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Kommentar: In Kanada redet Trump mit Putin. Immerhin…

Kommentar

In Kanada redet Trump mit Putin. Immerhin…

Simon Kaminski
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    Donald Trump ist in Kanada gefragt.
    Donald Trump ist in Kanada gefragt. Foto: Jim Lo Scalzo, epa/dpa

    Handelskrieg – ein Wort, das an überwunden geglaubte Zeiten erinnert. An heiße und kalte Kriege, an Not und Elend. Der Zweite Weltkrieg ist kein „Fliegenschiss“. Ein von Deutschland ausgelöstes Gemetzel, das nicht nur Millionen von toten Soldaten, sondern auch eine siebenstellige Summe von Schwulen, Zigeunern, Sozialdemokraten, Kommunisten, Menschen mit Behinderungen und Regimegegnern das Leben gekostet hat.

    Die Welt ist heute erneut derart aus den Fugen geraten, dass ein Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben größten Industrienationen in Kanada eine Bedeutung zugesprochen wird, die in der über 40-jährigen Geschichte dieses Gipfels seinesgleichen sucht. Doch die Erwartungen sind überspannt: Die Staats- und Regierungschefs in dem Städtchen La Malbaie in der Provinz Québec werden die schwere Krise kaum meistern können. Doch immerhin wird geredet. Ein Wert an sich.

    Die von US-Präsident Donald Trump in Kraft gesetzten Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus Europa und Kanada haben erhebliche Verletzungen verursacht. Was also kann das Treffen bringen? Natürlich ist Trump unberechenbar, selbstredend ist der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, lediglich die Karikatur eines Diplomaten. Die USA haben sich vor dem Treffen durch ihre Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran und ihre Blockade in puncto Klimaschutz meilenweit von ihren Partnern entfernt. Da klingt es schon etwas bemüht, wenn man dennoch mit einem Funken von Hoffnung auf Kanada schaut.

    Die vergessenen Ängste der Osteuropäer  

    Kommen wir – es hilft ja nichts – zum deutsch-russischen Verhältnis. Was da teilweise im Westen an Geschichtsvergessenheit mitschwingt, ist schon erstaunlich. Besonders befremdlich ist die völlige Unfähigkeit vieler Putin-Versteher, sich in die Befindlichkeit unserer Nachbarstaaten im Osten hineinzudenken. Balten, Polen und auch die Ukraine durchlitten als Teilstaaten eines Unrechtsstaates namens Sowjetunion über Jahrzehnte eine blutige Diktatur. Leichtfertig wird in Mittel- und Südeuropa über die Tatsache hinweggesehen, dass in dieser Zeit zigtausende Andersdenkende in Lagern jämmerlich zugrunde gingen, Kritik lebensgefährlich war.

    Das bedeutet nicht, dass Deutschland und Brüssel sich nicht um ein konstruktives Verhältnis zu Moskau bemühen sollten. Wir verhandeln ja auch mit den Saudis, dem Iran und China – alles Länder, die – wie Russland – auch unter großzügiger Auslegung nicht als demokratische Rechtsstaaten bezeichnet werden können. Die russische militärische Intervention in Syrien und der Ukraine, die Annexion der Krim, Hackerangriffe und die erwiesene Manipulation westlicher Wahlkämpfe sind jedoch keinesfalls Petitessen.

    Sanktionen sind immer ein zweischneidiges Schwert. Doch im Falle Russlands bleiben sie gerechtfertigt. Jeder weiß, dass ein geringfügiges Entgegenkommen Moskaus im Ukraine-Konflikt in vielen westlichen Staaten die Bereitschaft potenzieren würde, auf Putin zuzugehen.

    Der russische Präsident hat in Wien eine Aufhebung der EU-Strafmaßnahmen gefordert. Diese seien schädlich für alle, sagte er. Wie recht er hat. Doch es ist Putin selber, der alle Hebel in der Hand hat, diese Sanktionen zu beenden. Wer ehrlich ist, der weiß, dass der Westen sich damit abgefunden hat, dass die völkerrechtswidrige Besetzung der Krim unumkehrbar ist. Doch im Konflikt um die Ostukraine und in Syrien muss sich der sture Putin – im eigenen Interesse – bewegen. Der Gipfel in Kanada böte eine exzellente Gelegenheit, damit zu beginnen.

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