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Exklusiv: Experte: Waffenrecht hat in Halle viele Leben gerettet

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Experte: Waffenrecht hat in Halle viele Leben gerettet

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    Terror-Experte Peter Neumann:  „Das deutsche Waffenrecht hat in Halle zweifellos zahlreichen Menschen das Leben gerettet.“
    Terror-Experte Peter Neumann:  „Das deutsche Waffenrecht hat in Halle zweifellos zahlreichen Menschen das Leben gerettet.“ Foto: Ina Fassbender

    Der internationale Terrorforscher Peter Neumann hat nach Auswertung des Tätervideos von Halle erklärt, dass das strenge Waffenrecht in Deutschland vermutlich zahlreichen Menschen bei dem Anschlag das Leben gerettet hat. "Es ist bei all den schrecklichen Ereignissen ein positiver Aspekt, dass der Täter keinen Zugang zu funktionierenden Waffen gefunden hat", sagte Neumann unserer Redaktion. Der Täter habe ausschließlich nach Anleitungen aus dem Internet selbstgebaute Waffen benutzt und sei vermutlich auch deshalb am Zugang zur Synagoge gescheitert.

    "Das deutsche Waffenrecht hat in Halle zweifellos zahlreichen Menschen das Leben gerettet", sagte der Londoner Professor. Neumanns Institut für Sicherheitsstudien am King's College in London hatte am Donnerstag bei der Kontrolle rechtsextremer Internetforen als eines der ersten das Tätervideo aufgespürt.

    Attentäter hatte ausländische Vorbilder

    Laut dem Terrorforscher entspricht der Attentäter dem Muster des selbstradikalisierten Einzeltäters. "Das ist für Deutschland ein neuer Tätertypus", betonte Neumann. "Es sieht nicht so aus, als ob es sich um einen typischen deutschen Neonazi aus einer Kameradschaft handelt, sondern um einen Täter, der sich an internationalen Vorbildern orientiert, wie dem Norweger Anders Breivik oder den Massenmördern von Christchurch und El Paso", sagte Neumann. "Dafür spricht auch, dass der Täter im Video weitgehend englisch spricht und seine Schreiben auf Englisch verfasst hat."

    Vieles spreche auch dafür, dass der Täter von Halle intensiv in die rechtextreme Online-Szene eingetaucht sei und intensiv auf internationalen rechtsextremistischen Foren aktiv gewesen sei, sagte Neumann. "Das sieht man auch an seiner Ideologie, die zwar in erster Linie antisemitisch ist, sich aber auch gegen den Feminismus richtet", erklärte der Terrorforscher. "Es scheint, dass er mit seiner Tat auf dieses Publikum abgezielt hat."

    Terrorismus gewinne bei Rechtsextremisten an Zuspruch

    Die politisch motivierte Tat, die insbesondere jüdische Bürger einschüchtern und Nachahmer inspirieren solle, erfülle zu hundert Prozent die Definition des Terrorismus, betonte der Experte. Neumann warnte dabei vor einer zunehmenden Gefahr: "Wir haben in Europa und Deutschland zwar nur eher eine geringe Zunahme bei der Zahl von Rechtsextremisten, aber innerhalb der rechtsextremistischen Szene gewinnt Terrorismus als Aktionsform an Zuspruch", erklärte er (Gabriel fordert deutlich schärferes staatliches Handeln gegen Rechtsterror).

    "Rechtsextremisten orientieren sich mehr und mehr an Tätern wie Breivik." Die Behörden seien darauf nur unzureichend vorbereitet: "Die Sicherheitsbehörden kennen zwar genau die er rechtsextremen Kameradschaften vor Ort, in den virtuellen Netzwerken, die häufig transnational funktionieren, sind sie aber noch nicht ausreichend präsent", kritisierte der Terrorforscher "Es wurde bislang nicht ausreichend erkannt, dass dies ein wichtiges virtuelles Spielfeld ist, wo sich Rechtsextremisten treffen und vernetzen."

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