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Bundespressekonferenz: Die Kanzlerin freut sich aufs Ausschlafen

Bundespressekonferenz

Die Kanzlerin freut sich aufs Ausschlafen

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    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußert sich bei der traditionellen Pressekonferenz vor der Sommerpause in der Bundespressekonferenz zu aktuellen Themen.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußert sich bei der traditionellen Pressekonferenz vor der Sommerpause in der Bundespressekonferenz zu aktuellen Themen. Foto: Bernd Von Jutrczenka, dpa

    Nach einer Stunde steht sie plötzlich im Raum – die Frage nach ihrer Zukunft. Wie lange will sie noch Bundeskanzlerin bleiben? Nagt es an ihr, dass sie noch einmal für dieses Amt kandidiert hat? Und hat sie auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung mit CSU-Chef Horst Seehofer um die Zurückweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze gar an Rücktritt gedacht?

    Angela Merkel, die sich für ihren traditionellen Auftritt in der Bundespressekonferenz vor ihrem Urlaub an diesem Freitag für einen roten Blazer entschieden hat, will erst gar keine Spekulationen aufkommen lassen.

    Ob Merkel jemals an Rücktritt gedacht hat?

     „Nein, nein, nein, nein“ sagt sie, an Rücktritt habe sie zu keinem Zeitpunkt gedacht. „Wenn ich in der Mitte einer wichtigen Auseinandersetzung bin, dann muss ich ja meine Kräfte darauf konzentrieren.“

    Und auch die Fragen nach dem Ende ihrer Kanzlerschaft weist Merkel entschieden zurück. Es gelte das Versprechen, das sie vor der Wahl gegeben habe, dass sie für die gesamte Legislaturperiode kandidiere. Alles andere sei derzeit kein Thema. „Es gibt für alle Dinge einen geeigneten Zeitpunkt“, sagt sie. Mehr nicht. Amtsmüde sei sie jedenfalls nicht. Man lebe „im Augenblick in einer sehr interessanten, spannenden, die Zukunft bestimmenden Zeit“, das sei durchaus „faszinierend“. Aber, schränkt sie ein, „das sind Prozesse, die gehen weit über meine Amtszeit hinaus“.

    Insofern herrsche für sie als Regierungschefin an Arbeit kein Mangel. „Zu tun gibt es genug!“ Und auf die Nachfrage eines Journalisten, „wie erschöpft“ sie nach diesem Jahr sei, antwortet sie ausweichend, aber doch ehrlich: „Ich will nicht verhehlen, dass ich mich freue, wenn ich jetzt ein paar Tage Urlaub habe und etwas länger schlafen kann.“ Aber sie wolle nicht klagen.

    „Die Tonalität war oft sehr schroff“, sagt Merkel über die CSU

    Das ist der Unions-Kompromiss im Wortlaut

    1. Wir vereinbaren an der deutsch-österreichischen Grenze ein neues Grenzregime, das sicherstellt, dass wir Asylbewerber, für deren Asylverfahren andere EU-Länder zuständig sind, an der Einreise hindern.

    2. Wir richten dafür Transitzentren ein, aus denen die Asylbewerber direkt in die zuständigen Länder zurückgewiesen werden (Zurückweisung auf Grundlage einer Fiktion der Nichteinreise). Dafür wollen wir nicht unabgestimmt handeln, sondern mit den betroffenen Ländern Verwaltungsabkommen abschließen.

    3. In den Fällen, in denen sich Länder Verwaltungsabkommen über die direkte Zurückweisung verweigern, findet die Zurückweisung an der deutsch-österreichischen Grenze auf Grundlage einer Vereinbarung mit der Republik Österreich statt.

    Wenig überraschend sind es zwei Namen, die Merkels mittlerweile 23. Auftritt in ihrer bald 13-jährigen Kanzlerschaft vor der Hauptstadtpresse prägen: Horst Seehofer und Donald Trump. Auch wenn sie sichtlich bemüht ist, die Wogen zu glätten und kein neues Öl ins Feuer zu gießen, lässt sie doch keinen Zweifel aufkommen, wie heftig die Auseinandersetzung mit ihrem Innenminister um die Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze war. „Die Tonalität war oft sehr schroff“, sagt sie, ohne den CSU-Chef beim Namen zu nennen.

    Meinungsunterschiede müssten ausgetragen werden, aber durch die Art und Weise, wie dies in diesem Fall geschehen sei, sei „Schaden“ entstanden. Das habe auch dazu beigetragen, die Politikverdrossenheit zu befördern, räumt sie ein. „Ich messe der Sprache eine sehr, sehr große Bedeutung zu.“ Daher werde sie sich immer wieder „gegen bestimmte Erosionen von Sprache wenden, da Worte auch für ein bestimmtes Denken stünden. „Das ist ein Ausdruck von politischer Kultur, das kann Spaltung auch befördern.“

    Die Drohung der Kanzlerin war kein Bluff

    Deutlicher hätte der Seitenhieb auf die Herren an der CSU-Spitze kaum sein können. Merkel lässt keinen Zweifel daran, dass ihre Drohung mit der Richtlinienkompetenz im Asylstreit kein Bluff gewesen sei. Eine Regierung müsse handlungsfähig sein. Wenn dabei ihre Richtlinienkompetenz betroffen sei, müssten das auch die Minister akzeptieren. „Das war eine so fundamentale Frage, dass sie meine Richtlinienkompetenz berührt hat.“

    Darum sei es für sie auch so wichtig gewesen, einen Kompromiss zu finden, „der meinem Weg entspricht“. Damit sei für sie die Sache nun aber auch erledigt. „Im Augenblick arbeite ich gerne mit allen Ministern zusammen“, sagt sie auf die Frage, ob noch eine gedeihliche Zusammenarbeit mit Seehofer möglich sei.

    „Ich habe da einen anderen Ansatz.“ - Merkel distanziert sich von Trump

    Und wie geht es mit US-Präsident Donald Trump weiter? Auch da vermeidet Merkel jede Konfrontation in der Sache, verteidigt aber ihre Position. Trumps Äußerung, die EU sei ein „Gegner“ der USA, weist sie entschieden zurück. Sie könne sich diese Wortwahl nicht zu eigen machen. „Ich habe da einen anderen Ansatz.“ Dass Trump gerade Deutschland so massiv kritisiere, habe „auch etwas mit unserer ökonomischen Größe zu tun“. Sie versuche stets, sich mit den Argumenten des US-Präsidenten auseinanderzusetzen und „eine eigene, souveräne Antwort“ zu geben.

    Kein Verständnis hat Merkel für den von Trump angezettelten Handelskrieg durch die Verhängung von Importzöllen. Europa werde einheitlich auftreten und sich mit Gegenmaßnahmen beschäftigen, „aber das ist die schlechteste Lösung“, so Merkel. „Wir schaden uns gegenseitig.“

    Ansonsten ist Merkels exakt 90-minütiger Auftritt ein Parforceritt durch alle Themen der Innen- wie Außenpolitik. Die Spanne reicht vom NSU-Prozess über den Klimaschutz bis zum Diesel-Skandal, vom geplanten Einwanderungsgesetz und dem Wehretat über die Nahostpolitik bis zu Facebook. Merkel zeigt sich wie immer in den Sachfragen gut im Stoff, hat gleichzeitig aber wenig Neues mitzuteilen. Und dass es in der CDU neben der konservativen „Werte-Union“ nun auch eine liberale „Union der Mitte“ gebe, die ihren Kurs unterstützt, begrüßt sie ausdrücklich.

    Aber jetzt ist erst einmal Urlaub angesagt. Ob sie lieber mit Herrn Trump, Herrn Putin oder Herrn Seehofer verreisen würde, will ein Journalist wissen. „Die Frage nach dem Urlaub stellt sich für mich nicht“, sagt die Kanzlerin trocken und fügt dann hinzu: „Urlaub ist Urlaub.“

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