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Ursula von der Leyen: Die mächtigste Frau Europas hat nun viele Bittsteller

Ursula von der Leyen

Die mächtigste Frau Europas hat nun viele Bittsteller

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    Ursula von der Leyen ist die neue EU-Kommissionspräsidentin. Jetzt wird viel von ihr verlangt.
    Ursula von der Leyen ist die neue EU-Kommissionspräsidentin. Jetzt wird viel von ihr verlangt. Foto: Marijan Murat, dpa

    Manfred Weber, der gescheiterte EVP-Kandidat, steht auf, um stehend zu applaudieren. Ihr selbst sieht man die emotionale Last, die in diesem Moment von ihren Schultern fällt, deutlich an: Ursula von der Leyen ist mit 383 Stimmen zur Präsidentin der EU-Kommission gewählt worden. Die 60-Jährige kann damit am 1. November die Nachfolge des Luxemburgers Jean-Claude Juncker antreten.

    Es ist ein knappes Ergebnis und ein alles andere als deutliches Mandat: 374 Parlamentarier stimmen gegen sie, von der Leyen liegt damit nur neun Stimmen über der erforderlichen Mehrheit. Doch die CDU-Politikerin strahlt – immerhin ist sie ein immenses Wagnis eingegangen, hat schon vor der Wahl ihren Rückzug von der Spitze des Verteidigungsministeriums bekannt gegeben. Der Lohn ist ein Amt mit historischer Tragweite. Von der Leyen ist die erste Frau an der Spitze der EU-Kommission, sie ist die erste Deutsche seit 60 Jahren – und sie erbt eine EU, die vor gewaltigen Herausforderungen steht.

    So reagieren Politiker auf die Wahl von Ursula von der Leyen

    „Ich bin überwältigt, es ist eine große Ehre“, sagt Ursula von der Leyen nach der Wahl im Straßburger Parlament. Sie glaube an ein starkes und vereintes Europa, das sich nicht in internen Grabenkämpfen verzetteln dürfe. Und sie gibt zu: „Die Aufgabe, die vor mir liegt, flößt mir Respekt ein.“

    Bei eher kritisch eingestellten Abgeordneten der Union stößt ihre Wahl zumindest auf verhaltenes Wohlwollen. „Mit der heutigen Wahl hat das Europäische Parlament eine längere Hängepartie vermieden und damit schnell für Stabilität und Arbeitsfähigkeit der Kommissionsspitze gesorgt“, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Fischer unserer Redaktion. Von der Leyen habe damit „den notwendigen Vertrauensvorschuss, um von prominenter Stelle aus Europas Zukunft zu gestalten.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel gratuliert ihrer Parteifreundin. „Ich freue mich, weil mit ihr eine überzeugte und überzeugende Europäerin Chefin der Europäischen Kommission wird“, sagt Merkel. „Sie wird nun mit großem Elan die Herausforderungen angehen, vor denen wir als Europäische Union stehen.“

    Der SPD-Abgeordnete Karl-Heinz Brunner (Neu-Ulm) wünscht von der Leyen eine glückliche Hand. „Das deutliche Ergebnis ist sicherlich der überzeugenden Vorstellung des heutigen Vormittags geschuldet“, erklärt Brunner. Selbst Vizekanzler Olaf Scholz und Außenminister Heiko Maas (beide SPD) gratulieren direkt nach der Verkündung des Ergebnisses – und das, obwohl die deutschen Sozialdemokraten im EU-Parlament gegen die CDU-Frau stimmen wollten. Doch vor der Abstimmung signalisierten einige Sozialdemokraten dann doch ihre Zustimmung. Hin- und hergerissen waren auch die Konservativen: Mit ihrer Rede am Dienstagvormittag vor dem Parlament, in der sie sich eher links von der politischen Mitte positioniert hatte, dürfte von der Leyen einige Parlamentarier verstimmt haben, die ihr am Abend schließlich die Stimme versagten.

    Die rechtsnationale EKR, die von der Leyen ursprünglich ebenfalls Stimmen in Aussicht gestellt hatten, konnte sich deshalb letztlich nicht einigen und gab die Abstimmung frei. In ihren politischen Leitlinien hatte von der Leyen angekündigt, ein klimaneutrales Europas bis 2050 zu schaffen und die Treibhausgasemission bis um 55 Prozent bis 2030 zu senken.

    Viele Forderungen aus der Wirtschaft und Politik an Von der Leyen

    Die knappe Wahl von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zur neuen EU-Kommissionspräsidentin ist bei Politik und Wirtschaft in Deutschland sofort mit Forderungen an die CDU-Politikerin verbunden worden. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer gratulierte von der Leyen am Dienstagabend und appellierte, die EU-Sozialpolitik dürfe „nicht vom wirtschaftlichen Erfolg getrennt werden: Die Wettbewerbsfähigkeit muss im Vordergrund stehen, nicht neue europäische Regulierungen“.

    Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), sprach von einem „Signal für Entschlossenheit und Aufbruch“. In der neuen Legislatur stünden weitreichende Entscheidungen an, erklärte Tillmann. Dabei komme es darauf an, „über Parteigrenzen hinweg eine Balance zwischen ökologisch-sozialen und wirtschaftlichen Zielen zu finden“.

    Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel forderte von der Leyen auf, für mehr sozialen Ausgleich in Europa zu sorgen. Die neue Kommissionschefin müsse eine engagierte Politik für Klima- und Umweltschutz betreiben sowie konsequent für Frieden in der Welt sorgen. Dazu gehöre auch „ausdrücklich eine humane Flüchtlingspolitik“.

    Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter formulierte die Erwartung, dass von der Leyen „sich mit aller Kraft dafür einsetzt, die Europäische Union zu stärken“. Sie müsse „die großen Aufgaben“ entschlossen angehen, etwa die Seenotrettung, sagte Hofreiter. Wichtig sei auch ein konsequenter Einsatz für Klimaschutz und Rechtstaatlichkeit.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte, mit von der Leyens Wahl werde es zum ersten Mal eine Präsidentin der Europäischen Kommission geben und nach mehr als 50 Jahren auch wieder eine Deutsche an der Spitze der europäischen Exekutive. „Ich freue mich, weil mit ihr eine überzeugte und überzeugende Europäerin Chefin der Europäischen Kommission wird“, sagte Merkel.

    Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: Ursula von der Leyen gewinnt die Wahl - und verspricht zu viel?

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