Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Glosse: Brexit-Stopp mittels Telepathie: Es wird immer kurioser!

Glosse

Brexit-Stopp mittels Telepathie: Es wird immer kurioser!

    • |
    Ein Brexit-Anhänger demonstriert vor dem Parlament in Westminster.
    Ein Brexit-Anhänger demonstriert vor dem Parlament in Westminster. Foto: Victoria Jones, PA Wire/dpa

    Von außen betrachtet mag diese Brexit-Farce des Öfteren komisch wirken. Da grunzt und bellt der britische Unterhaus-Sprecher John Bercow während der äußerst unterhaltsamen Debatten die Abgeordneten zur Ordnung.

    Es sind Töne, die fast unmenschlich anmuten. Aber wer will es ihm verdenken in diesem Chaos, das sich einst als Mutter aller Parlamente rühmte? Dann wieder melden sich in der Öffentlichkeit stehende Menschen zu Wort, die – pardon – solch einen Stumpfsinn verzapfen, dass man zunächst versucht ist, loszulachen. Auch wenn einem das im Halse stecken bleibt, wenn es sich um Einmischungen von Politikern wie Ex-Außenminister Boris Johnson handelt. Vergangene Woche bewarb er in einer Kolumne in seinem Hausblatt Telegraph, der passenderweise gerne „Torygraph“ genannt wird, den sofortigen EU-Austritt und suchte sich dabei biblischen Beistand. In Anlehnung an Moses, der von Gott aufgetragen bekam, vor den Pharao zu treten, sei es auch für Premierministerin Theresa May an der Zeit, in Brüssel zu fordern: „Lass mein Volk ziehen!“

    Brexit-Chaos: Viele Briten scheinen in Sachen Humor ihr Limit erreicht zu haben

    Ja, wirklich, so richtete sich Johnson an seine Brexit-Jünger – jener Schreihals des Establishments, der sein Karriereziel, als Regierungschef in der Downing Street zu landen, trotz aller Fehltritte und Peinlichkeiten keineswegs aufgegeben hat. Traurig ist, dass diese Option bis zum heutigen Tag als Möglichkeit gehandelt wird. Es zeigt, wie verrückt, wie wahnsinnig die Zeiten auf der Insel sind. Selbst viele Briten scheinen in Sachen Humor ihr Limit erreicht zu haben und das will schon einiges heißen. Doch zum Glück, es gibt sie, die Lichtblicke. So berichtete etwa die Sunday Times kürzlich in leichtem Boulevard-Ton, dass es offenbar IQ-Unterschiede zwischen EU-Freunden und Europaskeptikern gebe. „Wissenschaft hält Brexit-Wähler für unterbelichtet“, lautete die etwas plakative Überschrift übersetzt.

    Es ginge an dieser Stelle zu weit, die genauen Details der Untersuchung aufzudröseln, nur so viel: Experten an der US-amerikanischen Universität Missouri führten vor dem schicksalhaften EU-Referendum im Jahr 2016 psychologische Tests bei Freiwilligen durch und kamen zu dem Schluss, dass Menschen, die für den Austritt stimmten, eingeschränktere Rechenfähigkeiten offenbarten, sich impulsiver zeigten und außerdem dazu neigten, nicht gestützte Behauptungen sowie autoritäre Figuren anzuerkennen. Was ein ungestümer Geist mit dem auf der Insel tief verankerten EU-Skeptizismus zu tun hat, soll vorerst das Geheimnis der Forscher bleiben. Sei’s drum. Nun gibt es ohnehin kein Entrinnen, wir sitzen im Brexit-Schlamassel fest, auch wenn das einige Beobachter nicht so wirklich wahrhaben wollen.

    Uri Geller will Brexit „telepathisch aufhalten“

    „Glaube an Britannien“ – das ist manchmal gar nicht so einfach.
    „Glaube an Britannien“ – das ist manchmal gar nicht so einfach. Foto: dpa

    Der Illusionist Uri Geller etwa verfolgt den Wahnsinn aus der Ferne. Und will aus eben dieser das Königreich retten. Geller ist der mit den Löffeln, die er schon in den 70er Jahren mit seiner vermeintlichen Mentalkraft verbog und damit zum Semi-Star aufstieg. Geller wolle May, für die er nach eigener Aussage große Bewunderung hege, an ihrem Vorgehen hindern und den Brexit „telepathisch aufhalten“. So schrieb er es kürzlich in einem offenen Brief und schob wie zum Beweis für seine übersinnlichen Fähigkeiten eine Anekdote nach, laut der Geller höchstpersönlich, wenn auch indirekt, der Politikerin zum Aufstieg in die Downing Street verhalf.

    Bei einem Treffen vor vielen Jahren habe er May einen Löffel – er greift verlässlich in die Besteckschublade – berühren lassen, mit dem einst Ex-Premier Winston Churchill gespeist haben soll. Im Anschluss habe Geller der Konservativen in die Augen geblickt und eindrücklich gesagt: „Sie werden Premierministerin.“ Den Satz wiederholte er angeblich noch einmal, doppelt hält besser. Es wäre kaum übertrieben zu behaupten, dass in der unendlichen Brexit-Saga mittlerweile Anhänger beider Seiten völlig überschnappen.

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden