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Porträt: Der Anti-Raffke: Polens Präsidentschaftskandidat Trzaskowski

Porträt

Der Anti-Raffke: Polens Präsidentschaftskandidat Trzaskowski

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    Warschaus Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski schickt sich an, polnischer Präsident zu werden.
    Warschaus Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski schickt sich an, polnischer Präsident zu werden. Foto: Petr David Josek/AP/dpa

    Rafal Trzaskowski ist ein eher unscheinbarer Typ. Mittelalt, mittelgroß, schlank, kurze braune Haare. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Um das Besondere an dem Mann zu erkennen, der sich anschickt, polnischer Präsident zu werden, braucht es die Vergleichsebene. Zum Beispiel mit seiner Vorgängerin an der Spitze der Hauptstadt. Die langjährige Warschauer Oberbürgermeisterin Hanna Gronkiewicz-Waltz gehört wie Trzaskowski der rechtsliberalen PO an. Auch sie wurde für höchste Staatsämter gehandelt. Doch dann verstrickte sich die Ex-Zentralbankchefin in Korruptionsaffären.

    Rafal Trzaskowski gilt als Bücherwurm und Schöngeist

    So etwas, sagen jene, die Trzaskowski zu kennen glauben, könnte dem Sohn des früh verstorbenen Jazzpianisten Andrzej Trzaskowski nie passieren. Ein Bücherwurm sei er. Etwas zu sehr Schöngeist vielleicht. Aber niemals ein „Raffke“. Und wenn das so ist, dann könnte genau dies den Erfolg des 48-Jährigen erklären, den die Warschauer 2018 zu ihrem Stadtoberhaupt wählten. Es könnte auch erklären, wie es ihm gelang, innerhalb kürzester Zeit 1,6 Millionen Unterschriften für seine Präsidentschaftsbewerbung zu sammeln. Denn eigentlich ist Trzaskowski ja nur der Ersatzkandidat der PO. Er stieg erst nach der Verschiebung der Wahl wegen der Corona-Pandemie ins Rennen ein, als das ursprüngliche Personal kapituliert hatte.

    Bei all dem muss man bedenken, dass die PO in Polen in dem Ruf steht, genau dies zu sein: eine Partei der elitären „Raffkes“. Spätestens in ihrer Regierungszeit von 2007 bis 2015 habe die selbst ernannte Bürgerplattform die normalen Bürger aus dem Blick verloren. Da war zum Beispiel die Tonbandaffäre des Jahres 2014. In Warschauer Nobelrestaurants spannen damals Minister und Zentralbanker bei erlesenen Weinen politische Intrigen – und wurden dabei abgehört.

    Trzaskowski gehört zur polnischen Elite

    Diese Affären sind auch Trzaskowskis Last, obwohl er darin nicht verstrickt war. Aber der gebürtige Warschauer gehört ohne Zweifel zur Elite seines Landes. Er hat in Oxford und Paris Politikwissenschaft und Anglistik studiert. Er setzt sich für die Rechte von Homosexuellen und Transgender ein, spricht fünf Fremdsprachen, war Europa-Staatssekretär und zu allem Überfluss EU-Parlamentarier. Das ist vielleicht seine größte Last. Denn in Polen gilt unhinterfragt: Wer in Straßburg ein gut dotiertes Mandat hat, ist ein „Absahner“.

    Und dennoch tritt dieser Trzaskowski im Wahlkampf vor die Menschen und tut so, als habe er mit alldem nichts zu tun. Er sagt Sätze wie: „Unser Land braucht positive Energien“ oder „Polen sollte den Hass hassen lernen“. Das Verrückteste dabei ist: Die Menschen nehmen ihm das ab. Sie scheinen zu spüren, dass da einer redet, der zwar zu „denen da oben“ gehört, der in ihnen aber keine „kleinen Leute“ sieht. Vielleicht liegt es ja daran, dass dieser Trzaskowski so normal wirkt. Unscheinbar eben.

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