Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Klimaschutz: Linke und Grüne kritisieren Entwurf für Klimaschutz-Paket

Klimaschutz

Linke und Grüne kritisieren Entwurf für Klimaschutz-Paket

    • |
    Wie ist es möglich, bis 2030 bis zu 300 Millionen Tonnen CO2 weniger in die Luft zu blasen? Das ist die Kernfrage bei den Gesprächen zum Klimaschutzplan von Union und SPD.
    Wie ist es möglich, bis 2030 bis zu 300 Millionen Tonnen CO2 weniger in die Luft zu blasen? Das ist die Kernfrage bei den Gesprächen zum Klimaschutzplan von Union und SPD. Foto: Daniel Reinhardt/Illustration, dpa

    Wenn sich Minister und Kanzlerin am Donnerstagabend zur Rettung des Klimas versammeln, liegt eine Mammutaufgabe vor ihnen. Denn ihre Beamten und Experten hatten nur eine ungenügende Grundlage, noch dazu mit einer großen Lücke, vorbereitet: Der Entwurf des Klimaschutzplans, der unserer Redaktion vorliegt, deckt nur rund die Hälfte des bis 2030 einzusparenden Kohlendioxids ab.

    Es liegt an der Regierungsmannschaft, die andere Hälfte der Ideen zu liefern, wie Deutschland seinen Ausstoß an Treibhausgasen drücken kann. Wegen der großen Lücke wird nicht mit einer schnellen Einigung gerechnet, weshalb am Freitag weiterverhandelt wird.

    Klimaschutzplan: So wollen Union und SPD mehr CO2 einsparen

    Im Jahr 2030 will die Bundesrepublik 300 Millionen Tonnen weniger CO2 in die Luft blasen als heute. In dem Papier mit Stand Montagabend finden sich aber nur Vorschläge für 125 bis 150 Millionen Tonnen. Angesichts dieser Differenz kritisiert der Klima-Experte der Linken, Lorenz Gösta Beutin, die Arbeit von Schwarz-Rot. Er sagt: „Der Freitag wird ein schwarzer Freitag für den deutschen Klimaschutz. Der vorliegende Entwurf ist der niederschmetternde Beleg für den Klima-Stillstand der Großen Koalition.“

    Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte noch vor den Gesprächen zum Klimaschutzplan die Devise ausgegeben: Alles, nur kein „Pillepalle“. Vor allem im Verkehrsbereich wird das mit Zumutungen verbunden sein, wie die Koalition in ihrem Klimaschutzplan einräumt. Die deutliche Senkung des Ausstoßes an Treibhausgasen wird „an die Grenzen der absehbaren technischen Machbarkeit und der gesellschaftlichen Akzeptanz gehen“, wie es in dem Dokument heißt.

    Die bisher versammelten Vorschläge, wie zum Beispiel die Stärkung der Bahn, deutlich mehr Busse auf den Straßen, Förderung von Elektroautos, Steueraufschlag für Spritschlucker und höhere Preise für das Fliegen, reichen aber bei weitem noch nicht aus. Die geplanten Schritte bringen höchstens eine Einsparung zwischen 15 bis 25 Millionen Tonnen. Nötig wären aber 60 Millionen.

    Unklar bleibt: Wie teuer wird der Klimaschutz für Wirtschaft und Gesellschaft?

    Noch keine Einigung zwischen SPD und Union gibt es im zentralen Streitpunkt. Beide Lager wollen den CO2-Ausstoß im Verkehrsbereich und beim Heizen von Gebäuden teurer machen, damit sich die Verbraucher ein umweltfreundliches Auto kaufen oder eine alte Heizung austauschen lassen. Der Entwurf des 140 Seiten starken Katalogs lässt den Punkt offen, ob das über höhere Steuern auf Öl, Gas und Sprit (SPD) oder über einen Handel mit Luftverschmutzungsrechten erreicht werden soll (CDU/CSU).

    Damit verbunden ist die Frage, wie soziale Härten vermieden werden können. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) plant eine Klimaprämie für jedermann, die Union hat sich für die Senkung der Stromsteuer ausgesprochen. Auch das Gesamtvolumen, wie viel Geld der große Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft kosten wird, ist bisher nicht beziffert. An der Stelle findet sich als Platzhalter ein dreifaches X.

    Deutschland beim UN-Klimagipfel: Merkel will nicht mit leeren Händen dastehen

    Deutlich abzulesen an der Rohfassung ist allerdings, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden soll. Die bisherigen Limits für Windräder an Land und in der See und für Solarfelder werden angehoben. Die Koalition verlässt sich hier darauf, dass sie den lokalen Widerstand gegen Windräder und neue Stromleitungen besänftigen kann. Im Gebäudesektor soll die seit Jahren diskutierte steuerliche Förderung von Sanierungen kommen, wenn es bei der Vorlage bleibt. Der Einbau neuer Ölheizungen wird nach den Vorstellungen der Koalition ab 2030 verboten werden.

    Wie aus dem Parlament zu hören ist, wird das Kabinett am Freitag nicht unmittelbar einen Gesetzentwurf beschließen. Zunächst wollen sich Ministerriege und Kanzlerin auf ein rund 20-seitiges Eckpunktepapier verständigen. Dieses soll in den nächsten Wochen zu einem Gesetz ausgearbeitet werden. Für Merkel ist wichtig, dass sie auf dem UN-Klimagipfel in New York Anfang nächster Woche nicht mit leeren Händen vor die Weltgemeinschaft tritt. Deutschland ist vom einstigen Primus des Klimaschutzes in das Mittelfeld abgerutscht.

    Opposition kritisiert Klimaschutzpläne der Regierung noch vor deren Ausarbeitung

    Kritik an dem Entwurf für den Klimaschutzplan von Union und SPD kommt noch vor Beginn der Gespräche von den Grünen. „Das was bisher auf dem Tisch liegt, ist eher ein Schmalspur-Konzept“, sagte der stellvertretende Grünen-Fraktionschef Oliver Krischer unserer Redaktion. „Es wimmelt von Forschungsinitiativen und Ankündigungen, dass man sich demnächst auf etwas einigen wird“, betonte er. „Ich hoffe nicht, dass am Ende des Tages irgendwelche Phantasiezahlen bei der CO2-Einsparung hinter die Maßnahmen geschrieben werden“, sagte er mit Blick auf die Sitzung des Klimakabinetts am Freitag.

    Danach sehe es jedoch beim Entwurfspapier „Klimaschutzprogramm 2030“ im Verkehrsbereich aus. Auch beim Ausbau der Erneuerbaren Energien klaffe eine große Lücke, warnte der Grünen-Politiker. „.Es hilft nichts die Ausbauzahlen auf dem Papier nach oben zu schrauben, aber keine konkreten Maßnahmen zur Zielerreichung zu nennen, weil man so zerstritten ist“, kritisierte Krischer. „Die Nachtschicht wird dringend gebraucht“, fügte er mit Blick auf die Sitzung der Koalitionspolitiker hinzu.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Klimakanzlerin? Selbst eine Mutti kann nicht alles richten

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden