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Handwerk: Müssen Fliesenleger bald wieder den Meisterbrief vorweisen?

Handwerk

Müssen Fliesenleger bald wieder den Meisterbrief vorweisen?

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    Seit 2004 müssen Fliesenleger keine Meisterqualifikation mehr nachweisen. Die Koalition will das nun ändern.
    Seit 2004 müssen Fliesenleger keine Meisterqualifikation mehr nachweisen. Die Koalition will das nun ändern. Foto: toh, dpa (Symbolbild)

    Das Handwerk kämpft seit beinahe 15 Jahren darum, nun gerät auch die Politik in Bewegung: Die Koalition prüft eine Wiedereinführung der Meisterpflicht für bestimmte Berufe. „Die Abschaffung der Meisterpflicht war ein Fehler“, sagt Carsten Linnemann (CDU). Und erklärt auch gleich warum: „Die Qualität der Arbeit hat sich in diesen Gewerken teilweise deutlich verschlechtert, außerdem wird weniger Nachwuchs ausgebildet.“ Es sei staatliches Interesse, Bildung, Qualität und Verbraucherschutz sicherzustellen.

    Damit ist die Rechnung, die der damalige Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) im Zuge der Hartz-Reformen aufmachte, offenbar nicht aufgegangen. 2004 war die Zahl der Berufe mit Meisterpflicht von 94 auf 41 reduziert worden. Zulassungsfrei sind unter anderem Fliesenleger und Gebäudereiniger.

    Abschaffung des Meisterbriefs beflügelt Unternehmensgründungen

    Die Liberalisierung des Handwerksmarktes sollte die Beschäftigungszahlen antreiben. Tatsächlich ist die Zahl der Unternehmensgründungen stark angestiegen – doch anders als gewollt.

    Till Proeger vom Volkswirtschaftlichen Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen sagt: „Es gibt nach der Deregulierung sehr viele neue Unternehmen. Diese sind allerdings im Durchschnitt deutlich kleiner als die vorherigen Unternehmen und haben auch deutlich höhere Insolvenzraten.“ Besonders Zuwanderer aus Osteuropa mischten den Markt in Deutschland mit Ein-Mann-Betrieben kräftig auf.

    Zurückhaltende Reaktion seitens des Wirtschaftsministerium

    Deshalb rückt nun sogar die SPD von ihrem eigenen Projekt ab. „Die Kunden müssen die Sicherheit haben, dass der bestellte Handwerker auch wirklich eine gut ausgebildete Fachkraft ist“, sagt SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. Er erwarte von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) einen „konkreten Vorschlag, wie man die Handwerksordnung ändern kann, ohne vor dem Bundesverfassungsgericht und bei der Europäischen Kommission zu scheitern“.

    Diplomatischer äußert sich Linnemann: „Herr Altmaier hat sich mir gegenüber offen gezeigt.“ Er schränkt zugleich ein: Es soll keineswegs für alle 53 Berufe eine Rückkehr zur Meisterpflicht geben, sondern nur für „einige wenige, die aber Gewicht haben“. Die Baubranche etwa stehe im Fokus.

    Im Wirtschaftsministerium gibt man sich auf Nachfrage noch zurückhaltend. Man komme derzeit dem Prüfauftrag des Koalitionsvertrages nach, erklärt eine Sprecherin – und macht zugleich auf die engen verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Rahmenbedingungen aufmerksam. Tatsächlich arbeitet die EU derzeit eher an einer weiteren Liberalisierung des Marktes.

    Handwerkskammer befürwortet den Vorstoß der Koalition

    Widerspruch gibt es deshalb auch aus der FDP. „Die GroKo weckt mit der Wiedereinführung der Meisterpflicht bei Teilen des Handwerks trügerische Hoffnungen“, sagt Michael Theurer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP, unserer Redaktion. „Schlimmer noch: Sie riskiert, dass der Meisterbrief in allen Gewerken von der EU abgeschafft wird.“ Ein Eingriff in die Berufsfreiheit müsse gut begründet sein. „Man darf gespannt sein, wie die Groko nachweist, dass etwa die heutigen Fließenlegerbetriebe schlechte Qualität abliefern.“

    In der Region hofft man dennoch, dass der Vorstoß Erfolg hat. „Wir brauchen die Meisterqualifikation“, sagt Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Schwaben. „Der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands hat wesentlich mit qualifizierter Arbeit zu tun.“ Der Wegfall der Meisterpflicht habe zu Lohndumping und Qualitätseinbußen geführt.

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