Die Opfer können nicht mehr anklagen. Weder die über 100 Toten vom Donnerstag noch die Tausenden davor. Die EU-Staaten haben den Schock grausamer Bilder ebenso problemlos weggesteckt wie die endlosen Appelle für mehr Solidarität. Dabei sind die 28 Regierungen keineswegs untätig gewesen. Seit dem Anschwellen der Flüchtlingsströme vor vier Jahren wurden lange Listen von Beschlüssen gefasst. Selbst bei der Bekämpfung der kriminellen Menschenschmuggler kann man in Brüssel auf beachtliche Erfolge verweisen. Ebenso unbestritten bleibt aber auch, dass die humanitäre Katastrophe im Mittelmeer weitergeht.
Die Abschreckung ist ebenso gescheitert wie die Solidarität
Das Konzept der italienischen und maltesischen Regierung, die sich zu Recht darüber beklagen, von den übrigen EU-Mitgliedern alleine gelassen zu werden, geht auch nicht auf. Die Abschreckung ist ebenso gescheitert wie die Solidarität. Stattdessen begeben sich die Hilfesuchenden, wenn sie ein Boot betreten, in eine nahezu ausweglose Situation: Entweder sie kommen bis nach Europa, werden aber dort zurückgewiesen. Oder sie ertrinken. Oder sie werden von der libyschen Küstenwache gestoppt und landen in Internierungslagern, in denen unmenschliche Zustände herrschen. Die Situation nur als verfahren zu bezeichnen wäre schönfärberisch.
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