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Finanzen: Steuern rauf oder Steuern runter?

Finanzen

Steuern rauf oder Steuern runter?

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    Union und SPD wollen die Steuerbelastung ändern, allerdings in gegensätzlichen Richtungen.
    Union und SPD wollen die Steuerbelastung ändern, allerdings in gegensätzlichen Richtungen. Foto: stock.adobe.com

    Höhere Steuern für Spitzenverdiener kontra weniger Steuern für Mittelständler, Handwerker und Freiberufler. In der Großen Koalition ist ein neuer Streit zwischen Union und SPD um die Steuerpolitik ausgebrochen. Und dabei geht es ums Grundsätzliche. Während Finanzminister Olaf Scholz von der SPD eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes um drei Punkte von 42 auf 45 Prozent (den Bezieher von Einkommen ab einem zu versteuernden Einkommen von 265327 Euro schon jetzt zu bezahlen haben) als „gerecht“ bezeichnet, fordert die Arbeitsgruppe Finanzen der Unionsfraktion eine deutliche Entlastung des Mittelstandes, vor allem der Personengesellschaften, die Einkommensteuer bezahlen müssen.

    In einem siebenseitigen „Impulspapier“ mit dem Titel „Modernisierung des Unternehmensteuerrechts in Deutschland“, das unserer Zeitung vorliegt, verweisen die Steuerexperten von CDU und CSU, Fritz Güntzler (Göttingen) und Sebastian Brehm (Nürnberg-Land), darauf, dass Deutschland im internationalen Vergleich ein „Höchststeuerland“ sei, während andere Länder wie Großbritannien oder die USA in den vergangenen Jahren die Steuersätze zum Teil deutlich gesenkt und somit ihre Wirtschaft entlastet hätten. Damit die deutsche Wirtschaft dauerhaft wettbewerbsfähig bleibe, sei die Zeit für eine Modernisierung des Steuerrechts reif.

    „Ziel unseres Impulspapiers ist es, Kapital für Investitionen freizusetzen, damit sichern wir den Standort Deutschland auch in Zukunft“, sagte Brehm unserer Zeitung. Bei der letzten größeren Steuerreform in Deutschland vor zehn Jahren habe Einigkeit geherrscht, die Gesamtbelastung bei den nicht ausgeschütteten Gewinnen bei maximal 30 Prozent zu deckeln. Dieses Versprechen werde schon lange nicht mehr gehalten.

    So sei die Steuerbelastung der Kapitalgesellschaften auf über 30 Prozent gestiegen, die der Personengesellschaften sogar auf bis zu 45 Prozent. Um diese Ungleichbehandlung zu beseitigen, schlagen die Unions-Experten eine Deckelung der Besteuerung der nicht ausgeschütteten Gewinne bei maximal 25 Prozent vor. Das könne man durch eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags sowie durch eine Anrechnung der Gewerbesteuer bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer erreichen.

    In ihrem Papier verweisen Brehm und Güntzler darauf, dass es bei einem Gewerbesteuer-Hebesatz von 400 Prozent zu keiner zusätzlichen Belastung der Unternehmen käme. In vielen Städten und Gemeinden seien aber die Hebesätze mittlerweile deutlich höher, der Durchschnitt der Großstädte liege bei rund 450 Prozent. „Für viele Unternehmen kommt es damit zu einer höheren Steuerbelastung. Daher ist die Gewerbesteueranrechnung so zu erhöhen, dass die Gewerbesteuer wieder vollständig im Rahmen der Einkommensteuer neutralisiert werden kann“, heißt es in dem Papier. Langfristiges Ziel müsse es sein, dass den Gesellschaftern von Personengesellschaften als Option das gleiche Recht eingeräumt wird, ihre Gesellschaft wie eine Kapitalgesellschaft zu besteuern.

    Unserer Zeitung sagte der Mittelfranke Brehm, bei der Modernisierung der Unternehmensbesteuerung müsse es um mehr gehen als nur um eine Senkung der Steuersätze. „Vielmehr ist es notwendig, über strukturelle Fragen zu diskutieren, die zu einer geringeren Gesamtbelastung führen. Wir wollen Wettbewerbsfähigkeit herstellen, Bürokratie abbauen und Strukturen optimieren.“ Damit mache man auch ein Angebot an den Koalitionspartner SPD.

    Der jedoch zeigte sich in einer ersten Reaktion wenig begeistert. Lothar Binding, der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, lehnt die Forderungen nach Steuersenkungen für Unternehmen ab. „Steuersenkungen führen nicht automatisch zu mehr Wachstum, schwächen aber die Investitionskraft der öffentlichen Hand“, sagte er unserer Zeitung. Das Unionskonzept sei daher „keine gute Strategie für den Wirtschaftsstandort Deutschland“, so der Heidelberger.

    Jeder könne sehen, dass die Steuerreform in den USA den Investitionen nicht geholfen habe. „Ob es nicht viel klüger wäre, die allseits geforderten Investitionen des Staates in Bildung, digitale Infrastruktur und die Bahn zu erhöhen, geht in dem Wunsch nach Steuergeschenken an die Konzerne unter.“

    Im Gegenzug erteilte denn auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt den Forderungen von Finanzminister Olaf Scholz nach einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes eine kategorische Absage. „Wenn die Bundesregierung erklärt, dass das Wirtschaftswachstum zurückgeht, kann die Antwort doch nicht Steuererhöhungen lauten“, sagte er unserer Zeitung. Eine kluge Wirtschaftspolitik setze vielmehr Anreize, wenn das Wachstum nachlasse. „Das heißt: Wir müssen die Binnenkonjunktur fördern und kraftvolle Wachstumsimpulse setzen – mit einer Senkung der Unternehmensteuer, der kompletten Abschaffung des Soli und einer Steuerbremse.“ Gegensätzlicher könnten die Positionen zwischen Union und SPD kaum sein.

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