
Darum verliert der Corona-Inzidenzwert an Bedeutung

Sogar die Kanzlerin verweist auf die geänderte Lage. Krankenhäuser sollen statt dessen ab sofort detaillierte Daten über Patienten sammeln.
Die Zahlen sind noch einstellig, doch die Tendenz ist klar: Es geht wieder nach oben mit den Corona-Neuinfektionen. Seit einer Woche schon steigt die 7-Tage-Inzidenz jeden Tag an. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts lag sie am Dienstag bei 6,5. Genau eine Woche zuvor betrug der Wert 4,9. In Bayern hat den höchsten Inzidenzwert der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen mit 24, 2. Zum Vergleich: In Großbritannien liegt der Inzidenzwert wegen der schnellen Ausbreitung der Delta-Variante inzwischen bei 333, in Zypern bei 713, in den den Niederlanden bei 265. Das lässt zwar auch die Sorgen der Regierungen wachsen, dennoch geht keines der Länder in den strengen Lockdown zurück. Auch in Deutschland mehren sich die Stimmen, die vor einem zu starken Fokus auf den Inzidenzwert warnen. Grund für die veränderte Einschätzung ist der Impffortschritt, vor allem in den Risikogruppen. Mediziner erwarten daher bei gleicher Inzidenz viel weniger Corona-Patienten in den Kliniken.
„Mit steigenden Impfquoten entkoppeln sich die Inzidenzen auch immer weiter von medizinisch relevanten Größen wie Sterblichkeit und Krankenhauseinweisungen“, sagt Christoph Rothe, Leiter des Lehrstuhls für Statistik der Universität Mannheim. Dieser Effekt sei gerade in England zu beobachten, wo stark steigende Infektionszahlen aktuell mit einem vergleichsweise niedrigen Anstieg von Krankenhausbelegungen und Sterbefällen einhergehen. „Von daher erscheint es auch in Deutschland sinnvoll, künftig detailliertere Daten aus Krankenhäusern bei der Beurteilung der pandemischen Lage zu berücksichtigen“, sagt Rothe.
Er begrüßt daher den Vorstoß des Gesundheitsministeriums, künftig auch detaillierte Hintergründe aus den Krankenhäusern einfließen zu lassen, um die pandemische Lage zu beurteilen und gegenzusteuern. Die Daten, die ab sofort gesammelt werden müssen, sollen nach Angaben des Ministeriums unter anderem auch Aufschluss geben, wie viele der Krankenhaus-Patienten vorher geimpft waren. Denn bisher sei die Annahme, dass der Inzidenzwert durch die Impfungen an Aussagekraft verliere, nur eine Annahme, warnt das Gesundheitsministerium.
Merkel: "Die Inzidenz bleibt wichtig"
„Wir werden in Zukunft wahrscheinlich verschiedene Messinstrumente kombinieren“, sagt Gernot Marx, Vorsitzender der Deutschen Intensivmediziner. „Die 7-Tage-Inzidenz, die Schwerpunkte des Ausbruchsgeschehens, wichtig bleibt der R-Wert und natürlich die Neuaufnahmen in den Krankenhäusern und vor allem auf den Intensivstationen. Wenn wir all diese Daten sehr sorgfältig verfolgen, erkennen wir, wann der Zeitpunkt gekommen ist, um gegebenenfalls wieder Gegenmaßnahmen zu ergreifen.“ Denn wenn die Zahl der Infizierten insgesamt sehr stark wachse und alle Maßnahmen fallen gelassen werden, sei die Gefahr groß, dass es wieder eine hohe absolute Zahl von Schwerkranken geben wird.
Auch Kanzlerin Angela Merkel stellt klar: Das Impfen hat die Gesamtrechnung verändert. „Die Inzidenz bleibt wichtig“, sagt Merkel, doch deren Aussagekraft schwäche sich durch die gute Wirksamkeit der Vakzine ab. Zur Bewältigung der Pandemie ohne die Gefahr überlasteter Intensivstationen sei allerdings eine Impfquote von mindestens 85 Prozent der Zwölf- bis 59-Jährigen nötig. Bei den über 60-Jährigen müssten sogar rund 90 Prozent geimpft sein. „Von diesen Impfquoten sind wir noch weit entfernt“, sagt die Kanzlerin. „Wir sind auf einander angewiesen. Niemand ist für sich allein geschützt“, sagt sie.
Die Diskussion ist geschlossen.
Interessante Info gestern im TV: 10% derer die Covid hatten werden sog. Long-Covid-Patienten. Aktuell wären das so ungefähr 300.000-400.000 in Deutschland. Long-Covid kann, muß aber nicht, lebenslang bedeuten.
Infektion bleibt Infektion und das Virus wird weitergetragen und auch, wer nicht auf der Intensivstation landet, kann durch Spätfolgen lange an einer Erkrankung leiden. Welche Messwerte gelten, ist mir egal, diese Diskussion ist mal wieder überflüssig wie ein Kropf. Es wäre nach wie vor wichtig, dass Ansteckung so gut wie möglich unterbunden wird, damit das Virus nicht wie eine ewig eiternde Wunde herumgeistert. Es sollte unser aller Ansinnen sein, das Virus so weit wie möglich runterzufahren, statt Stadien, Baggerseen, Konzertsäle und Kneipen zu füllen.
Jeder, der sich schützen lassen möchte, kann sich impfen, Masken tragen, Kontakte vermeiden usw. (Eigenverantwortung). Die wirklich vulnerablen Gruppen sind geimpft, sollten daher vor schweren Verläufen weitgehend geschützt sein*, und mittlerweile weiß man, wie man Eintragungen in sensible Bereiche wie Pflegeheime oder Kliniken reduzieren kann (z. B. Schnelltests).
*) mittlerweile kommt offensichtlich auch die Politik zur Einsicht, dass es eine sterile Immunität nicht geben wird, d. h. auch Geimpfte können sich (wieder) infizieren und damit auch das Virus u. U. wieder weitertragen. Somit heißt es im Zusammenhang mit der Impfung derzeit nur noch "Schutz vor schweren Verläufen". Damit ist auch das Konzept der Herdenimmunität fraglich. Letztendlich geht es nur darum - wie bei vielen anderen Impfungen auch - sich selbst zu schützen und nicht die anderen...
Diejenigen, die ein Infektionsrisiko eingehen wollen oder können, sollten das in einer freien Welt auch tun dürfen. Und wir sprechen immer von einem Infektionsrisiko, denn automatisch wird man trotz Nähe zu einem Spreader nicht infiziert, da spielen ganz viele Faktoren eine Rolle (nicht umsonst sind von den über 65 Mio PCR-Tests, die bisher in Deutschland durchgeführt worden sind, nur zwischen 6 und 7 % positiv ausgefallen (ca. 4,2 Mio; davon sind wiederum ca. 1,8 % bzw. 78,6 Tsd. in Zusammenhang mit Corona verstorben, davon - nach Auswertung von DESTATIS - ca. 83 % ursächlich an, und 17 % mit Corona, d. h. an einem anderen Grundleiden).
Mit Ausnahme von Bayern ("Jedermanntest") gelten in Deutschland entsprechende vom RKI festgelegte Testkritierien (Symtpome, Nähe zu Erkrankten bzw. Kontaktpersonen), d. h. trotz intensiven Testens, fand man über die gesamte Pandemi betrachtet nur in jedem 6. bis 7. von 100 Tests einen positiven Fall. Ob dieser dann auch wirklich infiziert ist, also krank (symptomatisch) steht auf einem anderen Blatt. Zumindest sollten 9 von 10 Erwachsenen eine irgendwie geartete Symptomatik haben.
Viele Leute wollen wieder Freiheiten oder auch ihrem Beruf nachgehen (z. B. in der Veranstaltungsbranche). Mit dem heutigen Wissen nach über 1 1/2 Jahren Pandemie und einer entsprechend realistischen Risikoabwägung bzw. -einschätzung sollte das jetzt doch möglich sein. Und Freiheit heißt nicht automatisch Unvernunft!
Zuerst lies man verlauten, dass für Erleichterungen ein Inzidenzwert unter 50 angestrebt wird. Dann lag das Ziel bei Werten unter 35. Nun haben wir schon seit einiger Zeit Werte im einstelligen Bereich und jetzt kommen die Regierenden mit neuen Forderungen. Mich beschleicht so langsam das Gefühl, dass immer wieder neue, noch weniger zu erfüllende Forderungen vorgeschoben werden, nur damit die Zwangsmassnahmen weiterhin aufrecht erhalten werden können, damit das Volk weiterhin geknechtet werden kann.
Honi soit qui mal y pense...