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Asyl: Ein Jahr nach dem Eklat: Die zahme CSU und die deutsche Asylpolitik

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Ein Jahr nach dem Eklat: Die zahme CSU und die deutsche Asylpolitik

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    Asylbewerber in einer Aufnahmeeinrichtung: Mittlerweile hat sich die Diskussion um die deutsche Asylpolitik beruhigt.
    Asylbewerber in einer Aufnahmeeinrichtung: Mittlerweile hat sich die Diskussion um die deutsche Asylpolitik beruhigt. Foto: Daniel Karmann, dpa (Archiv)

    Ist das wirklich noch dieselbe CSU? Innerhalb eines Jahres haben die Christsozialen eine 180-Grad-Wende in der Asylpolitik hingelegt. Zur Erinnerung: Im Sommer 2018 liefert sich die Partei, allen voran ihr damaliger Chef, Bundesinnenminister Horst Seehofer, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Ministerpräsident Markus Söder, einen Machtkampf mit der CDU um Kanzlerin Angela Merkel über die Zurückweisung bereits in der EU registrierter Flüchtlinge. Nicht weniger als die Zukunft der Union stand wochenlang auf dem Spiel. 

    Im Sommer 2019 sind Situation und Dramatik kaum mehr vorstellbar. Die Asylpolitik ist (nicht nur) in Deutschland zum Randthema degradiert, was insbesondere an den stetig rückläufigen Zuwanderungszahlen liegt. Bemerkenswert ist dabei, dass von der vereinbarten Lösung des Asylstreits - Transitzentren für bereits in der EU registrierte Flüchtlinge und bilaterale Abkommen mit anderen EU-Staaten - kaum etwas eins zu eins in der Praxis umgesetzt wurde.

    Italien verweigert Abkommen mit Deutschland

    Bis heute kann die Bundesregierung - anders als mit Spanien und Griechenland - kein Abkommen mit Italien vorweisen, weil der dortige Innenminister Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Lega dem eigentlich fertigen Abkommen seine Unterschrift verweigert. Und statt in Transitzentren werden Flüchtlinge bis zur Abschiebung direkt in Einrichtungen der Bundespolizei untergebracht.

    Apropos Salvini: Im Lichte von dessen hartem Asylkurs auf dem Mittelmeer hat der lange Zeit in Deutschland von seinen Kritikern als Hardliner verschrieene Seehofer inzwischen sogar eine Gemeinsamkeit mit Seenotrettern wie Carola Rackete: Wie die Flüchtlingshelfer appellierte Seehofer an Salvini, die italienischen Häfen für humanitäre Hilfsaktionen zu öffnen. 

    Dass das Thema in der CSU und der gesamten Union aber keine große Rolle mehr spielt, hat auch noch mit zwei anderen Personen zu tun: Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus Söder. Die Chefs von CDU beziehungsweise CSU haben ihren Parteien einen neuen Kurs verordnet, der - so wird es in beiden Parteien gesehen - bislang erstaunlich gut funktioniert: Auch wenn sich die schwarzen Schwesterparteien mal in einer Frage nicht einig sein sollten, wird dies nicht wie früher unter Seehofer und Merkel in einer öffentlichen Schlammschlacht ausgetragen, sondern intern diskutiert.

    Aus CSU-Sicht ist dies insbesondere deshalb möglich, weil Söder erkannt hat, dass die Union insgesamt immer nur verlieren kann, wenn sie sich öffentlich zerfleischt. "Keiner will mehr diesen Streit haben", sagt ein CSU-Vorstand in München. Der nun von Söder und AKK eingeschlagene Sachkurs sei genau richtig, das helfe dem Image beider Parteien. Dass die CSU in Zukunft doch mal wieder bei einem Thema wild um sich schlägt, kann natürlich niemand ausschließen, derzeit erscheint es aber sehr unwahrscheinlich. "Alle haben gemerkt, dass man auch mit dem proeuropäischen Kurs nachts besser schlafen kann", sagt ein anderer Vorstand.

    Zahme Asylpolitik: Söder-Kurs ist in der CSU unumstritten

    Innerhalb der CSU ist der neue, sanfte Söder-Kurs auch in der Asylfrage absolut unumstritten. "Söder weiß, er muss den Mittelweg weiter fahren. Natürlich bleibe die innere Sicherheit ein Kernelement für die CSU - "wir wissen aber alle, wir dürfen hier nicht übertreiben", heißt es aus der CSU-Spitze. Anders als in der CDU gebe es in der CSU auch keinen konservativen Flügel, der immer neue Unruhe in die Partei bringe. Die CSU sei ohnehin eine Partei, in der sich unter normalen Umständen alle hinter dem Parteichef versammeln. 

    Für einen anderen CSU-Vorstand arrangiert sich die CSU aber nicht nur aus Loyalität und wegen niedriger Asylzahlen hinter dem Söder-Kurs. "Den nötigen Rückhalt in der Partei erhält er auch, weil er in Bayern viel umgesetzt hat, um das verlorene Vertrauen der Bevölkerung bei dem Thema zurückzugewinnen." Seit Söders Wahl zum Ministerpräsidenten hat Bayern wieder eine eigene Grenzpolizeieinheit, zur Beschleunigung der Asylverfahren gibt es sieben Anker-Zentren sowie ein Landesamt für Asyl und Rückführungen - das sogenannte "Bayern-Bamf".

    So gut es derzeit läuft, alle in der CSU wissen, die Lage kann sich auch sehr schnell wieder ändern. "Wenn die Asylzahlen wieder hoch gehen, wird das wieder zum Thema", warnt ein Vorstand. Deshalb sei es auch wichtig, dass die EU endlich ihrerseits die Migrationsfrage löse. Laut poltern oder Druck machen könne die CSU aber zunächst nicht. Denn mit Ursula von der Leyen steht ja nun eine CDU-Politikerin an der Spitze der EU-Kommission - sollte sie hier aber nicht liefern, werde die CSU das nicht einfach "still und leise hinnehmen können". (dpa)

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