
In Russland haben Zehntausende Menschen für die Freilassung von Alexej Nawalny demonstriert. Einen schnellen politischen Wandel werden sie dennoch nicht herbeiführen.
Von Wladiwostok am Japanischen Meer bis Kaliningrad an der Ostsee schwappte am Wochenende eine Welle der Empörung durch das Riesenreich. Moskau war das natürliche Zentrum der Demonstrationen. Aber die Hauptstädter waren diesmal, anders als bei früheren Massenprotesten, in ihrem gerechten Zorn nicht allein. Selbst auf der annektierten Krim, einem vermeintlichen Hort des Patriotismus, gingen Menschen auf die Straße. Sie forderten die Freilassung des inhaftierten Kremlkritikers Alexei Nawalny und protestierten gegen Korruption, Willkürherrschaft und Illiberalismus. Kurz: Gegen Präsident Wladimir Putin.
Noch vor einer Woche, als Nawalny in seine Heimat zurückkehrte und sofort ins Gefängnis geworfen wurde, hätte mit einer solch wuchtigen Reaktion im Land wohl niemand gerechnet. Umso faszinierender war es, den Mut, die Kreativität und die Energie der fast durchweg jungen Putin-Herausforderer zu sehen. Sie vernetzten sich online, teilten die skurrilsten Protestaufrufe und warfen Schneebälle auf schwer bewaffnete Sonderpolizisten.
Solidarität mit Nawalny: Tausende Russen protestieren gegen Präsident Putin
All das zeigte: Es gibt ein anderes Russland als das Reich der Kreml-Klans, der hybriden Kriegführung, der superreichen Gas- und Öl-Oligarchen oder des Staatsdopings. Und dennoch. Niemand möge sich etwas vormachen. Das System Putin verfügt über gigantische Machtressourcen. Der Opposition dagegen fehlt es an allem, was einen schnellen politischen Wandel herbeiführen könnte. Zum Beispiel an Masse: Mehrere Zehntausend Menschen sind in einem Land mit 150 Millionen Einwohnern nicht viel.

Vor allem die jungen Russen gehen für Nawalny auf die Straße
Und auch wenn den Jungen die Zukunft gehört, so werden sie ohne Unterstützung der Älteren wenig erreichen. Nicht zuletzt ist Nawalny der falsche Anführer. So mutig er ist, so schädlich sind seine Selbstverliebtheit und sein Hang zur Clownerie. Was bleibt, ist die berechtigte Hoffnung auf einen mittelfristigen Wandel. Denn viel spricht dafür, dass eine wachsende Zahl von Menschen in Russland auch in Putin nicht mehr lange den richtigen Anführer sehen wird.
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@ Von Michael G. 18:05 Uhr
>>...Nawalny ist ein Verbrecher, der Milliarden hinterzogen hat.<<
Haben Sie dafür einen glaubwürdigen Beleg? Oder arbeiten Sie für eine russische Propagandaeinheit?
Raimund Kamm
Dass Nawalny zurück in sein Heimatland reist, hat auch mit der Weltweiten Berichterstattung über den auf ihn durchgeführten Anschlag zu tun. Er setzt sein Leben erneut aufs Spiel um einen Oligarchen die Stirn zu bieten mit dem Unterschied dass, wenn er erneut einen Anschlag erleiden würde, sich die Weltgemeinschaft gegen Russland (Putin) richten würde.
Deutschland kriecht in die Hintern von: Russland, China und USA. Punkt.
@Ronald H. So richtig mit dem Weltgeschehen sind Sie nicht vertraut.
Ja, was ist denn in den Kommentator gefahren. Der Held Nawalny auf einmal ein nicht zum Anführer taugender. Das Positive - und wohl politisch bedeutensde ist, dass weit über die Metropolen Moskau und St. Petersburg hinaus Menschen auf die Strasse gingen. Mal sehen, wie sich diese durchaus neue Qualität weiter entwickelt.
Und recht hat er, der Kommentator! Nawalny hat eine sehr fragwürdige Vergangenheit, von der er sich bis heute noch nicht distanziert hat. Was natürlich die Anschläge gegen ihn(und überhaupt) in keiner Weise rechtfertigen, das ist eine andere Sache.
Das Gute an diesen Demonstrationen ist, dass sich die Bevölkerung nicht mehr ohne Gegenwehr alles gefallen lässt. Es wird ein langer Prozess, aber Putin wird sich dem nicht verschließen können.
In ganz Deutschland geht man gegen Merkel auf die Straße.
Mit ihren Worten: „Mal sehen, wie sich diese durchaus neue Qualität weiter entwickelt“
Wenn ein paar hundert Leute - von 150 Mio. Einwohnern - auf die Straße gehen, dann hat das für mich keine „Qualität“.
Nawalny ist ein Verbrecher, der Milliarden hinterzogen hat. Seine Vergangenheit ist mehr als fragwürdig, eine Klarstellung seinerseits sucht man vergeblich.
Nur weil jemand gegen etwas ist, heißt das nicht, dass er gut ist.
Milliarden Steuern hinterzogen? Herr navalny muss ja ein 2. Bill Gates sein. Zumindest vom Einkommen. ;-)
Die Vergangenheit Putins und seiner mitarbeiter ist auch oft fragwürdig. Keiner von beiden ist auch nur annähernd ein heiliger.
Naja in ganz Deutschland gehen ja soviel gegen Merkel auf die Straße. 200 im autokorso in Augsburg aus der ganzen Regionbzw Bezirk nach den Kennzeichen zu urteilen.
Mehr als ein paar hundert müssen es schon gewesen sein. Oder wie will man sonst allein über 2000 verhaften. ;-)
Von den Protesten in Weißrussland ist aber Russland weit entfernt. Putin dürfte das durchaus überstehen.
Das übermächtige Problem ist , daß der Geheimdienst FSB , das Militär und große Teile der Polizei sowie nicht wenige Abgeordnete hinter Putin und seiner Entourage stehen .
Man darf nicht vergessen , Putin kommt aus dem sowjetischen KGB . Ein großer Teil seiner Unterstützer entstammt ebenfalls aus dem ehemaligen sowj Militär und dem damaligen Sicherheitsapparat .
Dazu kommen die Oligarchen und die russische Mafia , welche sich nach dem Ende der Sowjetunion die Reichtümer Russlands - die Bodenschätze- unter den Nagel gerissen hatten .
FSB, Militär, Polizie, Oligarchen und Mafia - sie alle hätten - würde aus Rußland endlich ( wie in den 90ern so srhr erhofft) ein demokratischer westlicher freiheitlicher Staat mit Bürgerrechten - immens zu verlieren .
Diese Kreise würden Alles verlieren , was sie sich zusammengerafft haben.
Es ist also nicht nur Putin , der gehen müßte , sondern viele viele mehr .
Rußland ist seit vielen hundert Jahren immer ein "diktatorisch" regiertes Land gewesen :
zunächst das Zarenreich , dann die Sowjet- Diktatur , dann die Putin'sche Diktatur - die Alleinherrschaft des neuen Zaren
Die vielen russischen Demokraten können es nicht schaffen ! Leider !
Der Kommentar scheint mir weise.
Das Denken in Russland kann ich nicht beurteilen. Noch nie war ich in dem Land.
Doch vermutlich sind in Russland, wo es im Prinzip noch nie eine demokratische Epoche gegeben hat, demokratische Werte nur schwach verwurzelt. Doch junge Menschen, die mit den heutigen Medien viel aus der Welt erfahren, sind unruhig. Und gut, dass sich Tausende trauen, dem diktatorischen Staat und seinen Knechten zu widersprechen.
Raimund Kamm
Harmlos - der Liebling des Westens. Ich glaube auch in Deutschland wird bei nicht genehmigten Demonstrationen nicht nur zugeschaut. Zumindest habe ich noch einige Bilder im Hinterkopf.
Alles, was das Regime des Kriegstreibers und Möchtegern-Zaren Putin schwächt, ist gut. Wenn auch vermutlich kurzfristig eher chancenlos.
Ein paar tausend Menschen versammeln sich ohne genehmigte Demonstration, halten sich nicht an Corona Regeln. Ist ja wie in Leipzig damals. Oh nein. In Leipzig waren es viel mehr als jetzt in ganz Russland.
Diese Veranstaltungen scheinen von außen finanziert und gesteuert zu sein, wie die Trompeten von Jericho.
Ein Regime, dass offensichtlich Gegner ermordet, genehmigt diesen auch keine Demonstrationen, sondern verprügelt und verhaftet die Demokraten.
Raimund Kamm