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Lieferketten-Gesetz: Entwicklungsminister Müller macht Druck: Kinderarbeit beenden

Lieferketten-Gesetz

Entwicklungsminister Müller macht Druck: Kinderarbeit beenden

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    Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
    Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Foto: Britta Pedersen/zb, dpa

    Um Kinderarbeit und Ausbeutung in Billiglohnländern zu bekämpfen, sollen deutsche Unternehmen per Gesetz zur Einhaltung von Menschenrechten verpflichtet werden. Und zwar entlang ihrer gesamten Lieferkette, die oft aus vielen Gliedern auf der ganzen Welt besteht. Doch Wirtschaftsverbände laufen Sturm gegen das Vorhaben von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Sie befürchten Wettbewerbsnachteile für heimische Firmen. Diese dürften nicht als „Ersatzpolizei für die Einhaltung von Recht und Gesetz in den Produktionsländern herhalten“, klagt etwa der Handelsverband Deutschland. Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) tritt bei dem Vorhaben auf die Bremse.

    Entwicklungsminister Müller bezeichnet Kritik als überzogen

    Gerd Müller weist die Kritik der Unternehmensverbände als „überzogen“ zurück. Unserer Redaktion sagte der CSU-Politiker aus dem Allgäu: „Das zeigt nur, dass sie sich mit den Herausforderungen in den Lieferketten nicht genug auskennen. Im Übrigen sind viele Unternehmen bereits viel weiter als viele Verbandsvertreter. Das beweisen auch Initiativen wie unser staatliches Textilsiegel Grüner Knopf.“ Sowohl Mittelständler als auch große Unternehmen wie Tchibo, Aldi und Lidl zeigten jeden Tag, dass faire Produktion und internationale Wettbewerbsfähigkeit einander nicht ausschließen würden. Es habe sich gezeigt, dass sich das Ziel, die Kinderarbeit zu beenden, nicht durch Freiwilligkeit erreichen lasse, sagte Müller.

    Entwicklungsminister Gerd Müller zeigt einen Teebeutel, der unter Einhaltung der Menschenrechte hergestellt wurde – und nur unwesentlich teurer sei.
    Entwicklungsminister Gerd Müller zeigt einen Teebeutel, der unter Einhaltung der Menschenrechte hergestellt wurde – und nur unwesentlich teurer sei. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Die Bundesregierung hat inzwischen zum zweiten Mal deutsche Firmen nach ihrem Umgang mit dem Thema Menschenrechte entlang ihrer oft weitverzweigten internationalen Lieferketten befragt. Doch von rund 2250 angeschriebenen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten antworteten nur 455 Firmen. Und darunter gab es lediglich 91 „Erfüller“, die zumindest laut Selbstauskunft die geforderten Standards einhalten. Die Erfüllerquote liegt damit bei 22 Prozent. Bei der ersten Befragung lag sie sogar nur bei 18 Prozent.

    Müller nennt Umfrage-Ergebnis zu Lieferketten "absolut enttäuschend"

    Müllers Fazit ist ebenso ernüchternd wie eindeutig: „Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung sind absolut enttäuschend. Nur eine kleine Minderheit der Unternehmen kann Menschenrechte und soziale Mindeststandards in ihren Lieferketten sicherstellen.“ Nun greife der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD, in dem ein Lieferkettengesetz vereinbart wurde. „Wir werden national gesetzlich tätig und uns für eine EU-weite Regelung einsetzen“, kündigt Müller an. Es müsse „endlich Schluss damit sein, dass Unternehmen durch Nichteinhaltung von Produktionsstandards Kosten auf die Schwächsten der Lieferkette abwälzen“. Kein Unternehmen dürfe Kinderarbeit und Sklaverei einfach hinnehmen. Ein Lieferkettengesetz schütze zudem die Vorreiter-Unternehmen in Deutschland und sei auch eine Chance für die Wirtschaft. Müller: „Made in Germany steht dann nicht nur für ausgezeichnete Produkte, sondern auch für verantwortungsvolle Herstellungsbedingungen weltweit.“

    Unterstützung für sein Vorhaben bekommt Müller von der SPD und zahlreichen Umweltschutz-, Verbraucherschutz- und Menschenrechtsorganisationen.

    Im Unionslager ist das Lieferkettengesetz allerdings nicht unumstritten. Während etwa die Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Plan begrüßt, reagiert Wirtschaftsminister Altmaier betont zurückhaltend. Er sagte: „Ich setze mich für eine zügige europäische Lösung ein, um einen nationalen Flickenteppich und die damit verbundenen Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU zu vermeiden.“

    Warum Altmaiers Vorschlag eine "Bremse" ist

    Bis zu einer EU-weiten Regelung, das ist allen Beteiligten klar, würde allerdings noch sehr viel Zeit verstreichen. In Wirklichkeit bremst Altmaier also. So bekommt CSU-Minister Müller Unterstützung von ungewöhnlicher Seite. Nämlich aus der Linkspartei. Bundestagsfraktionsvize Susanne Ferschl sagte: „Die Wirtschaft und an ihrer Spitze Wirtschaftsminister Altmaier blockieren weiterhin ein Lieferkettengesetz. Kinderarbeit und die Ausbeutung von Mensch und Natur dürfen aber nicht länger die Grundlage des Wirtschaftens sein.“ Aus diesem Grund, so Ferschl gegenüber unserer Redaktion, seien „Arbeitsminister Heil und Entwicklungsminister Müller in ihrem Vorhaben zu bestärken“.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Die Kritik am Lieferkettengesetz ist überzogen

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