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Kommentar: Auf die neue Koalition in Italien kommen harte Zeiten zu

Kommentar

Auf die neue Koalition in Italien kommen harte Zeiten zu

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    Giuseppe Conte (l), italienischer Ministerpräsident und designierter Premierminister, spricht nach dem Treffen mit Staatspräsidenten Mattarella in Rom.
    Giuseppe Conte (l), italienischer Ministerpräsident und designierter Premierminister, spricht nach dem Treffen mit Staatspräsidenten Mattarella in Rom. Foto: / Roberto Monaldo/LaPresse/ZUMA Press (dpa)

    In Italien bahnt sich nicht nur eine neue Regierungskoalition an, eine Neuausrichtung der Politik in Rom steht bevor. Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung paktiert anstatt wie in den vergangenen 14 Monaten mit der rechtspopulistischen Lega nun mit den Sozialdemokraten. Staatspräsident Sergio Mattarella beauftragte Noch-Ministerpräsident Giuseppe Conte mit der Bildung einer entsprechenden Regierung, die in den kommenden Tagen Kontur annehmen soll. Von rechtsaußen schwenkt Italien nun nach links.

    Was die Fünf-Sterne-Bewegung will, ist schwer zu sagen

    Die Sozialdemokraten haben dabei das vertrautere Profil. Wer die Populisten von der Fünf-Sterne-Bewegung eigentlich sind, ist nur schwer auszumachen. Als „linkspopulistisch“ wird die vom Satiriker Beppe Grillo gegründete Bewegung gerne bezeichnet, die menschenfeindliche Asylpolitik von Lega-Chef und Innenminister Matteo Salvini trug auch sie jedoch mit. Zu erwarten ist, dass die Links-Koalition in Rom sich vor allem der sozialen Frage zuwenden wird.

    14 Millionen Italiener leben in Italien unter oder an der Armutsgrenze. Das Rezept der italienischen Rechtspopulisten um Salvini lautete „Italiener zuerst“. Das Ausspielen von Immigranten gegen die Einheimischen, die wegen der Versorgung der „Fremden“ zu kurz kämen, fruchtete bei den italienischen Wählern.

    Doch angesichts dieser Verkürzung und dem harten Vorgehen Salvinis gegen Migranten und Hilfsorganisationen im Mittelmeer bildete sich in Italien auch immer mehr Widerstand gegen die Ultrarechte. Diese Gemengelage bildet nun die ideologische Substanz für die neue Links-Regierung unter Premier Giuseppe Conte. Dieser muss noch zahlreiche Hürden nehmen, es geht um Posten, Programmatisches und letztlich auch um die Bestätigung der Fünf-Sterne-Mitglieder, die online über die Koalition abstimmen sollen. Der Erfolg der neuen Exekutive hängt davon ab, ob es Conte und der Koalition gelingt, die sozialen Missstände anzupacken.

    Mit der Einführung des sogenannten Bürgergehalts, einer verkappten Sozialhilfe, machten die Sterne bereits einen Anfang. Regelmäßige Unterstützung für Bedürftige gab es in Italien bislang nicht. Nun könnten auch der Mindestlohn und mehr Schutz für Menschen in prekären Arbeitsbedingungen kommen. Die Frage ist, wie Italien diese Politik finanzieren kann. Die Nation hat mehr als 2,3 Billionen Euro Schulden. Eine Neuverschuldung ist schwierig.

    Wird in Italien jetzt alles besser? Zu viel Hoffnung sollte man sich nicht machen

    Bei allen Mängeln, die auch die neue Exekutive aufweisen wird, hat sie schon jetzt einen Verdienst: Rechtspopulist Salvini ist vorerst gestoppt. Nun kommt es darauf an, die Scherben seiner Politik zusammenzukehren. Die Salvini-Propaganda hat sich angesichts der Unzufriedenheit der Italiener über die Verhältnisse im eigenen Land in vielen Köpfen festgesetzt. Hier eine konstruktive Politik zu machen, die den Wert der Solidarität in den Mittelpunkt stellt, ist die Herausforderung für die Links-Koalition.

    Man sollte sich allerdings keine zu großen Illusionen über einen Neuanfang in Rom machen. Sozialdemokraten wie Sterne sind in ihrem Inneren zutiefst zerstritten. Der stärkste Kitt für den Pakt von Rom ist das gemeinsame Ziel, Neuwahlen hinauszuzögern. Die zahlreichen Regisseure der italienischen Politik haben ihre eigenen Pläne und Interessen. So gilt die baldige Bildung eines neuen Parteienblocks der Mitte angesichts der Radikalisierung an den Rändern als ausgemachte Sache. Die Koalition dürfte auf harte Proben gestellt werden. Dass die neue Regierung unter diesen Bedingungen das Ende der Legislaturperiode 2023 erreicht, ist so gut wie ausgeschlossen. Der Albtraum Salvini ist gebannt, jedoch nur für den Moment.

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