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Porträt: FDP-Chef Christian Lindner: "Einfach cool bleiben"

Porträt

FDP-Chef Christian Lindner: "Einfach cool bleiben"

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    Wie kein anderer hat der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner vor der Landtagswahl in NRW die sozialen Medien genutzt.
    Wie kein anderer hat der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner vor der Landtagswahl in NRW die sozialen Medien genutzt. Foto: Monika Skolimowska/dpa (Archiv)

    Rückblickend betrachtet wirkt Christian Lindners Auftritt beim Aachener Karneval nahezu wie eine Prophezeiung: Ziemlich schief, aber mit viel Selbstironie hat der FDP-Chef im Februar den Klassikers "Hurra, wir leben noch" zum Besten gegeben. "Nach jeder Ebbe kommt doch eine Flut, wir leben noch. Gibt uns denn dies Gefühl nicht neuen Mut und Zuversicht?" heißt es in dem Schlager. Und tatsächlich scheint die Ebbe für die FDP vorerst vorbei zu sein. Die Partei, die lange Zeit als abgeschrieben galt, fährt einen Sieg nach dem anderen ein.

    Nachdem die FDP in der Vergangenheit aus mehreren Landtagen ausgeschieden und 2013 auch aus dem Bundestag geflogen war, findet sie sich jetzt wieder im Aufschwung: 11,5 Prozent gab es bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein Anfang Mai, jetzt 12,6 Prozent in Nordrhein-Westfalen - das beste Ergebnis aller Zeiten. Der alte Rekord stammt aus dem Jahr 1950, da waren es 12,1 Prozent.

    Lindners Ziel ist die Hauptstadt

    Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sind Zwischenstationen. Denn das eigentliche Ziel ist die Hauptstadt, bei der Bundestagwahl am 24. September will Parteichef Christian Lindner die Liberalen zurück in den Bundestag führen. Seit vier Jahren arbeitet der 38-Jährige dafür, seit der Demütigung bei der Wahl im Herbst 2013, als die FDP mit 4,8 Prozent nicht den Wiedereinzug schaffte und aus dem Parlament ausschied. Es sieht ganz so aus, als könnte Lindner Erfolg haben: Im Bund liegt die Partei im ARD-Deutschlandtrend derzeit bei acht Prozent - so gut wie lange nicht mehr. Das liegt nicht zuletzt an Christian Lindner selbst.

    Der 38-jährige studierte Politikwissenschaftler, der mit einer Journalistin verheiratet ist und in der Nähe von Düsseldorf lebt, galt schon früh als Wunderkind der FDP. Mit 21 Jahren wurde er jüngster Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag, mit 25 Generalsekretär der Landespartei, mit 30 der Bundespartei. Zwei Jahre später warf der Mann mit dem smarten Auftreten hin, weil er, sage er, Parteichef Philipp Rösler "Platz für eine neue Dynamik" lassen wollte.

    Tatsächlich mag es eher Frust über mangelnde Strategie und Führung gewesen sein. Doch der 37-Jährige hat gelernt, die Geschichte vom jungen, dynamischen Typ, der hinfällt und wieder aufsteht, für sich zu nutzen. Wie Anfang 2016 an der Frankfurter Goethe-Universität, wo er bei der "Fuckup-Night" vor 1000 Studenten berichtet, wie er vor 15 Jahren ein Start-up-Unternehmen in den Sand setzte - 2001, als die Dotcom-Blase platzte und sein Software-Unternehmen Moomax pleite ging. Und dass es darum gehe, immer weiterzumachen und aus Krisen zu lernen. Wem mag man das mehr glauben als Lindner?

    Christian Lindner hat sich zum eigentlichen Oppositionsführer in NRW und zum beliebten Landespolitiker entwickelt.
    Christian Lindner hat sich zum eigentlichen Oppositionsführer in NRW und zum beliebten Landespolitiker entwickelt. Foto: Rolf Vennenbernd (dpa)

    Nachdem Ex-Parteichef Philip Rösler nach der Pleite bei der Bundestagswahl 2013 sein Amt niederlegte, kandidierte der damals 34-jährige Christian Lindner für den Chefposten. In seiner Bewerbungsrede hatte Lindner erklärt, die „Zeit der Trauer sei vorbei“, und dazu aufgerufen, die Partei „vom Fundament“ her zu erneuern. Mit Erfolg: Er wurde zum jüngsten Vorsitzenden der FDP-Geschichte gewählt.

    Lindner hat die FDP zurück zum Erfolg geführt

    Schritt für Schritt hat er die FDP in den vergangenen vier Jahren zurückgeführt. Lindner ist so etwas wie der Chef einer Ein-Mann-Partei: Er war Spitzenkandidat für die FDP in NRW, er ist es auf Bundesebene, er ist Parteichef im Bund und noch in NRW und außerdem noch Fraktionschef im NRW-Landtag. Lindner reist durch Kleinstädte, wirbt neue Mitglieder, sitzt in den Talkshows. Einer, der rastlos, aber systematisch an der Rückkehr seiner Partei arbeitet. Dem Ziel, 2017 wieder in den Bundestag einzuziehen, ordnet er alles unter.

    Christian Lindner wirkt jung, frisch, dynamisch, motiviert. Er steigt regelmäßig aufs Laufband und hält sich an der Rudermaschine fit. Noch am Tag der Wahl veröffentlicht er ein Foto von sich auf Facebook, das ihn beim Lauf durch den Düsseldorfer Medienhafen zeigt. Apropos Facebook: Wie kein anderer hat Lindner in NRW die digitalen Medien für sich genutzt. Facebook, Instagram, Twitter und Co. Statt schnöder Wahlplakate hat Lindner sogar einen Werbefilm produzieren lassen, der ganz auf ihn zugeschnitten war.

    Wie wehren sich die anderen Parteien gegen diese  Die Konkurrenz versuchte, ihn wegen seiner Doppelkandidatur für und und Land der Wählertäuschung zu bezichtigen. Keine Chance, alle Versuche prallten ab. Lindner und die FDP hatten die Doppelkandidatur von Anfang an deutlich kommuniziert. Die Wähler haben es ihm nicht übel genommen. Am Wahlabend wird Lindner nicht müde zu betonen, dass nicht er gewählt wurde, sondern seine Partei.  "Meine Kollegen stehen für die gleichen Werte und die gleichen Projekte wie ich."

    Wie geht es jetzt weiter? "Cool bleiben"

    Am Tag nach der Wahl veröffentlicht Lindner ein Video auf Facebook, aufgenommen auf dem Rücksitz eines Autos, in dem er nur wenige Stunden nach dem Wahlerfolg in Düsseldorf zu seinen Terminen in Berlin gefahren wird.

    Wie die Partei umgehen sollte mit dem Ergebnis, fragt er. Nicht um jeden Preis müsse es eine Regierungsbeteiligung der FDP in Nordrhein-Westfalen geben. Schwarz-gelb ist rein rechnerisch möglich, die FDP sei offen für Gespräche. Lindner sagte jedoch auch: "Ich bin nicht der Wunsch-Koalitionspartner von Herrn Laschet und er nicht meiner."

    Wie es nun weitergehen soll, darüber sinniert Lindner in seinem Rücksitz-Video. "Es ist nicht ganz einfach, jetzt den richtigen Ton zu treffen. ich empfehle: Wir bleiben einfach cool und behalten die Nerven."

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