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Kanada: Der Abstieg des einstigen Superstars Justin Trudeau

Kanada

Der Abstieg des einstigen Superstars Justin Trudeau

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    Justin Trudeau steht kurz vor der Wahl in Kanada unter Druck.
    Justin Trudeau steht kurz vor der Wahl in Kanada unter Druck. Foto: Frank Gunn, dpa

    Erst ging sein langjähriger Freund, Chefsekretär und Berater Gerald Butts. Dann trat Veteranenministerin Jody Wilson-Raybould zurück. Nun wirft die für Finanzen zuständige Jane Philpott das Handtuch: In der Korruptions- und Schmiergeldaffäre um mutmaßlich unterdrückte Ermittlungen gegen eine Ingenieurfirma verliert Kanadas Premierminister Justin Trudeau den Rückhalt in den eigenen Reihen. Sieben Monate vor den Wahlen erlebt der einst gefeierte Regierungschef, der alle Anschuldigungen abstreitet, seine bislang größte politische Krise. Das Kabinett um die „liberale Lichtgestalt“ Trudeau präsentiert sich als destabilisiertes Regierungsteam.

    Trudeau versprach Transparenz und Offenheit in der Politik

    Von der Amtseinführung des Trudeau-Kabinetts im November 2015 ist vor allem ein Bild in Erinnerung geblieben: die innige Umarmung zwischen Trudeau und seiner Justizministerin Jody Wilson-Raybould, der ersten Ministerin aus einem indianischen Volk. Gerade ihre Ernennung symbolisierte den Wandel in Kanadas Politik. Nun könnte sie zusammen mit Philpott zum Fall Trudeaus beitragen. Für den 47-Jährigen ist es eine dramatische Entwicklung: vor drei Jahren der kometenhafte Aufstieg aus dem politischen Nichts in das Regierungsamt – und nun die Möglichkeit, dass seine Ära nach einer Wahlperiode enden könnte.

    Trudeau hat seit Herbst 2015 zwar eine deutliche Mehrheit der Sitze im Parlament, dies aber mit etwas weniger als 40 Prozent Stimmenanteil. Nach den zehn Regierungsjahren des kühlen, berechnenden konservativen Premierministers Stephen Harper wollte das Land einen neuen Politikstil. Dies verkörperte Justin Trudeau mit unkonventionellem Programm und legerem Auftreten, dem Versprechen von Transparenz und Offenheit. Das Ausland sah ihn nach der Wahl des aggressiven Donald Trump in den USA als Kontrast und Repräsentant des „besseren Nordamerika“. Trudeau ernannte ein paritätisch mit Frauen und Männern besetztes Kabinett. Er war bekannt für seine bunten Socken und stellte sich für Selfies zur Verfügung. Das nicht immer „premierministerielle“ Verhalten gefiel nicht allen Kanadiern, aber sie nahmen es hin.

    Der kanadische Premierminister war bereits Skilehrer, Türsteher und Schauspieler

    Eigentlich stand die Zukunft von Justin Trudeau schon fest, als er vier Monate alt war. Da besuchte der damalige US-Präsident Richard Nixon seinen kanadischen Amtskollegen, Trudeaus Vater Pierre, und setzte zum Trinkspruch an: „Auf den zukünftigen Premierminister Kanadas, auf Justin Trudeau!“ Doch der Junge ließ sich Zeit, wurde Skilehrer, Schauspieler, Amateurboxer und Türsteher – bis es ihn dann doch in die Politik zog, wofür er bejubelt wurde. Und mit ihm seine Familie. Das Boulevardblatt New York Post kürte Trudeaus Ehefrau Sophie zur „heißesten First Lady der Welt“ und die Vogue jubelte, die ganze Familie Trudeau – inklusive der drei kleinen Kinder und Großmutter Margaret, die einst als Hippie mit den Rolling Stones gefeiert hatte – sehe aus wie „eine Werbung für die Zukunft“.

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