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Europäische Union: Ursula von der Leyen im Streit mit Ungarn: "Dieses Gesetz ist eine Schande"

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Ursula von der Leyen im Streit mit Ungarn: "Dieses Gesetz ist eine Schande"

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    Werden keine Freunde mehr: Viktor Orbán und Ursula von der Leyen.
    Werden keine Freunde mehr: Viktor Orbán und Ursula von der Leyen. Foto: Etienne Ansotte, dpa

    Dieser Mittwochmorgen sah zunächst nicht so aus, als könnte er aus dem Wind gegen den ungarischen Premier Viktor Orbán einen Sturm machen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen absolvierte einen Besuch beim belgischen Ministerpräsidenten Alexander de Croo, um dessen Corona-Aufbauplan in den höchsten Tönen zu loben. Eigentlich war die Zeremonie längst vorüber, als der Präsidentin eher beiläufig eine Frage zum ungarischen Gesetz gegen einen normalen Umgang mit Homosexualität und Transsexualität gestellt wurde. „Dieser ungarische Gesetzentwurf ist eine Schande“, empörte sich von der Leyen.

    Sie habe Vizekommissionspräsidentin Vera Jourova und Justizkommissar Didier Reynders „gebeten, einen Brief zu schreiben, um unseren rechtlichen Bedenken Ausdruck zu verleihen, noch bevor das Gesetz in Kraft tritt.“ Denn der Entwurf, der angeblich einem Wunsch Orbáns selbst entsprach, „diskriminiert Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung“ und er verstoße gegen „fundamentale Werte der Europäischen Union: Menschenwürde, Gleichheit und den Respekt für Menschenrechte.“ Von der Leyen: „Bei diesen Prinzipien gehen wir keine Kompromisse ein.“ Sie glaube, so die Kommissionschefin weiter, „an eine Europäische Union, in der wir alle sein können, wer wir sind. In der wir lieben können, wen wir wollen.“ Eine derart entschlossene und starke Stellungnahme hatte man von der Deutschen an der Spitze der wichtigsten EU-Behörde lange nicht vernommen.

    EU-Kommission: Bislang laufen 107 Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn

    Aber von der Leyen wusste auch: Sie steht nicht allein. Bereits am Dienstag hatten 13 der 27 Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, die Kommission aufgefordert, „alle in ihrer Macht stehenden Instrumente“ gegen das „diskriminierende Gesetz“ zu nutzen, hieß es in einer Erklärung, die Belgien, die Niederlande und Luxemburg auf den Weg gebracht hatten.

    Auch diese Art Aufstand ist neu. Bisher konnte Orbán die rechtsstaatlichen Grundsätze in seinem Land demontieren, wie er wollte – der Widerspruch aus den Reihen der Amtskollegen blieb bestenfalls überschaubar. Doch der EU-Kommission sind die Hände gebunden. Sollte die ungarische Regierung an ihrem Gesetzesvorschlag festhalten, könnte Brüssel ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren eröffnen – zusätzlich zu den bereits 107 laufenden und dem Verfahren nach Artikel 7, dem bislang schärfsten Instrument der Gemeinschaft, das im äußersten Fall zu einem Entzug der Stimmrechte in den wichtigen Ministerräten führen würde. Ihr neues scharfes Schwert, den sogenannten Rechtsstaatsmechanismus, will die Kommission bisher noch nicht anfassen. Mit der Regel kann Brüssel EU-Gelder einfrieren, wenn Länder systematisch gegen Rechtsstaat-Prinzipien verstoßen.

    Orbán schlug am Mittwoch einmal mehr jene Verteidigungslinie ein, die er bisher mit Erfolg nutzte, indem er alles als ein großes Missverständnis darzustellen versuchte. In seinem Land, so der Regierungschef, würden Homosexuelle nicht diskriminiert. Jeder Mensch, so Orbán weiter, müsse sich „fraglos“ für seinen Lebensweg entscheiden dürfen. Die Aufklärung heranwachsender Kinder gehöre aber ins Elternhaus. „Wir schützen diese Aufgabe der Eltern“, sagte der Ungar. Der in der vergangenen Woche vom ungarischen Parlament gebilligte Text sieht unter anderem ein Verbot von Büchern, Filmen und anderen Inhaltsträgern vor, die Kindern und Jugendlichen zugänglich sind und in denen Sexualität dargestellt wird, die von der heterosexuellen abweicht. Allerdings fragt man sich in Brüssel, ob Orbán damit nicht einmal mehr ein Ablenkungsmanöver gelungen ist. Der Grünen-Europa-Politiker Daniel Freund, der die Situation im Land seit Jahren beobachtet, sagte unserer Redaktion: „Dieses umstrittene Gesetz war Teil eines Paketes von Beschlüssen, die sehr viel weiter gehen.“

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    So würden in „erheblichem Ausmaß“ Enteignungen vorgenommen, um dann Geschäfte mit privaten Investoren zu machen. Freund führt das konkret aus: „In einem dieser Gesetze werden Tausende von Sozialwohnungen umgewandelt und privaten Finanziers zu zehn Prozent des Marktwertes angeboten.“ Das Homosexuellen-Gesetz sei nur ein Vorwand, den Orbán in Kürze zurückziehen könnte, weil er sein eigentliches Anliegen – Freund spricht vom „Plündern des öffentlichen Besitzes“ – unbemerkt durchgesetzt habe. Dies sei vom ungarischen Premier schon mehrfach erfolgreich praktiziert worden.

    Viktor Orbán selbst sagte am Mittwoch den Besuch des EM-Spiels Deutschland gegen Ungarn Stunden vor dem Spiel in München ab, obwohl die Uefa eine Beleuchtung des Stadions in Regenbogenfarben untersagt hatte. Es gab allerdings Spekulationen, dass der ungarische Premier stattdessen früher zum heute beginnenden Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs nach Brüssel reisen werde, um das Gespräch mit von der Leyen zu suchen.

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