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Kommentar: Die GroKo schiebt den Klimaschutz an die nächste Regierung

Kommentar

Die GroKo schiebt den Klimaschutz an die nächste Regierung

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    Hitze und Trockenheit – Klimaschutz wird existenziell. Die Kärnerarbeit überlässt die Große Koalition der nächsten Regierung.
    Hitze und Trockenheit – Klimaschutz wird existenziell. Die Kärnerarbeit überlässt die Große Koalition der nächsten Regierung. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Im Jahr 2045 soll in Deutschland das Kohle-Zeitalter enden. Dann unter dem Strich keine Klimagase mehr in die Luft blasen, um die Erderwärmung zu verlangsamen. Unter dem Strich deshalb, weil sich nicht überall ihr Ausstoß auf null senken lässt, zum Beispiel in der Viehhaltung oder Stahlerzeugung. Diese Restmengen sollen dann, so ist es vorgesehen, auch durch das Pflanzen von Bäumen ausgeglichen werden. Deutschland wäre klimaneutral. Dieses Ziel wollte die Große Koalition mit ihrer Mehrheit am Donnerstagabend in Gesetzesform gießen. Die Zustimmung des Bundestages galt als sicher.

    Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) nannte das Gesetz „ein starkes Fundament für den Klimaschutz in den nächsten Jahren und Jahrzehnten“. Es legt auch Zwischenetappen fest. Im Jahr 2030 müssen die CO2-Emissionen im Vergleich zum Basisjahr 1990 um 65 Prozent gesunken sein, 2040 um 88 Prozent. Das klingt weit weg, für einen kompletten Umbau unserer Art zu leben und zu arbeiten ist es eine kurze Frist. Die bisherige Energiewende ist nämlich nur eine Stromwende. Etwa die Hälfte des erzeugten Stroms kommt von Windrädern, Solaranlagen, Wasserkraft oder Biomasseanlagen.

    Deutschland steckt noch mitten im Kohle-Zeitalter

    Doch der Energiehunger Deutschlands wird nach wie vor mit enormen Mengen Kohle, Öl und Gas gedeckt. Nur ein Bruchteil der Autos und Lkw fährt mit Strom, die große Masse tankt nach wie vor Benzin und Diesel. Für das Heizen der Häuser kommen hauptsächlich Gas und Öl zum Einsatz. Stahlhütten, Papierfabriken, Glaswerke verfeuern Koks und Gas. Deutschland steckt mittendrin im Kohle-Zeitalter, das mit der Industrialisierung vor 250 Jahren einsetzte. Zum Ende der Wahlperiode hat die Koalition aus CDU, CSU und SPD nun sein Ende eingeläutet. Sie tat das nicht ganz freiwillig, das Bundesverfassungsgericht hatte es unmissverständlich aufgetragen.

    Noch mitten im Kohle-Zeitalter: Qualm aus dem Thyssenkrupp-Stahlwerk bei Duisburg.
    Noch mitten im Kohle-Zeitalter: Qualm aus dem Thyssenkrupp-Stahlwerk bei Duisburg. Foto: Marcel Kusch, dpa

    Was Schwarz-Rot aber nicht hinbekommen hat, ist konkrete Politik. Davor scheuten die Koalitionäre zurück. Denn der Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft kostet gigantische Summen. Die Maßeinheit dafür ist die Milliarde. Der Staat wird das Verbrennen von Sprit und Brennstoffen noch teurer machen müssen, damit Unternehmen und Verbraucher umweltfreundliche Alternativen anschaffen. Doch im Wahlkampf wollten Union und Sozialdemokraten den Wählern die Wahrheit nicht zumuten. Im Gegenteil, sie schlugen auf Annalena Baerbock von den Grünen ein, die sie ausgesprochen hatte.

    Also findet sich im Klimaschutzgesetz kein Wort zu einer höheren CO2-Steuer. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte zwar auch eine Erhöhung vorgeschlagen, aber öffentlich redet er nicht mehr davon. Derzeit kostet es 25 Euro, eine Tonne CO2 in die Atmosphäre zu schicken. Bis Mitte des Jahrzehnts steigt der Preis auf 55 Euro, was Autofahren und Heizen teurer macht. Mit Ausnahme der AfD sind sich die Parteien darüber einig, dass 25 Euro zu wenig sind, um Autofahrer in der Masse zum Umstieg auf einen Elektrowagen zu bringen.

    Der Ausbau von Windrädern und Photovoltaik läuft nur langsam

    Zu den stattlichen Klimazielen gehörte eigentlich zwingend, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien massiv hochgefahren wird. Mehr Windräder, mehr Solarfelder, mehr Stromleitungen. Doch auch darauf konnte sich Schwarz-Rot nicht verständigen. Ungelöst ist auch die Frage, wie das Tempo bei den einzelnen Projekten beschleunigt werden kann. Von der Planung bis zum Bau eines Windrades vergehen fünf bis sieben Jahre. Viele Windräder werden beklagt.

    Bis 2030 müssten jährlich doppelt so viele Solarparks in Deutschland hinzukommen wie derzeit.
    Bis 2030 müssten jährlich doppelt so viele Solarparks in Deutschland hinzukommen wie derzeit. Foto: Marcus Merk

    Die schärfste juristische Waffe ist ausgerechnet der Naturschutz, also der Schutz von Vögeln und Fledermäusen. Der Koalition ist es nicht gelungen, Naturschutz und den Ausbau der Erneuerbaren in Einklang zu bringen. Wirtschafts- und Umweltministerium blockierten sich.

    Auf der Habenseite haben CDU, CSU und Sozialdemokraten ein Klimaschutzsofortprogramm beschlossen, das einen Umfang von acht Milliarden hat. Im nächsten Jahr wird das Geld ausgeschüttet, der Großteil fließt in die Sanierung von Gebäuden. Die Stahlindustrie erhält Zuschüsse für den Bau klimafreundlicher Hochöfen. „Wir machen Klimaschutz mit Augenmaß, mit Innovationen und nicht mit Askese und Verboten“, verteidigte die klimapolitische Sprecherin der CSU im Bundestag, Anja Weisgerber, die Arbeit der Koalition.

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