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Ex-Verfassungsschutzchef: Maaßen rät Sachsens CDU zu Abgrenzung von der Bundespartei

Ex-Verfassungsschutzchef

Maaßen rät Sachsens CDU zu Abgrenzung von der Bundespartei

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    Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Verfassungsschutz-Chef, ist Mitglied der CDU und der Werte-Union, die sich als konservative Strömung in der Union versteht.
    Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Verfassungsschutz-Chef, ist Mitglied der CDU und der Werte-Union, die sich als konservative Strömung in der Union versteht. Foto: Jörg Carstensen, dpa

    Der umstrittene Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen hat die sächsische CDU und Ministerpräsident Michael Kretschmer kurz vor der Landtagswahl dazu aufgerufen, sich inhaltlich von der Bundespartei abzugrenzen. "Ich wünsche mir, dass sich der sächsische Ministerpräsident von bestimmten politischen Positionen, die von der CDU auf Bundesebene propagiert werden, emanzipiert", sagte Maaßen der Welt am Sonntag.

    In dem Gespräch betonte er, er wünsche sich von seiner Partei "in Teilen eine Neupositionierung der CDU, eine Politikwende". Er ergänzte: "Damit stehe ich nicht alleine. Es sind viele, die das fordern. Viel mehr als die 2500 Mitglieder der Werteunion." Das Interview wurde nach Angaben der Zeitung bereits vor dem Bekanntwerden von Äußerungen der CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zu einem möglichen Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen geführt.

    Maaßen geht auch die Grünen scharf an

    Maaßen ging zudem die Grünen scharf an: "Die Grünen insgesamt betreiben in Teilen eine weltfremde bis esoterische Politik, die wenig mit den tatsächlichen Problemen der allermeisten Menschen in diesem Land zu tun hat", sagte er und betonte: "Ich halte die Politik der Grünen in Teilen für realitätsfremd und gefährlich. In der Migrationspolitik würde sie dazu führen, dass die Türen noch weiter geöffnet werden und gar keine Abschiebungen mehr stattfinden."

    Er denke nicht, "dass das Thema Klima die Menschen derart besorgt", wie "gerade überall erklärt" werde. "Wir sollten unseren Kindern nicht mit der Klima-Hölle drohen, wenn sie den Müll nicht trennen, sondern vernünftige Lösungen suchen. Gleichzeitig halte ich den Umweltschutz für sehr wichtig: Konservativ heißt auch, die Umwelt zu schützen und Vorsorge für nachfolgende Generationen zu treffen."

    CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer hatte mit Äußerungen in einem Interview der Funke-Mediengruppe zu einem möglichen Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen zuletzt massiven Ärger in den eigenen Reihen ausgelöst. Kurz vor den für die CDU schwierigen Wahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen machten am Samstag vor allem ostdeutsche CDU-Spitzenpolitiker ihrem Unmut Luft. Sie verlangten mit Blick auf die erste Sitzung des schwarz-roten Koalitionsausschusses nach der Sommerpause am Sonntag Problemlösungen statt Personaldebatten.

    AKK brachte mögliches Ausschlussverfahren ins Spiel

    Kramp-Karrenbauer hatte den Zeitungen der Funke-Mediengruppeauf die Frage, ob sie über ein Ausschlussverfahren gegen das CDU-Mitglied Maaßen nachdenke, gesagt: "Es gibt aus gutem Grund hohe Hürden, jemanden aus einer Partei auszuschließen. Aber ich sehe bei Herrn Maaßen keine Haltung, die ihn mit der CDU noch wirklich verbindet." Kramp-Karrenbauer stellte am Samstag in Berlin selbst klar, sie habe kein Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen gefordert.

    Die CDU-Vorsitzende sagte weiter, als ehemalige Landesinnenministerin des Saarlands sei sie "froh, dass Herr Maaßen keine Verantwortung mehr für den deutschen Verfassungsschutz" habe. "Die CDU hält es aus, wenn unterschiedliche Meinungen geäußert werden. Aber: Die CDU ist auch eine Partei, die von einer gemeinsamen bürgerlich-konservativen Haltung getragen wird. Eine Politik unter dem Deckmantel der CDU zu machen, die den politischen Gegner vor allem in den eigenen Reihen sieht, wird dieser Haltung nicht gerecht."

    Maaßen reagierte gelassen auf Kramp-Karrenbauers Vorstoß. "Es ist mir ein Rätsel, wer ihr dazu geraten hat, solche Gedankenspiele zu formulieren", sagte er derDeutschen Presse-Agentur. Es gebe in der Tat hohe Hürden für einen Parteiausschluss "und ich hätte im Leben nicht gedacht, dass diese Hürden mich einmal schützen müssten".

    Hans-Georg Maaßen war 2018 in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden

    Kramp-Karrenbauers Vorwürfe wies Maaßen zurück. "Nicht ich habe mich von den Positionen meiner Partei entfernt, sondern die CDU ist unter der früheren Parteivorsitzenden (Angela Merkel) weit nach links gerückt", sagte er. Die CDU sei im Gegensatz zu den dogmatischen Parteien des linken Spektrums immer eine Partei der Vielfalt gewesen. "Dass AKK mit dieser Tradition brechen will, glaube ich nicht. Es würde mich sehr enttäuschen, denn ich hatte immer Hochachtung vor ihr."

    Maaßen gehört der konservativen CDU/CSU-Splittergruppe Werte-Union an. Er war im Spätsommer 2018 als Präsident des Bundesverfassungsschutzes in die Kritik geraten, nachdem er die Echtheit eines Videos bezweifelt hatte, das nach der Tötung eines Mannes in Chemnitz eine Attacke gegen Migranten zeigt. Im November 2018 versetzte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Maaßen in den einstweiligen Ruhestand, nachdem dieser laut einem Redemanuskript von teils "linksradikalen Kräften in der SPD" gesprochen hatte. Maaßen hat seine Kritik an der Migrationspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Bundesregierung auch zuletzt immer wieder bekräftigt.

    Auf die Frage, ob sie Maaßen und der konservativen Werte-Union mit ihren Aussagen die gelbe Karte zeige, sagte Kramp-Karrenbauer: "Die Tea-Party-Bewegung in den USA hat die Republikaner ausgehöhlt und radikalisiert. Das wird die CDU, das werde ich als Vorsitzende, nicht zulassen. Es ist das gute Recht jedes Mitglieds, seine Meinung zu äußern. Der Versuch aber, eine gänzlich andere Partei zu schaffen, stößt auf meinen allerhärtesten Widerstand."

    Der Vorsitzende der Werte-Union, Alexander Mitsch, sagte der Deutschen Presse-Agentur, ein Parteiausschlussverfahren wäre nicht nur unbegründet, sondern würde der CDU auch massiv schaden. "Herr Maaßen steht für die Hoffnung vieler Bürger und Unionsmitglieder auf die notwendige Politikwende, insbesondere für mehr Innere Sicherheit."

    Maaßen selbst hatte zuletzt in einem Interview der Rheinischen Post gesagt, er halte sich nicht für rechts. "Menschen, die mich näher kennen, halten mich für sozial und damit für eher links - und für einen Realisten. So sehe ich mich auch." Er wolle nicht in die rechte Ecke gestellt werden. "Nur weil man die Klimapolitik und die Migrationspolitik kritisiert, nur weil man Bedenken hat, was einige Punkte der Sicherheitspolitik angeht, ist man nicht automatisch rechts. Der Ausdruck Rechts wird heute inflationär verwendet, um Personen auszugrenzen und um sich mit den Sachargumenten nicht auseinandersetzen zu müssen."

    Maaßen fordert konsequente Abschiebung abgelehnter Asylbewerber

    In dem Interview hatte Maaßen auch gesagt, ihn schockiere die Harmoniebedürftigkeit in der CDU. "Der Karlsruher Parteitag 2015 war für mich ein Damaskus-Erlebnis." Die damalige CDU-Vorsitzende Angela Merkel habe dort eine überwältigende Mehrheit bekommen und neuneinhalb Minuten Applaus. "Niemand hat sie mit Blick auf die Flüchtlingspolitik kritisiert. Obwohl viele Politiker, die dort waren, mir gesagt hatten: So geht es nicht weiter." Dies sei einer Volkspartei unwürdig.

    Vor der sächsischen Landtagswahl am 1. September hatte Maaßen bei einer CDU-Wahlkampfveranstaltung in Radebeul Anfang August ein konsequentes Vorgehen bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber gefordert. Diese müssten nicht nur rechtlich, sondern tatsächlich abgeschoben werden, das gelte vor allem für Straftäter. "Rechtsstaatlichkeit ist wichtig für die Stabilität des Staates", hatte er betont. Recht müsse auch dann vollzogen werden, wenn es "schlechte Bilder" mit sich bringe. Viele Menschen hätten den Eindruck, dass man bei Rechtsvorschriften mit zweierlei Maß messe. (dpa)

    Lesen Sie dazu auch: Hans-Georg Maaßen im Gespräch mit unserer Redaktion: "Viele in der CDU teilen meine Positionen“

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