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Europäische Union: So lähmt sich die EU jetzt selbst

Europäische Union

So lähmt sich die EU jetzt selbst

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    EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) muss nachsitzen, weil die EU-Institutionen über das Geld streiten.
    EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) muss nachsitzen, weil die EU-Institutionen über das Geld streiten. Foto: Sven Hoppe, dpa (Archiv)

    Montag kurz vor Mitternacht, wenige Minuten vor Ablauf der Frist, war der Eklat da: Die Vertreter des Europäischen Parlamentes verließen die Beratungen über den Haushalt 2019 ohne Einigung. Damit ist der Versuch vorläufig gescheitert, pünktlich zu Jahresanfang über einen ordentlichen Etat verfügen zu können.

    „Obwohl eine Mehrheit im Rat der Mitgliedstaaten bereit war, dem Europäischen Parlament noch einmal sehr weit entgegenzukommen“, hätten die Abgeordneten des Haushaltsauschusses die Verhandlungen abgebrochen, beklagten EU-Diplomaten. Dabei ging es nur noch um die Frage, ob die Gemeinschaft nicht genutzte Forschungsmittel anderweitig ausgeben darf. Klingt wie eine Kleinigkeit, berührt aber einen lange schwelenden Konflikt zwischen den Institutionen.

    149,3 Milliarden Euro für Auszahlungen hatten die Volksvertreter gefordert, die Mitgliedstaaten boten 148,2 Milliarden Euro an. Der deutsche EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger lag mit seinem Vorschlag von 149 Milliarden in der Mitte – ein für beide Seiten erträglicher Kompromiss. Zumal damit die für Projekte zur Verfügung stehende Summe (95 Prozent des Jahresetats der EU fließen zurück in die Mitgliedstaaten) um drei Prozent erhöht worden wäre.

    EU-Haushalt: Kein Extra-Geld für Flüchtlings-Deal mit der Türkei

    Doch das Parlament wehrt sich seit vielen Jahren dagegen, dass die Staats- und Regierungschefs immer neue Aufgaben festschreiben, deren Finanzierung aber Parlament und Kommission überlassen, ohne zusätzliche Mittel beizusteuern. So hatte es im Vorfeld der Sitzung Auseinandersetzungen um die Frage gegeben, wer die Hauptlast an der zweiten Tranche über drei Milliarden Euro (insgesamt sechs Milliarden Euro) tragen solle, die die Staatenlenker der Türkei als Gegenleistung für den Flüchtlings-Deal zugesagt hatten. Die Regierungen weigerten sich hartnäckig, dafür mehr Geld nach Brüssel zu überweisen.

    Das Parlament akzeptierte das schließlich und kratzte die nötigen Finanzen an anderer Stelle zusammen. Auf der Suche nach weiteren Geldquellen wollten die Abgeordneten aber nun ungenutzte Mittel aus dem Forschungsetat zweckentfremden. Für die Mitgliedstaaten ein einmaliger Vorgang, den sie strikt ablehnten, weil sie fürchten, das Beispiel könne Schule machen.

    270 Milliarden Euro wurden nicht abgerufen

    Immer wieder haben die Haushälter des Parlaments gefordert, nicht abgerufene Subventionen für andere Aufgaben nutzen zu dürfen – ein Schritt, mit dem viele Ausgabenprobleme beseitigt werden könnten. Immerhin bezifferte der Präsident des Europäischen Rechnungshofes, Klaus Heiner Lehne, vor einigen Wochen die Summe nicht in Anspruch genommener Fördergelder auf 270 Milliarden Euro – doppelt so viel wie ein Jahreshaushalt der Union. Aber die Regierungen verweigern Brüssel, was bei vielen Zuhause längst gang und gäbe ist: die Umwidmung von Haushaltsmitteln.

    Die EU steht nun unter Druck. Haushälter Oettinger will bis Anfang Dezember einen neuen Vorschlag präsentieren. Sollte der wieder scheitern und die Union ohne ordentlichen Etat ins Jahr 2019 starten, könnte sie nur von Monat zu Monat planen. Für viele langfristige Projekte würde es nur noch befristete Förderzusagen geben.

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