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USA-Besuch: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu brüskiert Obama

USA-Besuch

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu brüskiert Obama

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    US-Präsident Barack Obama mit seinem israelischen Amtskollegen Netanjahu im Jahre 2011. Dieses mal wird es zu keiner Zusammenkunft kommen, da Netanyahus Rede nicht mit Obama abgesprochen war.
    US-Präsident Barack Obama mit seinem israelischen Amtskollegen Netanjahu im Jahre 2011. Dieses mal wird es zu keiner Zusammenkunft kommen, da Netanyahus Rede nicht mit Obama abgesprochen war. Foto: Aaron Showalter/Archiv (dpa)

    Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist dabei, im Verhältnis zu den USA viel Porzellan zu zerdeppern. Heute will er im Kongress in Washington eine Rede halten und dabei für eine harte Haltung bei den Atomverhandlungen mit dem Iran werben. Doch Präsident Barack Obama wird nicht mit Netanjahu zusammentreffen, weil die Rede nicht mit ihm abgesprochen war und nur zwei Wochen vor den Wahlen in Israel stattfindet.

    Harsche Worte hat Obamas Sicherheitsberaterin Susan Rice bereits vergangene Woche gefunden: Netanjahus Auftritt mache die Unterstützung für Israel zu einer Sache des inneramerikanischen Parteienstreits, sagte sie. „Das zerstört die Basis unserer Beziehung.“

    Auch Außenminister John Kerry gab seine diplomatische Zurückhaltung auf: „Der Premierminister hat sich schon zur Notwendigkeit der Irak-Invasion unter George W. Bush sehr lautstark aus dem Fenster gelehnt“, erklärte er bei einer Kongressanhörung. „Er hat möglicherweise ein Urteilsvermögen, das in diesen Dingen falsch liegt.“ 2002 hatte Netanjahu vor dem Repräsentantenhaus gesagt: „Ich garantiere Ihnen enorme positive Auswirkungen für die gesamte Region, wenn Sie Saddams Regime stürzen.“ Ausdrücklich hatte er sich dabei auch auf den Iran bezogen.

    Netanjahu mischt sich in die Politik Amerikas ein

    Der Gescholtene muss sich in Israel ebenfalls Kritik anhören, konnte aber zuletzt nicht mehr zurück. „Ich respektiere das Weiße Haus und den US-Präsidenten“, sagte er vergangene Woche bei einem Wahlkampfauftritt. „Aber bei einer so ernsten Angelegenheit ist es meine Pflicht, alles für Israels Sicherheit zu tun.“

    Der oppositionelle Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, hatte den Gast ohne die übliche Rücksprache mit dem Weißen Haus eingeladen, und auch Netanjahu hielt es nicht für nötig, dort nachzufragen. Nur ein Drittel der Amerikaner ist jedoch mit dieser Brüskierung einverstanden; selbst Konservative und Juden erachten mehrheitlich den Auftritt als unzulässige Einmischung in das politische System der USA.

    Die Stimmung ist so schlecht, dass sich Obama selbst bislang kaum äußern musste. Dass der Auftritt in Israels Wahlkampf fällt, verschaffte dem Weißen Haus einen willkommenen Vorwand, Netanjahu ein Treffen mit dem US-Präsidenten zu verweigern. Das Verhältnis zwischen den beiden Regierungschefs gilt ohnehin als zerrüttet. Trotzdem hatten sie sich im Hinblick auf den Iran lange ergänzt: Ihre Rollenverteilung als guter und böser Polizist bewegte viele Länder zur Teilnahme an Sanktionen. Nun scheint die Kooperation ausgeschöpft.

    Netanjahu und Obama streiten über atomare Abrüstung im Iran

    Die internationalen Atomverhandlungen mit dem Iran gelten als ambitioniertestes außenpolitisches Projekt Obamas. Der israelische Premier fürchtet, der US-Präsident könne sich aus Ehrgeiz und falsch verstandener Friedenssehnsucht mit einem zu laschen Deal begnügen. Kern des Streits war zuletzt die Frage, ob ein Abkommen zeitlich befristet sein soll. Für Netanjahu bleibt jeder Plan, der Teheran nukleare Optionen belässt, eine existenzielle Bedrohung. Obamas Kabinett glaubt hingegen, dass der Iran nach einer Bewährungsphase wie jede andere souveräne Nation das Recht haben müsse, über eine zivile Nutzung der Atomkraft selbst zu entscheiden.

    Dreißig demokratische Mandatsträger haben angekündigt, Netanjahus heutigem Auftritt fernzubleiben. Auch der Stuhl von Vizepräsident Joe Biden hinter dem Rednerpult bleibt leer. Seinem eigentlichen Anliegen dürfte Netanjahu einen Bärendienst erweisen: Nachdem angebliche Details aus den Verhandlungen durchgestochen wurden, hält die US-Regierung jetzt schon Inhalte vor ihm geheim. Seine Aussicht auf künftige Mitsprache dürfte seine heutige Rede kaum steigern.

    Allerdings rechnet niemand damit, dass das Verhältnis zwischen den Staaten dauerhaft Schaden nimmt. Die sicherheitspolitische Zusammenarbeit war noch nie so eng wie unter Obama, und im Hinblick auf die Iran-Verhandlungen hat Netanjahu ohnehin die falsche Bühne gewählt: Dafür ist die Regierung zuständig, nicht der Kongress. Die Umstände seien zwar „merkwürdig, um nicht zu sagen einzigartig“, erklärte Außenminister Kerry am Sonntag, während Netanjahu im Flugzeug saß. Aber der israelische Premier könne natürlich gern in den USA sprechen. Dann bestieg Kerry selbst eine Maschine nach Genf zum nächsten Treffen mit seinem iranischen Amtskollegen.

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