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Koalitionsgespräche: IT-Branche fordert von Ampel Superministerium für Digitales

Koalitionsgespräche

IT-Branche fordert von Ampel Superministerium für Digitales

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    Die IT-Wirtschaft fordert von der Ampel ein Digitalministerium
    Die IT-Wirtschaft fordert von der Ampel ein Digitalministerium Foto: Peter Kneffel, dpa

    Für die deutsche IT-Branche hängt der künftige Wohlstand des Landes auch davon ab, ob SPD, Grüne und FDP es schaffen, die Digitalisierung nicht nur in Zielen, sondern auch in der Praxis voranzutreiben. Dies werde ohne ein neues Superministerium für Digitalisierung kaum zu schaffen sein. Um keine weitere Zeit zu verlieren, wäre es am besten, kein eigenständiges Digitalministerium zu schaffen, sondern es mit einem bestehenden Ressort zu verschmelzen, sagte der Präsident des Branchenverbands Bitkom, Achim Berg im Interview mit unserer Redaktion. „In Deutschland verliert sich die Digitalisierung trotz ambitionierter Ziele im Kompetenzwirrwarr aus Föderalismus und diversen Ministerien auf Bundesebene“, kritisierte Berg.

    Fusion mit bestehendem Ressort als beste Lösung

    „Deutschland würde von einem echten Digitalministerium mit klaren Zuständigkeiten, klarer Verantwortung und mit einem eigenen Finanzbudget profitieren“, betonte der Bitkom-Chef. „Es wäre sehr viel besser, die Kernbereiche der Verwaltungsdigitalisierung, des sogenannten E-Government, der Telekommunikation, des Breitbandausbaus und die Förderung digitaler Schlüsseltechnologien federführend in einem Ministerium zu bündeln“, sagt Berg. Zwar wäre ein eigenes Digitalministerium sinnvoll, „aber wir würden uns zwei Jahre Aufbauarbeit sparen und nicht noch einmal Geschwindigkeit verlieren, wenn wir ein bestehendes Ressort nutzen und auf das Digitale konzentrieren“, betonte er. Dazu könnten sowohl das Wirtschafts- als auch das Verkehrsministerium umgebaut werden.

    Andere Länder seien dank Digitalministerien Deutschland voraus

    „Digitalministerien gibt es zum Beispiel in Norwegen, Dänemark und Großbritannien“, sagte Berg. „Diese Länder schneiden bei Digitalisierung im internationalen Vergleich sehr viel besser ab als Deutschland.“ Die deutsche Politik formuliere zwar große Ziele, schaffe es aber nicht sie in die Praxis umzusetzen, wie beim Onlinezugangsgesetz, mit dem eigentlich 575 wichtige Behördenleistungen bis 2022 digital angeboten werden müssten, mahnte Berg. „Jeder weiß, dass dies absolut notwendig ist, aber bis dahin nie funktionieren wird“ sagte er. „Die Menschen werden weiter bei den Ämtern Schlange stehen müssen, weil Bund und Länder bei ihrem wichtigsten Digitalisierungsprojekt wieder einmal extrem langsam auf unterschiedliche Standards setzen.“

    Dies bedrohe langfristig Deutschlands Wohlstand: „In einem Land mit einer Verwaltung von vorgestern können sich keine erfolgreichen Start-ups von morgen entwickeln“, betonte Berg.

    "Digitalisierung ist für alle Politikbereiche ein immens wichtiges Thema, an dem kein Ministerium vorbeikommt“, sagte der frühere Microsoft-Deutschlandchef. „Studien zeigen, dass man die Hälfte der CO2-Emissionen allein durch mehr Digitalisierung einsparen kann. Auch die Zukunft unserer Mobilität wird sehr stark digital getrieben sein.“ Auch die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie entscheidend mehr Digitalisierung etwa im Gesundheitswesen sei.

    Breitbandausbau wäre laut Bitkom-Chef längst machbar gewesen

    „Wir müssen raus aus der digitalen Lethargie, wenn wir international nicht nach hinten durchgereicht werden wollen“, sagte Berg und warnte SPD. Grüne und FDP vor halbherzigen Lösungen. „Die Sorge besteht, dass ein Digitalministerium nicht mit ausreichend Kompetenzen und finanziellen Mitteln ausgestattet wird“, sagte der Bitkom-Präsident. „Ein reines Alibiministerium für Digitales wäre völlig kontraproduktiv“, betonte er. Ein Digitalministerium, das im eigenen Haus mit gutem Beispiel vorangehe, könne Vorbild- und Pilotcharakter für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung haben.

    Auch der Breitband-Ausbau müsse durch das neue Ministerium endlich beschleunigt werden. „Das Problem des mangelhaften Glasfasernetzausbaus hätte die Politik schon vor Jahren lösen können, wenn sie Genehmigungsverfahren deutlich vereinfacht hätte“, sagte der für die Telekommunikationsunternehmen zuständige Branchenverbandschef. „Spanien hat zum Beispiel in kürzester Zeit den Ausbau auf 80 Prozent Glasfaserabdeckung geschafft, auch weil man die Leitungen nicht so tief unter der Erde wie bei uns verlegen muss, sondern ruckzuck unter den Straßenteer fräst oder abgelegene Ortschaften auch mal mit Überlandleitungen verbindet“, sagte Berg. „Es nützt wenig, Milliardenbeträge als Förderung zur Verfügung zu stellen, wenn man in der Praxis die Leitungen gar nicht so schnell verbuddeln kann, weil die Genehmigungen nicht kommen und sind die dann da, fehlt es an Baukapazitäten.“

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