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Orbán entschuldigt sich

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Orbán entschuldigt sich

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    Weber (links) mit Orbán.
    Weber (links) mit Orbán.

    Manfred Weber sagt erst mal wenig. Er weiß ja aus leidvoller Erfahrung, dass man sich bei Viktor Orbán nie so ganz sicher sein kann. Aber immerhin: Der ungarische Premier scheint erkannt zu haben, dass er diesmal zu weit gegangen ist und hat „ein erstes Signal“ gesetzt, wie Weber es knapp formuliert. Anfang der Woche hatte der Bayer den unberechenbaren Partner in Budapest besucht. Offiziell kam er als Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europa-Parlament. Aber er kam auch in eigener Sache.

    Weber will EU-Kommissionschef werden – und dafür muss die EVP nach der Europawahl wieder die stärkste Fraktion stellen. Noch gehört auch Orbáns Regierungspartei Fidesz dazu. Doch die Parteifreunde in 13 EU-Ländern haben genug von den Provokationen des Ungarn und wollen ihn hinauswerfen. Das bringt Weber in Schwierigkeiten. Denn erstens hat seine CSU lange treu an der Seite des streitlustigen Ungarn gestanden. Und zweitens gerät sein persönliches Karriereziel in Gefahr, wenn die Fidesz sich einer anderen Fraktion anschließen sollte.

    Offiziell ist vom Gespräch zwischen Weber und Orbán kaum etwas nach außen gedrungen. Doch es dürfte kein Zufall sein, dass der ungarische Premier sich nur zwei Tage später hochoffiziell für eine Verbal-attacke gegen EVP-Kollegen entschuldigt, die er als „nützliche Idioten“ bezeichnet hatte, die das Geschäft der Linken und Liberalen betreiben würden. Nun also der rhetorische Rückzug. „Hiermit möchte ich meine Entschuldigung ausdrücken, falls Sie sich durch mein Zitat persönlich angegriffen fühlten“, teilt Orbán mit. Zumindest in der CSU scheint man erleichtert. CSU-Chef Markus Söder sagte: „Sich für Formulierungen zu entschuldigen, ist ein wichtiges Signal.“ Aber die EVP sei eine Wertefamilie. Orbán müsse langfristig entscheiden, wohin ihn sein Weg führe. „Es macht keinen Sinn, dass wir jede Woche neue Debatten darüber führen.“ Ob Orbáns Schachzug auch reicht, um die genervten Partner davon abzuhalten, am 20. März für den Rausschmiss der Fidesz aus der EVP-Familie zu stimmen? Sicher ist das nicht. Doch Orbán scheint bereit zu sein, ein weiteres Streitthema abzuräumen: Zumindest ein Teil der Plakate, auf denen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und der US-Milliardär ungarischer Herkunft George Soros in Misskredit gebracht werden, ist verschwunden.

    Für Weber ist das halbherzige Sorry trotzdem wichtig. Denn im Kampf um den Platz der stärksten Fraktion im künftigen EU-Parlament droht ihm weiteres Ungemach: Sollte Großbritannien über die Europawahl hinaus EU-Mitglied bleiben, würde das Königreich logischerweise auch wieder Abgeordnete nach Brüssel schicken. Das droht Webers Rechnung zu durchkreuzen. Denn: Viele britische Parlamentarier dürften auch künftig Labour-Politiker sein. Sie würden der sozialdemokratischen Fraktion angehören, die damit Webers EVP überflügeln könnte. Klar ist: Die größte Fraktion wird den Anspruch erheben, den neuen EU-Kommissionspräsidenten zu stellen. Spitzenkandidat der Sozialdemokraten ist übrigens der Niederländer Frans Timmermans.

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