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Washington: IS-Terrorismus: Sind die irakischen Soldaten feige?

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IS-Terrorismus: Sind die irakischen Soldaten feige?

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    Und sie kämpfen doch: Sunnitische Krieger unterstützen die irakische Armee bei Gefechten mit IS-Terroristen um eine Ölraffinerie in Baidschi, nördlich von Bagdad.
    Und sie kämpfen doch: Sunnitische Krieger unterstützen die irakische Armee bei Gefechten mit IS-Terroristen um eine Ölraffinerie in Baidschi, nördlich von Bagdad. Foto: Ahmad al-Rubaye/afp

    Der Republikaner John McCain steht nicht gerade im Ruf, seine Worte auf die Goldwaage zu legen. Dass er den Sprecher des Präsidenten, Josh Earnest, in einer Talkshow des Fernsehsenders Fox nun einen „Idioten“ nannte, gehört aber trotzdem nicht zu seinem üblichen Repertoire. Doch bei einer TV-Diskussion erregte sich der alte Haudegen über die „Kavaliers-Attitüde“, mit der das Weiße Haus den Vormarsch des Islamischen Staats (IS) in Irak und Syrien herunterspiele. Es sei illusionär, zu sagen: „Wir verlieren nicht.“

    Der Senator bedauerte später die Wortwahl, nahm in der Sache aber nichts zurück. Die USA müssten ihre Militärmacht auf breiter Ebene einsetzen. „Wir brauchen eine robuste Strategie. Wir brauchen mehr Truppen auf dem Boden,“ sagte er. Und: „Wir brauchen Spezialstreitkräfte.“

    McCain ist mit seiner Kritik nicht allein. Mit Ausnahme des liberalen Rand Paul rasselt das gesamte Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber kräftig mit den Säbeln und gelobt, sich stärker als Amtsinhaber Barack Obama gegen den Islamischen Staat zu engagieren.

    Carter: "Den irakischen Truppen mangelt es an Kampfwillen."

    Verteidigungsminister Ashton Carter zeigt sich angesichts der jüngsten Rückschläge in Palmyra (Syrien) und Ramadi (Irak) offen für mehr Luftangriffe und eine Bewaffnung verbündeter Sunniten- und Kurdenstämme. Bei einem entschiedenen „Nein“ bleibt es dagegen zu der Forderung, amerikanische Bodentruppen zurück in den Mittleren Osten zu schicken. Damit reflektiert Carter die Haltung von Stabschef Martin Dempsey, der „den einzigen Weg“ zu einem nachhaltigen Erfolg gegen den Islamischen Staat darin sieht, „dass Irak die Last des Problems spürt“.

    Das ist die Organisation IS

    IS ist eine islamistische Organisation. Sie hat das Ziel, einen Islamischen Staat zu errichten. Dieses Kalifat soll die Länder Syrien und Irak, aber auch den Libanon, Israel und Jordanien miteinander vereinen.

    IS steht für Islamischer Staat. Gebräuchlich ist auch die Abkürzung ISIL, das steht für Islamischer Staat im Irak und in der Levante oder ISIS für Islamischer Staat im Irak und in Syrien.

    Ihr Ziel verfolgen die Anhänger der Organisation mit militärischen Mitteln und brutalster Gewalt, darunter Bombenattentate, Folter, und Hinrichtungen von Zivilisten.

    IS kämpft an vielen Fronten. Die Terrorgruppe geht bewaffnet gegen die Regierungen in Syrien und im Irak vor, führt Krieg gegen schiitische Gläubige und vermeintliche sunnitische Kollaborateure.

    Die IS hat ihre Wurzeln in der Widerstandsbewegung gegen die Besetzung des Iraks nach dem Irakkrieg 2003.

    Die Gruppe profitierte 2013 vom Machtkampf der von Schiiten dominierten Regierung in Bagdad mit Sunniten und beherrscht inzwischen weite Teile des Iraks.

    Im syrischen Bürgerkrieg hat Isis vor allem im Nordosten des Landes die Kontrolle erlangt. Dort griff die Gruppe kurdische Städte an und massakrierten Zivilisten.

    In den besetzten Gebieten verordnen die Dschihadisten der Bevölkerung strenge Regeln. So sollen Frauen die Häuser nur noch verlassen, wenn es unbedingt notwendig ist. Alkohol und Rauchen ist verboten, ebenso Veranstaltungen und freie Presse.

    Im April 2014 sagte sich IS von Al-Kaida los. Deren Führung habe sich von den Grundsätzen des "Heiligen Krieges" entfernt, hieß es.

    Wie viele Menschen sich IS angeschlossen haben, ist unklar. Schätzungen sprechen von bis zu 15.000 Kämpfern.

    Anführer der Bewegung ist seit Mai 2010 Abu Bakr al-Baghdadi. Die USA führt ihn als einen der meistgesuchten Terroristen der Welt.

    IS wirbt im Internet aktiv um Kämpfer aus Europa. «Isis macht eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit», sagte der EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung, Gilles de Kerchove. Die Islamisten hätten sogar Kameras auf ihre Kalaschnikows geschraubt, um ihre Operationen in Echtzeit im Internet zu übertragen.

    Finanziert wurde IS zu Beginn von saudischen und katarischen Gönnern. Mittlerweile hat die Organisation mit mafiösen Methoden eigene Einnahmequellen erzeugt, etwa mit dem Schmuggel von Öl.

    Entlang dieser Linie ging Verteidigungsminister Carter hart mit den irakischen Streitkräften zu Gericht. „Die irakischen Truppen haben es offenkundig an Kampfwillen mangeln lassen“, kritisierte der Pentagon-Chef im US-Sender CNN den Rückzug der Regierungstruppen aus Ramadi. „Sie waren dem Gegner zahlenmäßig deutlich überlegen, kämpften aber nicht.“

    Die Angriffe der US-Airforce haben die Möglichkeiten des IS reduziert

    Der irakische Regierungschef Haider al-Abadi reagierte verschnupft. Der Minister sei wohl „mit falschen Informationen gefüttert worden“. Vizepräsident Joe Biden sah sich bemüßigt, die Wogen zu glätten. In einem Telefonat mit al-Abadi lobte er „die enormen Opfer und den Mut der irakischen Truppen“.

    Das Weiße Haus signalisierte, es werde eine irakische Gegenoffensive in der Anbar-Provinz mit verstärkten Luftangriffen unterstützen. Der kommandierende Generalleutnant der US-Luftoperationen in der Region John Hesterman meinte, der Kampf bleibe schwierig „und einige Rückschläge wird es geben“. Unterm Strich hätten die Angriffe der US Air Force aber die Möglichkeiten des Islamischen Staats „dramatisch reduziert“.

    Im Unterschied zu früheren Luft-Kampagnen bemühen sich die USA in Syrien und Irak intensiv darum, zivile Opfer zu vermeiden. Entsprechend schwierig gestalten sich deshalb Angriffe auf die Kommando-Zentralen des IS, die sich zum Teil in dicht besiedelten Gebieten befinden und in denen die Extremisten Gefangene als menschliche Schutzschilder einsetzten.

    Grünes Licht für eine Gegenoffensive gegen die IS

    Nach einer Statistik des Pentagons greifen die US-Luftstreitkräfte in Syrien und Irak täglich im Schnitt 15 Ziele an. Dabei seien innerhalb von zehn Monaten bis zu 12500 IS-Kämpfer getötet und etwa ein Viertel der verlorenen Gebiete zurückerobert worden. Zum Vergleich: Bei der Nato-Kampagne in Libyen 2011 flogen die Alliierten täglich 50 Einsätze, auf dem Höhepunkt des Irak-Kriegs 2003 zählten die Militärs 800 Luftschläge am Tag.

    In Bagdad gab die irakische Regierung derweil grünes Licht für eine Gegenoffensive gegen die Terrormiliz IS in der westlichen Provinz Anbar. Dass die Stadt Ramadi zurückerobert werden solle, wurde nicht ausdrücklich erwähnt. Auch gab es zunächst keine Bestätigung über tatsächliche Truppenbewegungen in der Region. Den Plänen zufolge sollen an der Seite der schiitisch dominierten Regierungsarmee Freiwillige kämpfen, die in Milizen organisiert sind. Aus Ramadi sind nach der Einnahme durch den IS 25000 Menschen geflohen.

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