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Kommentar: Neubau im Regierungsviertel: Es geht auch kleiner

Kommentar

Neubau im Regierungsviertel: Es geht auch kleiner

Stefan Lange
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    Das Kanzleramt in Berlin ist nur eines von vielen Regierungsgebäuden, die erweitert werden.
    Das Kanzleramt in Berlin ist nur eines von vielen Regierungsgebäuden, die erweitert werden. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Die meisten Regierungssitze auf der Welt sind protzig. Selbst arme Länder investieren viel Geld in ihre Parlamentsbauten. Und wer den Palast des saudischen Königs und Premierministers in Riad betritt, wähnt sich tatsächlich in einem orientalischen Märchen. Deutschland ist von solchem Prunk weit entfernt, mag es in seinem Berliner Regierungsviertel aber gerne pompös.

    Die Bundesregierung sollte es nicht übertreiben

    Das Kanzleramt ist ein gutes Beispiel. Es gibt im Innern viel umbaute freie Fläche mit gigantischen Treppen und Foyers. Hätten die Architekten damals besser und vor allem weniger monströs geplant, bräuchte es heute wohl keinen teuren Erweiterungsbau, der hunderte Millionen Euro Steuergeld verschlingt. Natürlich soll sich die Regierung angemessen präsentieren. Es ist auch kein Wunder, dass der Erweiterungsbau der „Waschmaschine“ zu einer Zeit kommt, in der Deutschlands Rolle in der Welt wächst. Die jeweiligen Bundesregierungen sollten es aber bei beiden Aufritten – dem in der Welt und dem architektonischen – nicht übertreiben. Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte ist Bescheidenheit gefragt.

    Ein Modell des Erweiterungsbaus des Bundeskanzleramts.
    Ein Modell des Erweiterungsbaus des Bundeskanzleramts. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Dass der Erweiterungsbau pro Quadratmeter nach Angaben des Rechnungshofes derzeit fast 19.000 Euro kostet, ist jedoch mindestens unbescheiden. Ebenso wie die Pläne für eine zweite Spreebrücke und einen Kindergarten, obwohl die Bundestags-Kita nur ein paar Meter entfernt ist.

    Auch beim Bundestag fehlt die Verhältnismäßigkeit

    Es werden auch ständig neue Abgeordnetenbüros gebaut. Ja, die Parlamentarier sollen gut arbeiten können, keine Frage. Aber auch hier fehlt die Verhältnismäßigkeit. Ihre Gebäude sind sehr üppig geplant, es gibt etwa im Jakob-Kaiser-Haus ein Foyer, das jedem mittleren Dom zur Ehre gereichen würde. Allerorten stehen Besprechungsräume leer, weil sie nur selten oder gar nicht genutzt werden. Wenn der Bundestag da mit einem erhöhten Platzbedarf argumentiert, fehlt jedes Verständnis. Das Problem könnte außerdem billiger gelöst werden. Würde sich das Parlament endlich zu einer echten Wahlrechtsreform durchringen, gäbe es weniger Abgeordnete, weniger Mitarbeiter - und damit weniger Platzbedarf.

    Lesen Sie dazu auch den Hintergrund: Groß, größer, Bundestag: Warum braucht die Politik immer mehr Platz?

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