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Kommentar: Iran-Abkommen: Realpolitik dauert länger als ein Tweet

Kommentar

Iran-Abkommen: Realpolitik dauert länger als ein Tweet

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    Die USA steigen aus dem Atom-Abkommen mit Iran aus. Donald Trump feiert sich dafür unter anderem auf Twitter. Doch Realpolitik funktioniert anders.
    Die USA steigen aus dem Atom-Abkommen mit Iran aus. Donald Trump feiert sich dafür unter anderem auf Twitter. Doch Realpolitik funktioniert anders. Foto: Ting Shen, dpa

    Nehmen wir mal an, Donald Trump brächte Nordkoreas Diktator Kim Jong Un beim Gipfeltreffen am 12. Juni in Singapur dazu, seine Atomraketen herzugeben. Was für ein triumphaler Tweet ginge aus dem Weißen Haus um die Welt. Geschichte sei geschrieben worden, a very good deal.

    Würde Trump dann noch verlangen, dass Kim künftig auch keine politischen Gefangenen mehr hinrichten lässt? Dass er freie Medien zulässt, bald Wahlkampf führt, die Idee des freien Handels umarmt – und gleich ein Trump-Hotel in Pjöngjang zulässt?

    Natürlich nicht, der US-Präsident würde feiern, einem Schurken eine unfassbar wichtige Konzession abgerungen zu haben – und nicht darüber nachdenken, dass der doch ein Schurke bleibt.

    Trumps Argumentation zum Iran-Abkommen ist dumm

    Man muss diesen Vergleich in seiner ganzen Übertreibung ziehen. Denn nur so lässt sich verstehen, wie dumm Trumps Argumentation zum Iran-Abkommen ist. Das hat er gekündigt, eben weil es zu limitiert sei – sich also „nur“ auf das Atomprogramm konzentriere und vernachlässige, wie das Regime seine Bürger unterdrücke, wie offen es Terrorismus fördere und blutige Konflikte (etwa in Syrien) stetig blutiger mache.

    Natürlich hätten die Architekten des Iran-Abkommens all diese Übel am liebsten auch noch per Dekret aus der Welt geschafft. Aber in der realen Welt kann man sich seine Verhandlungspartner nicht aussuchen. Genau wie Trump – zu Recht – eine beschränkte Einigung mit Nordkorea feiern würde, so richtig war die Beschränktheit der Ambition mit Iran.

    Das nennt sich Realpolitik, auch Diplomatie. Man schließt Kompromisse, und jede Seite bekommt etwas, manchmal Schlechtes, um noch weit Schlimmeres – Krieg! – zu verhindern.

    Auch schließt man Deals mit bösen Menschen ab, um vielleicht bessere Menschen an die Macht zu bringen. Diplomaten wollen in Nordkorea nicht nur die Bombe entschärfen, sondern auch die Herrschaft einer Familie aufweichen. Im Iran war dieser Plan gar konkreter: Das Land verfügt über eine gebildete junge Bevölkerung, viele mutige Blogger, es existiert eine Oppositionsbewegung. Alle Infos im Newsblog: US-Ausstieg aus Iran-Abkommen schürt Sorge vor Eskalation

    Iran kann sich verändern - das muss Ziel bleiben

    Das Atomabkommen sollte diese stärken, indem es wirtschaftlichen Aufschwung gegen Kontrolle versprach. Der stockt bislang, teils weil das Regime die Wirtschaft kontrolliert. Aber auch weil Investitionen aus Angst vor US-Sanktionen nicht so flossen wie geplant (obwohl, das bestreitet kein Experte, Iran das Abkommen einhält).

    Und nun? In der Theorie können die USA das Abkommen nicht einseitig aufkündigen, Teheran könnte es einfach weiter einhalten. Das wollen die Europäer erreichen. Irans Präsident hat angedeutet, weniger auf Trump zu schauen als auf die Reaktion der Europäer.

    Die müssen Iran nun weiter eine wirtschaftliche Perspektive bieten, selbst wenn Trumps neuer Botschafter in Berlin gleich per Tweet deutsche Firmen aufforderte, dort nicht zu investieren. Sie müssen zudem weiter verhandeln, schon weil die Alternativen so unheimlich gefährlich sind.

    Das Aufrüsten anderer Regime wie Saudi-Arabien könnte zur Atom-Apokalypse führen – und ein Militärschlag gegen in der Erde versteckte Anlagen der Iraner einen Flächenbrand auslösen.

    Europas Politikern bleibt also gar nichts übrig, als weiter zu reden. Mit Teheran, aber auch mit China und Russland, die den Iran massiv wirtschaftlich stützen. Und: Sie sollten das – ohnehin verfolgte – Ziel beibehalten, das Abkommen nicht nur zu retten, sondern gar strenger zu machen, etwa langfristiger.

    All das ist mühsam, langwierig, vielleicht unmöglich. Aber es ist Realpolitik. Und die dauert nun mal länger als ein Tweet.

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