holte er in zweiter Instanz einen Freispruch heraus, als dieser sich in einem Steuer-Strafprozesses wegen Geldzahlungen von Rüstungslobbyist Karlheinz Schreiber verantworten musste.  Verteidiger Michael Nagel aus Hannover ist seit knapp 20 Jahren als Anwalt tätig. Der Jurist Nagel lehrt wie sein Co-Verteidiger Müssig auch an der Uni, er ist Honorarprofessor in Hannover.

    Wie lange wird der Wulff-Prozess dauern?

    Das Gericht hat für das Verfahren 22 Verhandlungstage bis Anfang April 2014 angesetzt.

    Wer wird im Prozess als Zeuge gehört?

    Insgesamt sind 46 Zeugen sind geladen, darunter eine prominente Schauspielerin und ein Verleger aus München. Die Zeugennamen will aber keiner der Verfahrensbeteiligten vorher offiziell nennen, zumal offen ist, ob wirklich alle gehört werden.

    Wie leitet den Prozess gegen Christian Wulff?

    Christian Wulffs Kredit-Affäre und der legendäre Anruf: Bundespräsident Wulff gerät wegen eines verheimlichten Privatkredits Ende 2011 in die Schlagzeilen. Anfang 2012 wird bekannt, dass Wulff mehrere Reportern mit "Krieg" gedroht habe, sollten sie über die Affäre berichten. Sein wütender Anruf bei Bild-Chaf Kai Diekmann wurde nicht nur zum Politikum, sondern auch zum Ziel von Häme und Spott.
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    Richter Frank Rosenow. Er ist wie Wulff 1959 geboren, seit 1990 im Justizdienst des  Landes Niedersachsen, verheiratet, er hat einen erwachsenen Sohn.  Seine Verhandlungsführung gilt als freundlich aber bestimmt. Als Vorsitzender Richter  einer Großen Strafkammer am mit Abstand größten niedersächsischen  Landgericht beschäftigt er sich mit der ganzen Palette der Schwerkriminalität.

    Was ist mit all den anderen Vorwürfen gegen Wulff?

    Die ersten Berichte über Vergünstigungen für den früheren CDU-Politiker kamen im Dezember 2011 auf. Als die Liste der Vorwürfe immer länger wurde, beantragte die Staatsanwaltschaft Hannover im Februar 2012 die Aufhebung der Immunität Wulffs als Bundespräsident. Das führte einen Tag später zu seinem Rücktritt.

    Im Zuge der Untersuchungen der Justiz stellte sich heraus, dass fast alle Vorwürfe strafrechtlich bedeutungslos waren. Ermittelt wurde unter anderem wegen der Urlaube Wulffs, auch in Auslands-Immobilien von ihm bekannten Unternehmern, wegen eines günstigen Kredits für seinen Hauskauf und kostenloser Flug-Upgrades.

    Würde Wulff eine Verurteilung akzeptieren? 

    Wohl kaum. Wulffs Anwälte sagten vor einigen Wochen einen Satz, der umgekehrt  auch für die Ankläger gelten könnte: Das Ergebnis des Prozesses ist  für Wulff - und wohl auch für die Staatsanwaltschaft - in erster  Linie eine Frage der Ehre. Weswegen Richter Rosenow vorsichtig und  bedächtig agieren muss: Wer unterliegt, wird die Revision des Urteils anstreben. AZ, dpa, afp

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