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Personaldebatte: Giffey hat Chancen auf den SPD-Vorsitz - aber auch ein Problem

Personaldebatte

Giffey hat Chancen auf den SPD-Vorsitz - aber auch ein Problem

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    Franziska Giffey begeistert viele SPD-Mitglieder. Die Ministerin könnte sich durchaus vorstellen, die SPD-Führung zu übernehmen.
    Franziska Giffey begeistert viele SPD-Mitglieder. Die Ministerin könnte sich durchaus vorstellen, die SPD-Führung zu übernehmen. Foto: Caroline Seidel, dpa (Archiv)

    Berlin In der krisengeschüttelten SPD gibt es eine erste prominente Bewerberin für die Nachfolge der zurückgetretenen Parteichefin Andrea Nahles. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey wirft ihren Hut mehr oder weniger offen in den Ring. Viele in der Partei halten die 41-jährige Brandenburgerin tatsächlich für die ideale Besetzung – wäre da nicht die pikante Plagiatsaffäre um ihre Doktorarbeit.

    Am Montag will die SPD ihren Fahrplan zur Kür der künftigen Parteiführung bekannt geben. Nachdem Nahles Anfang des Monats als Reaktion auf das verheerende Ergebnis bei der Europawahl hinwarf – die SPD holte gerade mal 15,8 Prozent – ist die Partei noch immer dabei, sich zu berappeln. Die kommissarischen Chefs Malu Dreyer, Thorsten Schäfer-Gümbel und Manuela Schwesig haben allesamt ausgeschlossen, für den regulären Vorsitz zu kandidieren. Auch Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte erklärt, nicht für dieses Spitzenamt zur Verfügung zu stehen.

    Auch Gesine Schwan bringt sich in Position

    Der Parteivorstand will nun zumindest die Weichen stellen, wie die neue Führung ausgewählt wird. Dabei deutet vieles darauf hin, dass es bei den Genossen künftig eine Doppelspitze nach grünem Vorbild geben könnte. Also eine Frau und einen Mann, die sich die Aufgabe teilen. An der Entscheidung, wer dieses Duo bildet, sollen die Mitglieder stark beteiligt werden, kündigte Generalsekretär Lars Klingbeil im Parteiorgan Vorwärts an. Bewerber waren bislang allerdings dünn gesät. Da ist etwa Thomas Kutschaty, der Fraktionschef im nordrhein-westfälischen Landtag. Der 51-Jährige aus Essen sagte in einem Interview: „Großen Herausforderungen darf man nicht hinterherlaufen, man darf aber auch nicht davor weglaufen.“ Klingt ein bisschen wie eine Bewerbung. Und dann ist da auch noch Gesine Schwan. „Ich will der SPD gerne helfen. Und ich traue mir auch zu, dazu beizutragen, dass das Bild der Partei in der Öffentlichkeit positiver wird, als das im Moment der Fall ist“, sagte die Politikwissenschaftlerin dem Spiegel.

    Mit Giffey aber wagte sich nun die bisher hochkarätigste Kandidatin aus der Deckung. Schon am Sonntagabend wollte sie bei „Anne Will“ eine Kandidatur nicht ausschließen, am Mittwoch legte sie in der Süddeutschen Zeitung nach. „Miesepeter“ würden die Leute nicht mögen. „Es ist extrem wichtig, dass im Vorsitz jemand ist, der Bauch und Herz erreicht“, sagte sie. Für viele in der Partei liegt auf der Hand, dass sie damit vor allem sich selbst meinte. Giffey gilt als zupackend, charismatisch und bürgernah. Politik verständlich erklären, das kann kaum ein Kabinettsmitglied so gut wie sie. Ein sperriges Reformpaket zur Kinderbetreuung wird bei ihr kurzerhand zum „Gute-Kita-Gesetz“. Nicht wenige Genossen glauben, dass Giffey noch am ehesten die drohende Niederlage bei den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen verhindern könnte.

    Kann Giffey SPD-Chefin werden, wenn sie ihren Doktortitel verliert?

    Auftrieb bekommt Giffey durch die Diskussion um einen möglichen Rechtsruck der SPD. Einige prominente Parteimitglieder forderten zuletzt, dem Beispiel der dänischen Sozialdemokraten zu folgen, die mit einer harten Migrationspolitik die Parlamentswahlen gewannen. Als frühere Bürgermeisterin des Berliner Problembezirks Neukölln hat sich Giffey stets etwa für eine harte Linie gegen mafiöse arabischstämmige Familienclans ausgesprochen. Sicherheit sei gerade ärmeren Menschen wichtig, glaubt sie. In der Bundespartei hat sie mit dieser Haltung viele Anhänger.

    Dass es trotzdem auch erhebliche Zweifel daran gibt, dass die Mammutaufgabe, die SPD vor dem Untergang zu retten, bei ihr in den richtigen Händen wäre, liegt an der Affäre um ihre Doktorarbeit. Plagiatsjäger sind sich sicher, dass die Politikwissenschaftlerin große Teile ihrer Dissertation von 2009 unerlaubt abgekupfert hat. Die Freie Universität Berlin prüft die Vorwürfe. Wohl noch im Laufe dieses Jahres wird sie entscheiden, ob Giffey ihren Titel zurückgeben muss.

    Eine frisch gewählte Parteivorsitzende im Zentrum von Rücktrittsforderungen – für Parteistrategen ist diese Vorstellung ein Albtraum. In dem Moment aber, in dem die Gutachter aber entscheiden, dass Giffey Doktor bleibt, wäre sie ganz oben auf der Liste der Wunschkandidaten für den SPD-Vorsitz.

    Lesen Sie auch unseren Kommentar: Verliert Giffey ihren Titel, ist sie aus dem Rennen.

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