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Autobranche: Ein Blick in die Zukunft der Autowelt

Autobranche

Ein Blick in die Zukunft der Autowelt

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    Elektroauto-Produktion bei BMW in Leipzig: „Ein Achtzylindermotor hat 1200 Teile, die montiert werden müssen, ein Elektromotor nur 17“,  sagt BMW-Betriebsrats-Chef Manfred Schoch.
    Elektroauto-Produktion bei BMW in Leipzig: „Ein Achtzylindermotor hat 1200 Teile, die montiert werden müssen, ein Elektromotor nur 17“, sagt BMW-Betriebsrats-Chef Manfred Schoch. Foto: Jan Woitas, dpa

    Die Deutungshoheit über den Stammtischen gehört den Freunden des Verbrennungsmotors. Und sie haben keine schlechten Argumente: „Zu wenig Reichweite, zu wenig Schnellladestationen, die Fahrzeuge zu teuer“, lauten Schlagworte gegen Elektroautos. Ganz zu schweigen davon, dass Strom hierzulande immer noch zu zwei Drittel aus Atom- und Kohlekraftwerken kommt, weltweit noch mehr. Und ein schneller Tod der Benziner und Diesel würde nicht nur die deutsche Autoindustrie, sondern die gesamte Automobilität gefährden. Denn es können schlichtweg nicht von heute auf morgen allein in Deutschland über 40 Millionen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor gegenüber 40 Millionen Elektroautos ausgetauscht werden, sagt der Zukunftsforscher Stephan Rammler.

    Dennoch wird sich der Straßenverkehr in der Zukunft nicht nur aus Klimaschutzgründen radikal verändern. Fachleute, sprechen von einer regelrechten Revolution, die auf uns zurollt. Die Herausforderung spiegelt sich am Beispiel der Elektroautos wider: „Wir können uns vorstellen, dass im Jahr 2025 deren Anteil an den Pkw-Neuzulassungen weltweit bei 15 bis 25 Prozent liegen könnte“, sagt Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie. Die Grünen fordern, dass bereits ab 2030 gar keine Autos mit Verbrennungsmotoren gebaut werden dürfen. So wird es nicht kommen. Aber der Ausstieg aus den klassischen Antriebstechnologien ist unaufhaltsam. Nur in welchem Tempo wird er stattfinden?

    Einig sind sich die meisten Experten, dass die deutschen Autohersteller sogar eine schnelle Umstellung auf E-Antriebe und Brennstoffzellen verkraften würden. Für den Bau eines Elektroautos werden allerdings deutlich weniger Mitarbeiter benötigt als für den Bau eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor. Das Gleiche gilt für die Wartung in den Kfz-Werkstätten. All das gefährdet mittel- und langfristig tausende, wenn nicht zehntausende Arbeitsplätze in Deutschland. „Ein Achtzylindermotor hat 1200 Teile, die montiert werden müssen, ein Elektromotor nur 17“, erklärt BMW-Gesamtbetriebsrats-Chef Manfred Schoch. Elektroautos benötigen weder komplexe Motoren mit Abgasnachbehandlung noch Getriebe. Die Akku-Produktion, die wichtigste Komponente der E-Autos ist weitgehend automatisiert. Doch noch ist offen, mit welcher Art von Automobilen wir in 20 bis 30 Jahren fahren.

    Wasserstoffautos könnten Alternativen zu Akkuautos sein

    Werden es Akku-Fahrzeuge sein, wie es Ökoverbände, die Chinesen oder auch der US-Hersteller Tesla propagieren? Oder setzt sich die elektrische Brennstoffzelle mit Wasserstoffbetankung durch? Oder die Wasserstoffverbrennung im abgewandelten Pkw-Motor, wie sie BMW bereits in den neunziger Jahren weit entwickelt hatte? Welche Rolle werden synthetische, aus erneuerbaren Energien gewonnene Kraftstoffe spielen? Eine sichere Antwort hat noch niemand.

    Derzeit favorisieren Experten Akkuautos, die jedoch Nachteile haben. Umweltschonend ist die Produktion von Lithium-Ionen-Akkus nicht. Dafür werden seltene Metalle gebraucht, die sich nur mit erheblichem Energieaufwand abbauen lassen. Und die Herstellung der Akkus kostet selbst viel Strom. Dazu kommen eine im Vergleich geringe Reichweite und ein teuerer Preis. Letztere beiden Argumente werden jedoch im Laufe der Jahre schwächer: Je mehr E-Autos verkauft werden, desto günstiger wird die Herstellung. Auch die Batteriezellen werden immer leistungsfähiger.

    Aber für lange Strecken wird die Akkutechnik nach Stand der Technik wahrscheinlich nicht die ideale Variante. Brennstoffzelle und Wasserstoffmotoren hätten Vorteile: Ein Wasserstoffauto lässt sich fast binnen Minuten genauso schnell betanken wie ein Benziner und man kommt damit 500 bis 600 Kilometer weit. Bislang ist das Angebot an Wasserstoffautos überschaubar. Toyota und Hyundai bieten als einzige Hersteller Serienmodelle an.

    Die Antriebsfrage ist nur ein Teil der automobilen Revolution. Die Industrie beschäftigt eine zweite große Herausforderung: das automatisierte Fahren. Wer hätte vor 20 Jahren gedacht, dass Autos ohne Mensch am Lenkrad Realität werden? Inzwischen fahren im Rahmen eines Pilotprojekts auf der A9 zwischen München und Ingolstadt Autos bereits fremd gesteuert auf öffentlichen Straßen.

    Analyst: Eher fliegende als autonome Autos

    Was hochwertige Arbeitsplätze in der Forschung betrifft, so steht Deutschland beim autonomen Fahren gut da und ist weltweit führend. Andererseits stellt sich die Frage: Was machen Millionen Taxi- und Lkw-Fahrer rund um die Welt, wenn fahrerloses Fahren wirklich zum Standard wird?

    Es gibt aber auch in der Autobranche Skeptiker, ob sich das automatisierte Fahren wirklich durchsetzt. Etwa Aric Dromi – der Schwede berät Autokonzerne wie Volvo. „Ich persönlich glaube, dass es eher fliegende Autos früher geben wird als die Umstellung des Verkehrs auf autonome Autos, jedenfalls in den Städten“, meint er. Der Experte vermutet, die Autobauer säßen einem Missverständnis auf. Sie würden ihre Fahrsysteme entwickeln, als ob es um Zubehörteile wie Fensterheber oder das Navi ginge. In Wahrheit handele es sich aber um ein „gigantisches Infrastrukturprojekt, bis zu dessen Verwirklichung noch viel Zeit vergehen kann“.

    Dromis Argumentation klingt schlüssig: Denn autonom gesteuerte Autos brauchen wohl ein eigenes Straßensystem, wo es weder Fußgänger noch herkömmlich gesteuerte Autos gibt. Der Grund ist simpel: Man stelle sich vor, was passiert, wenn Fußgänger wissen, dass alle der defensiv programmierten Roboterautos auf jeden Fall bremsen werden, sobald jemand auch nur einen Fuß auf die Straße setzt. Die Folge? Der Verkehr würde im Handumdrehen lahmgelegt. Doch Domri ist gegen Gegner der autonomen Technologie - im Gegenteil. Denn unsere Städte, so sagt er, würden gewöhnlich zu drei Vierteln aus Straßen und Parkplätzen bestehen. „Mit selbstfahrenden Autos brauchen wir nur noch die Hälfte dieser Flächen, dafür können mehr Wohnungen gebaut werden.“

    Autonom gesteuerte Fahrzeuge können sich abstimmen

    Und schon sind wir bei der nächsten Herausforderung des aktuellen Straßenverkehrs: der Parkplatzsuche, vor allem im städtischen Bereich. Ungefähr 65 Stunden im Jahr verbringen Autofahrer in Frankfurt damit, wie Verkehrsexperten ausrechneten. Rund 30 Prozent des städtischen Autoverkehrs entfallen allgemein auf die Parkplatzsuche. Eine riesige Verschwendung von Zeit und Ressourcen, meinen Fachleute. Das gilt natürlich auch für Staus. Das Bundesministerium für Verkehr erwartet bis zum Jahr 2030 einen Anstieg des Pkw-Verkehrs um zehn Prozent und einen Anstieg des Lkw-Verkehrs um 39 Prozent.

    Um angesichts dieser Zahlen den Verkehrskollaps auf den Fernstraßen zu verhindern, könnte das autonome Fahren ein Segen sein, sagt Experte Martin Lauer vom Karlsruher Institut für Technologie. Die autonom gesteuerten Fahrzeuge könnten sich besser untereinander abstimmen, als wenn der Mensch die Entscheidungen treffe, sagt Lauer. „Ein Auto kann die anderen über Funk zum Beispiel vorwarnen, dass es jetzt bremst. Die Fahrzeuge dahinter können dann entsprechend reagieren.“ Damit könnten Kolonnen auf der Autobahn stabil gehalten und die Wahrscheinlichkeit eines Staus minimiert werden. Eine schöne Vorstellung!

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