Einst trug Erwin Müller den Beinamen der „Rebell von Ulm“. Denn der gelernte Friseur wollte sich nicht an eine Regel der Friseurinnung halten: Er öffnete seinen Salon auch montags, dem Ruhetag der Friseure.
Das gab einen Eklat, der unter dem Titel „Ulmer Figaro-Streit“ in die Geschichte der Stadt einging, Müller zum Rebellen machte und schließlich dazu führte, dass der damals 36-Jährige aus der Innung ausgeschlossen wurde. 1968 war das. Seitdem ist Müller zum Drogerie-König aufgestiegen, der Figaro-Streit hat ihm dabei geholfen.
Erwin Müller: Karriere des Patriarchen
Müllers Unternehmerkarriere beginnt 1953. Er eröffnet einen Friseursalon in Ulm. Seinen Gewinn investiert er in die Beteiligung an weiteren Filialen. Durch den Figaro-Streit wird Hugo Mann auf ihn aufmerksam. Mann baut damals gerade seine Verbrauchermarkt-Kette Wertkauf auf und bot Müller an, in den Filialen Friseursalons zu betreiben und Drogerie-Artikel zu verkaufen. In den 70ern eröffnete Müller dann seine erste eigene Drogerie.
Heute, mit 84 Jahren, ist Müller Herrscher über ein Drogerie-Imperium. Immer noch leitet er die Drogeriekette Müller, die mit knapp 760 Geschäften in sieben europäischen Ländern vertreten ist. In diesem Jahr will sie einen Umsatz von 4,35 Milliarden Euro machen. Was ist das Geheimnis hinter diesem Erfolg?
Müllers Antwort lautet: „Arbeiten, arbeiten, arbeiten“, betont der öffentlichkeitsscheue Milliardär. Er gilt als Workaholic, der alles selber machen möchte. Der 84-Jährige kennt jede seiner Filialen zumindest aus der Bauphase, erzählte er in einem Interview.
Ist er unterwegs, guckt er schon mal vorbei und sagt: „Ich bin der Herr Müller, ich möchte die Filialleitung sprechen.“ Ist alles in Ordnung, gibt es Kaffee und Kuchen. Stimmt etwas nicht, bleibt das Gebäck aus. In jeder Abteilung lägen Umschläge, mit denen Mitarbeiter Beschwerden direkt an ihn schicken können. Er lese alle und antworte innerhalb weniger Tage.
Führungsstil von Erwin Müller sorgt immer wieder für Probleme
Auch sein patriarchalischer Führungsstil verursacht immer wieder Probleme. Er zieht vieles an sich. Seine Nachfolge ist noch nicht geregelt – sein einziger Sohn Reinhard spielt laut Handelsblatt im Unternehmen eine untergeordnete Rolle.
Betriebsräte sieht Müller nicht gern. 2009 zeigte die Gewerkschaft Verdi ihn an, weil er Betriebsratswahlen in einem Lager bei Neu-Ulm verbieten wollte. Die Mitarbeiter gewannen den Prozess, gründeten einen Betriebsrat und einen Tag später verkaufte Müller das Lager an eine Spedition.
Der Drogerieunternehmer geriet auch in die Schlagzeilen, weil er die Schweizer Bank J. Safra Sarasin in Ulm auf Schadenersatz in Millionenhöhe verklagt. Allerdings zeigte er sich auch selbst an, weil er bei eben dieser Bank ein Konto mit Geldern hatte, die er nicht versteuerte. Er zahlte die Beträge aber nach.
Der Einzigen, der er zu vertrauen scheint, ist seine zweite Ehefrau Anita. Er heiratete seine ehemalige Sekretärin vor zehn Jahren.