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Rassismus: Pariser Polizei prügelt Musikproduzenten nieder

Rassismus

Pariser Polizei prügelt Musikproduzenten nieder

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    Die Ereignisse um den Musikproduzenten Michael Zecler in Paris wühlen Frankreich auf.
    Die Ereignisse um den Musikproduzenten Michael Zecler in Paris wühlen Frankreich auf. Foto: Thibault Camus, dpa

    „Ruft die Polizei!“ Der Mann am Eingang des Pariser Musikstudios fleht um Hilfe. Er weiß nicht, wie ihm geschieht, als drei Männer ihn ins Innere verfolgen und eine Viertelstunde lang brutal mit Fäusten, Füßen und Schlagstöcken auf ihn einprügeln. Doch die Polizei ist schon da: Es sind Beamte, die ihn misshandeln und als „dreckigen Neger“ beschimpfen. Er habe an falsche Polizisten geglaubt, so unfassbar erschien ihm, was ihm passierte, wird Michel Zecler später aussagen. Fotos zeigen sein blutüberströmtes Gesicht, die aufgeplatzten Lippen, den verletzten Schädel.

    Polizei prügelt auf Musiker ein: Es ging um eine nicht angelegte Corona-Maske

    Veröffentlicht hat sie ein französisches Online-Magazin, ebenso wie die Erzählung des Musikproduzenten und die Aufnahmen der Kamera, die in dem Musikstudio installiert war – was die Polizisten nicht wussten. Sie gaben an, Zecler habe sie angegriffen und versucht, ihre Waffen zu entwenden. Nichts in den Aufnahmen deutet darauf hin.

    Zecler selbst sagt, er sei draußen auf die Polizisten gestoßen und da er den in Paris obligatorischen Mund- und Nasenschutz nicht trug und der Geldbuße von 135 Euro entgehen wollte, lief er rasch ins Haus. Die Beamten verfolgten ihn bis in sein Studio, wo etliche Künstler Zeugen der Gewaltszene wurden. Schließlich kamen von den Polizisten herbeigerufene Kollegen zur Verstärkung, die eine Tränengasgranate warfen und mit Waffen auf den Eingang zielten, von wo aus Zecler, der erneut Schläge erhielt, und die Künstler abgeführt wurden.

    Fußballer Kylian Mbappé twittert: "Stoppt den Rassismus"

    Die Vorfälle schockieren die französische Öffentlichkeit. Selbst Fußballspieler wie Kylian Mbappé reagierten. Er beklagte auf Twitter die „unerträgliche Gewalt“ und forderte: „Stoppt den Rassismus!“. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein. Angesichts des wachsenden Drucks sagte Innenminister Gérald Darmanin, der als Hardliner gilt, im Fernsehen, die Polizeibeamten würden sanktioniert, sie hätten „die Uniform der Republik beschmutzt“. Dass es sich offenkundig um ein Problem im System handelte, wollte er nicht eingestehen, obwohl es regelmäßig den Vorwurf von Rassismus und unverhältnismäßiger Gewalt in den Reihen der Polizei gibt.

    Auf dem Platz der Republik stellten Aktivisten Zelte auf, um auf die prekäre Lage von Flüchtlingen aufmerksam zu machen.
    Auf dem Platz der Republik stellten Aktivisten Zelte auf, um auf die prekäre Lage von Flüchtlingen aufmerksam zu machen. Foto: Martin Bureau, AFP, dpa

    Bekannt wurden die Ereignisse kurz nach der gewaltsamen Räumung des Platzes der Republik, wo Aktivisten hunderte Zelte für Flüchtlinge aufgestellt hatten. Sie wollten auf deren prekäre Lage hinweisen, nachdem zuvor ein Lager am Rande von Paris aufgelöst worden war. Die Einsatzkräfte schüttelten die Menschen aus den Zelten, als wären sie Müll, gingen brutal auf Journalisten und Aktivisten los.

    All das passiert vor dem Hintergrund eines umstrittenen neuen Sicherheitsgesetzes, mit dem die Regierung Journalisten, aber auch Zivilpersonen das Filmen von Polizisten im Einsatz und die Verbreitung der Videos verbieten will. Am Dienstag wurde es in der Nationalversammlung verabschiedet. Alle großen Medienhäuser haben Protest eingelegt, weil sie darin einen Angriff auf die Pressefreiheit sehen. Bereits am Wochenende gab es trotz der Corona-Ausgangsbeschränkungen Demonstrationen. Und mit ihnen wird es nach den jüngsten Ereignissen nicht zu Ende sein.

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