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Analyse: Lockdown in Deutschland: In der Politik herrscht Ratlosigkeit

Analyse

Lockdown in Deutschland: In der Politik herrscht Ratlosigkeit

Stefan Lange
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    Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer Pressekonferenz mit Markus Söder und Michael Müller.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer Pressekonferenz mit Markus Söder und Michael Müller. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Es schien in den Wochen vor Weihnachten so, als ob die Corona-Pandemie einigermaßen unter Kontrolle sei. Ein paar schöne Weihnachtstage, ein ruhiges Silvesterfest, dann wird geimpft, und mit den immer länger werdenden Tagen zieht sich das Virus immer weiter zurück – so die Linie, die die Mehrheit der Regierenden in Bund und Ländern verheißungsvoll vorgab.

    Vielen im Volk schwante da schon, dass es so einfach nicht werden würde, und in der Tat: Die Lage ist weder im Griff noch ist absehbar, wann sie das sein wird. Das Virus mutiert, die Impfstoffversorgung schwankt, viele Menschen verlieren die Geduld und riskieren lieber einen Ausflug in den Schnee, als ständig zuhause zu sitzen. Die Politik ist weitgehend hilflos, wie die Runde der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlern Angela Merkel gezeigt hat.

    Corona-Krise in Deutschland: Es herrscht Ratlosigkeit

    Es ist nicht Panik, es ist auch nicht Chaos, was da in den Regierungsetagen herrscht. Aber eine allgemeine Ratlosigkeit macht sich breit. Die Ketten, mit denen die Bewegungsfreiheit der Menschen eingeschränkt wird, sind schon sehr kurz. Man kann kaum noch mehr Druck ausüben. Private Treffen sind etwa nur noch mit einer Person eines anderen Haushalts möglich. Aber was kommt, wenn das auch nicht wirkt? Dann werden jegliche privaten Treffen verboten?

    Die Rat- und Hilflosigkeit der Politik ist sogar in Teilen nachvollziehbar. Obwohl nach gut einem Jahr Pandemie mehr Daten für Vorausberechnungen verfügbar sein müssten, schlägt das Virus Volten, die wohl keiner vorhersagen konnte. Völlig unberechenbar ist dazu der Faktor Mensch. Was hingegen deutlich besser sein müsste ist die Kommunikation dessen, was da in den Regierungen von Bund und Ländern beraten und beschlossen wird.

    Lockdown in Deutschland: Wenn das Virus sich schlapp lacht

    Es sind zum einen die kleinen Dinge,  bei denen es in der Vermittlung hakt. In Berlin etwa ist vielen Bürgerinnen und Bürgern nicht bekannt, dass sie am späten Abend Ausgangsbeschränkungen unterliegen. In der Hauptstadt und vielen anderen Metropolen drängeln sich die Menschen in den Geschäften, die noch öffnen dürfen. Von einem Lockdown ist da nichts zu spüren. Das Virus lacht sich schlapp und viele fragen sich, was das für einen Sinn macht.

    Ein großes Fragezeichen hat in der Regierungskoalition das Verhalten der SPD aufgeworfen. Wenn es tatsächlich Schwierigkeiten bei der Impfstoff-Lieferung gibt, dann hat sie die selbst mit zu verantworten. Die Sozialdemokraten sind Teil der Bundesregierung und sie sind in der EU vertreten, haben also alle Möglichkeiten, sich zu informieren und Einfluss zu nehmen. Der vom Willy-Brandt-Haus vorgelegte Impfstoff-Fragenkatalog ist schlechter Stil und verschärft völlig unnötig den Ton in einer ohnehin angespannten Lage.

    Bodo Ramelow gestand ein, Corona-Lage falsch eingeschätzt zu haben

    Apropos Ton: Zum Umgang mit der Pandemie und zur Akzeptanzsteigerung in der Bevölkerung gehört auch, dass Politik sich ehrlich macht. Wer nach der Runde im Kanzleramt beispielsweise Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller zuhörte, wähnte sich in einem anderen Film. Man habe in der Vergangenheit stets lageangepasst gehandelt und sei damit gut gefahren, erklärte der SPD-Politiker, als ob es die vielen Infizierten, Toten und überlasteten Helferinnen und Helfer nicht geben würde. Kanzlerin Merkel hatte vor Wochen schon gewarnt, dass die beschlossenen Corona-Regeln nicht ausreichen. Man musste ihr nicht folgen. Man könnte heute aber eingestehen, dass es besser gewesen wäre, wenn man ihr damals schon gefolgt wäre.

    Einen starken Auftritt in dieser Hinsicht hatte vor dem Treffen im Kanzleramt Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow. Der Linken-Politiker gestand ein, die Lage falsch eingeschätzt zu haben. Solche Eingeständnisse zeugen von einer gewissen Größe und können die Gräben überbrücken, die zwischen Politik und Volk in der Pandemie unzweifelhaft aufgerissen wurden. Es wäre schön, würde es mehr solcher Momente geben.

    Lesen Sie dazu auch: Lockdown verschärft: Diese neuen Corona-Regeln gelten

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