Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Kühnert tut der SPD mit seinen linken Thesen einen Gefallen

Kommentar

Kühnert tut der SPD mit seinen linken Thesen einen Gefallen

Stefan Lange
    • |
    Kevin Kühnert hat mit seinen linken Gedankenspielen viel Kritik ausgelöst.
    Kevin Kühnert hat mit seinen linken Gedankenspielen viel Kritik ausgelöst. Foto: Marius Becker, dpa (Archiv)

    Bei der SPD ist der interne Druck gerade enorm groß. Botschaften dringen nicht ans Wahlvolk durch, Parteichefin Andrea Nahles findet kein Mittel dagegen, die Partei ist in ihren Grundfesten erschüttert. Die jüngsten Umfragen sind weitere Hammerschläge aufs Partei-Fundament, das Meinungsforschungsinstitut Insa sah die Sozialdemokraten zuletzt bei desaströsen 16 Prozent.

    Wenn der Druck auf den Kessel zu groß wird, dann muss er irgendwie abgelassen werden, sonst gibt es einen ganz großen Knall. Als Druckminderer fungiert gerade Kevin Kühnert, 29 Jahre alt, Vorsitzender der SPD-Nachwuchsorganisation Jusos und von der New York Timeskürzlich zu dem Mann geadelt, der Kanzlerin Angela Merkel stürzen könnte.

    Kühnert ist in der Wochenzeitung Die Zeit interviewt worden und redet dort der Enteignung das Wort. Er will große Firmen wie BMW „kollektivieren“, also enteignen. Darüber hinaus will er den großen Immobilienkonzernen ans Portfolio – mehr als eine Wohnung muss niemand besitzen, meint Kühnert.

    Kevin Kühnert steht in der Kritik

    Der Nachwuchs-Star der SPD hat mit seinen Äußerungen heftige Kritik hervorgerufen, selbst Parteikollegen sind entsetzt. Der Hamburger Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs spricht von grobem Unfug und will wissen, „was der geraucht“ hat.

    In der Tat sind Kühnerts Äußerungen für sich genommen ziemlicher Unsinn. Enteignungen sind in Deutschland laut Artikel 14 Grundgesetz zwar zulässig, aber nur „zum Wohle der Allgemeinheit“. Die Verstaatlichung eines Automobilkonzerns wie BMW würde das Gegenteil bewirken. Die Bayern sind auch in schlechten Zeiten ein zuverlässiger Arbeitgeber, sie zahlen ihrer Stammbelegschaft ordentliche Löhne.

    Konzerne wie BMW schütten in der Regel eine gute Dividende aus und sorgen so auch dafür, dass Lebensversicherungen die Versorgungslücke im Rentenalter schließen können. Dass Verstaatlichung wenig Sinn macht, zeigen auch die Beispiele Telekom und Deutsche Bahn. Deren Privatisierung hat dem Volk mehr Vor- als Nachteile gebracht.

    Kühnerts Vorstoß an sich wird deshalb bald der Geschichte angehören, oder sich, um im Bild von Johannes Kahrs zu bleiben, in Rauch auflösen. Ganz nutzlos ist der Geistesblitz jedoch nicht.

    Kevin Kühnert grenzt sich von CDU und CSU ab

    Viele Menschen im Land haben den Eindruck, dass sie von der Entwicklung abgehängt werden. Umfragen zeigen, dass die Angst vor Armut steigt. Tatsächlich wird die Schere zwischen Reichen und weniger Reichen größer. Man kann Kühnert zugutehalten, dass er darauf eine Antwort formulieren wollte. Kühnert, auf den sie in der SPD große Hoffnungen setzen, hat mit seinen Äußerungen zudem künftige Koalitionen im Blick.

    Mit seinen Verstaatlichungsgedanken grenzt er sich von CDU und CSU ab, die strikt auf Wettbewerb setzen. Dafür öffnet der mögliche Nachfolger von SPD-Chefin Nahles die Türen ganz weit für die Grünen. Deren Vordenker Robert Habeck hält Enteignungen für ein probates Mittel, mindestens bei den großen Immobilienkonzernen kann er sich das gut vorstellen. Bei den Linken dürften Kühnerts Sozialismus-Ideen ohnehin auf fruchtbaren Boden stoßen.

    Kühnert hat seiner Partei deshalb unterm Strich einen Gefallen getan. Die klammert sich mit ihrer Vorsitzenden Nahles nahezu sklavisch an den Koalitionspartner Union, dank ihres Juso-Vorsitzenden dürfen die Sozialdemokraten nun offen über andere Optionen diskutieren. Über ein rot-grün-rotes Bündnis etwa, über Zustimmungswerte deutlich über 20 Prozent und über eine Zukunft, in der die SPD wieder Druck macht. Und zwar nach außen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden