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Gesundheit: Krankenkassen wollen Ansturm auf Arztpraxen zum Quartalsbeginn bremsen

Gesundheit

Krankenkassen wollen Ansturm auf Arztpraxen zum Quartalsbeginn bremsen

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    Für viele Rezepte soll bis Ende Juni ein Telefonanruf ohne Vorlage der Versichertenkarte ausreichen.
    Für viele Rezepte soll bis Ende Juni ein Telefonanruf ohne Vorlage der Versichertenkarte ausreichen. Foto: K.-J. Hildenbrand, dpa

    Millionen Bundesbürger sind auf regelmäßige verschreibungspflichtige Medikamente angewiesen. Dazu gehören insbesondere jene, die in der Coronavirus-Krise zu den Risikogruppen zählen: chronisch Kranke, ältere Menschen und Patienten, die unter nur langsam zu kurierenden Krankheiten leiden. Normalerweise gehen sie regelmäßig zum Haus- oder Facharzt, um sich ihr Rezept zu holen und – wenn sie gesetzlich versichert sind – einmal im Quartal ihre sogenannte "Gesundheitskarte" für die Abrechnung mit den Krankenkassen vorzulegen. Am 1. April beginnt das neue Abrechnungsquartal.

    Manche Ärzte lassen sich die Versichertenkarte per Post zuschicken

    Die allermeisten Ärzte bieten wegen der Corona-Krise zwar Rezepte per Post und telefonische Beratung an. Manche verlangen aber, dass die Patienten ihnen dafür ihre Versichertenkarte ebenfalls mit der Post zuschicken sollen. Experten warnen allerdings davor, dass sich dennoch Hunderttausende Patienten auf den gewohnten Gang in die Hausarztpraxen machen und sich damit einer möglichen Ansteckungsgefahr aussetzen. "Es ist in der Tat ein Problem, das gelöst werden muss", sagt die Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink. "Besonders bei chronisch Kranken und Folgerezepten muss eine praktikable Regelung gefunden werden."

    Den Versand der Gesundheitskarten auf dem Postweg hält die Grünen-Bundestagsabgeordnete für unsinnig: "Es sollte ermöglicht werden, dass Folgerezepte telefonisch verlängert werden und dann zu den gleichen Kriterien abgerechnet werden können", betont sie. "Wichtig wäre, dass die Rezepte unkompliziert entweder in der Wunschapotheke oder zu Hause bei den Patienten ankommen."

    Die elektronische Patientenakte soll erst 2021 kommen

    Auch dies bieten viele Ärzte an und schicken die Rezepte per Fax an Apotheken, andere würden am liebsten per E-Mail oder auf anderem Weg elektronisch kommunizieren. Bei vielen älteren Patienten ist das aber ein Problem und auch im Datenaustausch zwischen Ärzten und Apotheken herrscht oft noch immer digitale Steinzeit. So soll beispielsweise die seit Jahrzehnten diskutierte elektronische Patientenakte erst ab kommendem Jahr langsam eingeführt werden. Die endlosen Dauerdiskussionen über Vor- und Nachteile der Papierkarteiakten der Patienten könnten sich in Pandemiezeiten vielleicht noch rächen.

    Doch auch die Krankenkassen wollen nun einen Ansturm hunderttausender möglicher Risikopatienten in die Hausarztpraxen zum Quartalswechsel verhindern. "Arztpraxen dürfen in der aktuellen Ausnahmesituation durch die Corona-Pandemie ihren Patienten zeitlich befristet bis zum 30. Juni Folgerezepte, Folgeverordnungen und Überweisungen per Post zusenden", sagt Ann Marini vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen. "Voraussetzung ist, dass der Patient bei dem Arzt in Behandlung ist." Dies gelte für die allermeisten älteren und chronisch kranken Patienten. In all diesen Fällen sei auch die Vorlage der elektronischen Gesundheitskarte nicht erforderlich, betont Sprecherin Marini. Auch die Kassenärztliche Vereinigung empfiehlt ihren Medizinern genau dieses Vorgehen.

    Bei Krankschreibungen per Telefon ist keine Versichertenkarte nötig

    Die sogenannte "Folgeverordnung", bei der die Daten aus dem letzten Quartal ohne erneute Vorlage der Gesundheitskarte aus dem Vorquartal weiter genutzt werden sollen, gilt nicht nur für Arzneimittel. Ärztliche Verordnungen für Krankenbeförderung, häusliche Krankenpflege, Verbands- und Heilmittel, Blutzuckerteststreifen sowie Überweisungen zu anderen Ärzten sollen genauso ablaufen. Auch bei leichten Infekten können Ärzte Krankschreibungen derzeit für bis zu 14 Tage per Telefon ausstellen, ohne dass dafür die Vorlage der Versichertenkarte notwendig ist, betont der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Roland Stahl. "Mit diesen Angeboten sollen unnötige direkte Kontakte vermieden werden." Ob ein Arzt all die Möglichkeiten nutze, entscheide aber jeder im Einzelfall selbst.

    Schwieriger wird es für Kassenpatienten, die sich als Nicht-Privatversicherte Medikamente auf Privatrezept ausstellen lassen, zum Beispiel, weil sie einen größeren Vorrat möchten. Dies soll der Kassenärztlichen Vereinigung zufolge, wenn es aus ärztlicher Sicht nicht notwendig ist, eingeschränkt werden, um einer Knappheit von Arzneimitteln ähnlich vorzubeugen.

    In Bayern fehlt noch immer Schutzkleidung

    Die niedergelassenen Ärzte bewegt aber momentan eine ganz andere Sorge viel mehr: Die von der bayerischen Staatsregierung versprochenen Lieferungen von Schutzkleidung sind immer noch nicht angekommen, wie der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer, Gerald Quitterer, betont "Wir mahnen die erforderliche Schutzausrüstung für Ärztinnen und Ärzte und für das medizinische Pflegepersonal an", betonte er. "In ausreichender Stückzahl." Der Mangel an Schutzausrüstung werde "immer dringlicher – ganz besonders in der haus- und fachärztlichen Versorgung, der stationären Langzeitpflege, im Rettungsdienst und auch bei ambulanten Pflegediensten", warnte Quitterer.

    Über alle Entwicklungen rund um das Coronavirus informieren wir Sie in unserem Live-Blog.

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